 |
 Uraufführung
The Silent Ein Abend mit Songs von Leonard Cohen
© Nasser Hashemi
© Nasser Hashemi
Durchzogen mit Zitaten, Gedicht-Versen und Anekdoten führt "The Silent" durch das Leben und Werk Leonard Cohens. 10 Musiker und Sänger interpretieren Songs des Ausnahmekünstlers sowie ihm nahestehender Interpreten und geben dem Publikum das Gefühl, eine kleinen Blick hinter die Kulissen seiner oft melancholischen, bedeutungsschweren Texte erhaschen zu dürfen.
(Text: Claudia Leonhardt) Premiere: | | 16.11.2018 | Rezensierte Vorstellung: | | 06.05.2019 | Letzte bekannte Aufführung: | | 15.01.2023 | Showlänge: | | 155 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Wenn Dirk Glodde in Anzug und Hut, in der typischen, leicht gebeugten Haltung des alternden Leonard Cohen auf die Bühne tritt, ein dünnes Lächeln auf den Lippen – so, als hätte er die Rätsel des Universums entschlüsselt, würde aber die Antwort für sich behalten – dann hat das fast schon etwas Gespenstisches. Glodde ist optisch kein perfekter Cohen-Doppelgänger, trifft aber genial die Mimik und Gestik des 2016 verstorbenen Songpoeten. Auch stimmlich kommt seine warme, sonore Stimme nah an das Original heran und hat genau dasselbe angenehm kehlige Kratzen, das Cohens Gesang so charakteristisch machte. Vom Auftakt mit "Dance Me to the End of Love" an zieht Glodde das Publikum in seinen Bann. Wenn seine Kollegen und Kolleginnen das Mikrofon übernehmen, nimmt er Platz an der Bar, zündet Kerzen an und lauscht ihren Darbietungen ohne jemals aus der Rolle zu fallen.
© Nasser Hashemi
© Nasser Hashemi
Bei soviel Charisma und Nähe zum Original haben es die anderen männlichen Vokalisten schwer mitzuhalten. Dazu hat Glodde die Messlatte einfach zu hoch gehängt. "Sisters of Mercy" von Keyboarder Steffan Claußner sowie Philipp von Schön-Angerers "Hallelujah" überzeugen, versuchen aber gar nicht erst, die Originale zu kopieren. Die Background – Verzeihung, "Vordergrund-Sängerinnen" Magda Decker und Lauretta van de Merwe bilden einen klangvollen Kontrast zur Herren-Riege – sei es beim anzüglichen, von Decker grandios interpretierten "Chelsea Hotel No.2" oder dem Jennifer-Warnes-Titel "Song of Bernadette", den Cohens Weggefährtin gemeinsam mit ihm schrieb und welchen hier van de Merwe feinfühlig, mit klarer Stimme darbietet. Violinistin Mona Krueger nimmt sich mit Inbrunst Joni Mitchells "A Case of You" vor – einen Song, der (wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf) Cohen selbst besingt.
© Nasser Hashemi
© Nasser Hashemi
Die 6-köpfige Band unter Leitung von Steffan Claußner, deren Musiker teilweise ebenfalls Cohen-typisch behütet sind, spielt die Songs mit sattem Sound. Die Arrangements sind oft Geigen-lastiger als die Originale und betonen teilweise die Folk-Elemente, was den Liedern sehr gut zu Gesicht steht.
"The Silent" ist mehr als nur ein Tribute-Konzert, aber auch kein klassisches Biografie-Musical im Stil von "Piaf". Vielmehr ist es eine kunstvolle Collage, eine Hommage an einen faszinierenden Künstler und eine ebenso faszinierende Persönlichkeit. Der Titel des Stückes ist eine Anlehnung an Cohens Zeit als Mönch im Buddhistischen Mount Baldy Zen Center, wo er den Namen "Jikan", der Stille, erhielt. An dem Abend in Chemnitz sind seine Bühnen-Alter-Egos – ähnlich wie Cohen bei seinen Konzerten – jedoch durchaus redselig. Zwischen den musikalischen Darbietungen sind immer wieder Gedichte und Momentaufnahmen aus Cohens Leben eingeflochten, die als Hintergrundinformationen oder ergänzendes Material zu den Liedern fungieren. Sie bringen das Publikum zum Schmunzeln und zum Nachdenken, manchmal beides gleichzeitig.
© Nasser Hashemi
© Nasser Hashemi
"The Silent" erzählt von Cohens Frauen, von seiner Suche nach Spiritualität und von seiner Desillusionierung hinsichtlich der Politik. Es wird dabei keine chronologische Reihenfolge gewahrt, und dennoch wirkt es nie verworren – vielleicht auch deshalb, weil keine Geschichte im eigentlichen Sinn erzählt wird. Es sind viele kleine Puzzlestücke, die das Stück dem Zuschauer vorlegt. Am Ende des Abends hat der Zuschauer nicht den Eindruck, Cohen wirklich zu kennen oder zu verstehen, ist mit dem unfertigen Puzzlebild jedoch nicht unglücklich. Letztendlich macht das Geheimnisvolle doch einen Teil der Faszination Cohens und seiner Musik aus und genau das transportiert "The Silent" vortrefflich.
(Text: Claudia Leonhardt)

Kreativteam
Besetzung

Bitte melden Sie sich an, wenn Sie einen Leserkommentar abgeben wollen. Neu registrieren | Logon Details können Sie hier nachlesen: Leserkommentare - das ist neu |
 |
|
 |
Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
|
Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
 |
 |