 Drama
Bodyguard - Das Musical How Will I Know
© Hans Jörg Haas
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Abgespeckte Effekte und hölzerne Dialoge: Die neue Tournee-Version von "Bodyguard" reduziert die opulente und eigentlich sehenswerte Whitney Houston Tribute Show zu einer Art Hülle ihrer selbst.
(Text: Jens Alsbach) Premiere: | | 24.10.2019 | Rezensierte Vorstellung: | | 19.12.2019 | Letzte bekannte Aufführung: | | 14.07.2021 | Showlänge: | | 150 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Die Musical-Version von "Bodyguard" ist aufgrund der langatmigen Handlung und der oft haarsträubenden Dialoge ohnehin schwer als "Story" zu fassen, kann aber durch eine starke Bühnenshow rund um die Auftritte von Rachel Marron und mithilfe eines guten Casts durchaus als eine Art 'Tribute Show' funktionieren und begeistern. Wenn das Stück jedoch auch dieser - für diese Show so enorm wichtigen - Kriterien beraubt wird, bleibt wenig übrig, wie die kürzlich gestartete "Bodyguard"-Tour zeigt.
© Jan Potente
© Jan Potente
Auf der Haben-Seite stehen die gesanglichen Leistungen der beiden Leading Ladies. Aisata Blackman als Rachel Marron und Andrea del Solar als Rachels Schwester Nicki gefallen in ihren Solos und brillieren in den beiden gemeinsamen Duetten. Sich die Houston-Songs so in Erinnerung zu rufen macht Spaß und vermittelt einen nostalgischen Eindruck. Die Schauspielszenen gelingen beiden weniger eindringlich. Besonders Aisata Blackman hat Schwierigkeiten, ihrer Rolle Tiefe zu verleihen. Sei es der starke Akzent oder die Tendenz zum Overacting - es wirkt alles ein wenig hölzern.
Leider gilt dies auch für den Namensgeber der Show, den Bodyguard, gespielt von Jo Weil. Obwohl er aus dem Schauspielfach kommt, klingen seine Szenen durch die Bank mechanisch und emotionslos abgespult und nicht überzeugend. So geraten gefühlsbetonte Dialoge, in denen Frank und Rachel eigentlich ihre Zuneigung entwickeln sollten, oft zu unfreiwillig komischen Geduldsproben für den Zuschauer. Gerade bei einer Show wie "Bodyguard", die sehr viele und lange Sprechszenen hat, ist ein starkes Schauspiel und Zusammenspiel der Akteure essentiell.
© Hans Jörg Haas
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Der Rest des Ensembles ist der deutschen Sprache nur bedingt mächtig, so dass die Szenen rund um Marrons Stab von Mitarbeitern oft zu einem Dialogwirrwarr werden. Einzig Christopher Neris als Stalker macht seine Sache sehr gut und überzeugt mit guter Bühnenpräsenz und eindrucksvoller schauspielerischer Leistung.
Das Grundgerüst des Bühnenbaus, nämlich die zur Seite und nach oben verschiebbaren Wände, ist auf der Tour gleich geblieben. Allerdings wurde die Show vieler Effekte beraubt, die besonders Marrons Auftritte so einzigartig machten. Sei es das Hereinfahren aus dem Schnürboden, das Herausspringen der Tänzer aus dem Boden, das drehbare Blockhaus im Wald oder das finale Hinauffahren der Sängerin bei "I Will Always Love You" - all dies musste der Tour-Tauglichkeit entweder ganz oder in Teilen zum Opfer fallen, so dass die Show zwar noch erkennbar ist, aber deutlich an Tiefe und Opulenz verloren hat.
Positiv sei die 8-köpfige Band erwähnt, deren Sound gut abgemischt und ordentlich laut in den Zuschauerraum getragen wird. So werden die unsterblichen Whitney Houston-Lieder zumindest zu einem Hörgenuss.
© Hans Jörg Haas
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Ob das allein letztendlich reicht, hängt von den Erwartungen der Zuschauer ab. Wer "Bodyguard" auf der Bühne noch nicht gesehen hat und in Houston-Nostalgie schwelgen möchte, könnte - mit Abstrichen - Gefallen an der Inszenierung finden, denn gerade gesanglich wird doch Einiges geboten. Wer die Show schon kennt, wird nach dem Besuch der Tour-Produktion das Theater eher mit Enttäuschung verlassen.
(Text: Jens Alsbach)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    32142 lange nicht mehr so gut wie in Köln
28.12.2019 - Danke an Jens Alsbach, ich dachte ich wäre alleine mit meiner Meinung. Finde die Kritik passend formuliert

Wicked-Freak (30 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne) 
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