 Drama
Funny Girl Hey, Mr. Ziegfeld, here I am!
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
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Stefan Hubers Inszenierung hat schon eine längere Reise hinter sich. Sie war als Co-Produktion der Theater Dortmund, Nürnberg und Chemnitz nacheinander auf den drei Bühnen zu sehen und wurde dann von Graz übernommen. Nun ist Hubers "Funny Girl" in der Bad Hersfelder Stiftsruine angekommen. Da wäre bestimmt Gelegenheit gewesen, doch einmal beherzt zum Rotstift zu greifen. In den etwas mehr als drei Stunden Spielzeit herrscht viel Leerlauf.
(Text: ig) Premiere: | | 12.07.2019 | Rezensierte Vorstellung: | | 27.07.2019 | Letzte bekannte Aufführung: | | 19.08.2019 | Showlänge: | | 190 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Katharine Mehrling ist auch in Bad Hersfeld eine sehr präsente Fanny Brice. Sie spielt sie anfangs als freches, gewitztes Showgirl, um dann als Broadway-Star sehr kontrolliert zu agieren. Das nimmt ihr etwas Lebendigkeit in dem dramatischen, eher schleppenden Teil des Stücks. Ihre Stimme trägt die mittlere und tiefe Lage sehr kraftvoll. Muss sie weiter nach oben, klingt sie etwas angestrengt.
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
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Fannys Ehe mit dem Spieler Nick Arnstein steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Allerdings bleibt in Alen Hodzovics steifer und trockener Darstellung der Charme des Verführers auf der Strecke. Zwischen Mehrling und Hodzovic entsteht keine Harmonie – so bleibt dem Zuschauer ihre Beziehung weitgehend egal.
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
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Das Buch stellt Fanny sehr in den Mittelpunkt und drapiert dünne Nebenrollen um sie herum. Marianne Larsen und Marc Seitz – wie Mehrling ebenfalls Veteranen in dieser Inszenierung – können als Fannys Mutter und ihr Jugendfreund und Choreograph Eddie Ryan durch Gesang, Komik und Tanz Akzente setzen. Die funktionalen kleinen und Kleinst-Rollen werden durch Hubers gute Personenführung aufgewertet – eine Stärke seiner Inszenierung. Auch Danny Costellos klassische Vaudeville-Choreographien sind sehr gelungen.
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
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Der Umzug in die große Stiftsruine hat dem Bühnenbild von Harald B. Thor nicht gut getan. In der besuchten Nachmittagsvorstellung steht die variable Showtreppe im Tageslicht etwas verloren im großen Raum. Susanne Hubrichs üppige Kostüme sind da bunte Pluspunkte auf der Ausstattungsseite.
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
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Ein Pluspunkt ist auch das Orchester. Dirigent Christoph Wohlleben trifft mit Elan die Revuetheater-Stimmung des frühen 20. Jahrhunderts. Doch auch der Schwung aus dem Orchestergraben kann den Staub, der sich in den letzten 55 Jahren auf Jule Stynes Partitur und Isobel Lennarts Buch angesammelt hat, nicht wegpusten. Am besten haben sich noch Bob Merrills oft sehr witzige Songtexte gehalten. Warum sie mal im englischen Original und mal in deutscher Übersetzung gesungen werden, ist nicht nachvollziehbar.
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
© Steffen Sennewald/Bad Hersfelder Festspiele
"Funny Girl" war schon bei seiner Uraufführung bodenständige Unterhaltung, die keine neuen Wege einschlug. Heute ist es ein Stück aus dem Musical-Museum, das man besucht, um es mal gesehen zu haben, und es dann wieder in seine Vitrine zurückzustellen.
(Text: Ingo Göllner)

Kreativteam
Besetzung
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Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    32067 Immer noch sehens- und empfehlenswert
30.07.2019 - Da jetzt schon zum 2. Mal die Frage aufkommt, warum teilweise in deutsch und teilweise in englisch gesungen wird: Das Konzept der Inszenierung ist, dass die Shownummern der Fanny Brice in englisch und die Lieder im Leben der Fanny Brice in deutsch gesungen werden. Ich finde die Inszenierung immer noch großartig, nicht zu lang oder altbacken.
Anmerkung der Redaktion:
Unser Rezensent schließt sich dieser Erklärung des Konzepts nicht an. Beispielsweise werden "Don't Rain on My Parade" zweisprachig und "People" in Englisch gesungen, beides Songs in der "Realität", nicht auf der Bühne. Wenn Du Dich noch mal dazu austauschen möchtest, sende uns gerne noch mal eine Mail an redaktion@musicalzentrale.de :-)

jacobina (2 Bewertungen, ∅ 4.5 Sterne)
    32066 Naja ...
29.07.2019 - Ich hab’s in einer Abendvorstellung gesehen. Als es noch hell war, dachte ich auch, dass die Treppe da ganz schön verloren steht, aber je dunkler es wurde und das Bühnenlicht zum Einsatz kam, umso weniger hat es mich gestört. Aber man sollte halt darauf achten, dass das Bühnenbild auch im Hellen funktioniert, wenn man Nachmittagsvorstellungen anbietet.
Mehr hat mich gestört, dass sich die Vorstellung anfühlte, als würde nur routiniert runter gespielt.
Womöglich ist das der Tatsache geschuldet, dass diese Inszenierung mit teilweise gleichem Ensemble durch die Theater tingelt.
Ich hatte nur Gutes über Aufführungen in Dortmund und Nürnberg gehört und natürlich hat die regionale Presse die Hersfelder Aufführung bejubelt, aber ich fand es eine teilweise sehr zähe und viel zu lange Angelegenheit.
Richtig seltsam und völlig überflüssig fand ich die nicht enden wollende kriegsverherrlichende Nummer „Rat tat tat tat“ – sicherheitshalber auf Englisch gesungen, damit’s kaum einer so wirklich versteht. Jaaaa, ich weiß, „zeitlicher Kontext Erster Weltkrieg, Mobilmachung der eigenen Leute gab’s in jedem Land“ etc, aber das hat die Handlung, die nach der Pause nun eh nicht mehr die temporeichste ist, nochmal zusätzlich ausgebremst.
Aber bitte, liebe Leute von der Festspiel-Leitung, setzt trotzdem weiterhin selten gespielte, nicht so abgenudelte Stücke auf den Spielplan!

chmue (4 Bewertungen, ∅ 1.8 Sterne) 
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