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 Nach wahren Begebenheiten
Come From Away Welcome to the Rock
© Matthew Murphy
© Matthew Murphy
Wenige Ereignisse des 21. Jahrhunderts haben sich in die weltweite Erinnerung so eingebrannt wie die Anschläge auf das World Trade Center 2001. Auf Grundlage der unglaublichen, aber wahren Geschichte, die sich als Nebenschauplatz abgespielt hat, entwickelten Irene Sankoff und David Hein ein ergreifendes Musical, das sein Publikum mit dem ersten Song packt und nicht mehr loslässt.
(Text: ig) Premiere: | | 18.02.2019 | Rezensierte Vorstellung: | | 22.06.2019 | Dernière: | | 07.01.2023 | Showlänge: | | 100 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Als “Come from Away“ bezeichnet man in Neufundland einen Fremden, “einen, der von weit her kommt“. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wird der Luftraum über den USA gesperrt. 38 Flugzeuge werden zum Flughafen Gander auf Neufundland umgeleitet. Die Bevölkerung der 10.000-Einwohner-Kleinstadt muss plötzlich 7000 "Come from Aways" unterbringen und versorgen.
© Matthew Murphy
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Irene Sankoff und David Hein betonen, dass die Handlung ihres Musicals komplett der Realität entspricht. Dass sie mehrere reale Figuren zu jeweils einer Bühnenfigur verschmelzen lassen, ist die einzige künstlerische Freiheit, die sie sich erlaubt haben. Ihr Stück besteht aus einer geschickt verbundenen Sammlung berührender Einzelschicksale: Beulah organisiert Unterkunft und Betreuer, die Vorsitzende des Tierschutzvereins entdeckt Tiere in den Frachträumen der Flugzeuge und sieht sich mit einem schwangeren Bonobo-Weibchen konfrontiert, die neue, unerfahrene Reporterin der lokalen TV-Station muss rund um die Uhr berichten. Unter den Passagieren findet sich ein Paar, ein anderes trennt sich, ein Mann muss lernen, mit der unbekümmerten Offenheit der Kanadier umzugehen, während eine Frau sich um ihren Sohn, einen New Yorker Feuerwehrmann, sorgt. Ein Moslem wird als potenzieller Attentäter verdächtigt, eine Pilotin vermisst ihre Familie und trauert um den Kollegen, der gezwungen wurde, sein Flugzeug ins Word Trade Center zu steuern.
© Matthew Murphy
© Matthew Murphy
Schon die drängende, kraftvolle Eröffnungsnummer “Welcome to the Rock“ gibt mit rhythmisch verschobenen Akzenten und unerwartet langsamen Passagen das Tempo des Abends vor. Sehr kurze Passagen und Szenen prasseln auf den Zuschauer ein, wie eben die Ereignisse des Tages urplötzlich auf Ganders Bewohner und die Passagiere zugekommen sind. Ruhige Momente lassen Raum für Emotionen, Sorgen und Ängste. Trotzdem behält das Publikum dank Regisseur Christopher Ashleys ausgezeichneter Personenführung und Howell Binkleys hervorragendem Licht-Design jederzeit den Überblick. Jedes Mitglied des 12-köpfigen Ensembles übernimmt mehrere Figuren. Charakterwechsel vollziehen sich durch kleine Kostümdetails – nicht mehr als ein Hut, ein Schal oder ein Jackett – und Sprach-Akzente. Es ist bewundernswert, wie chamäleonartig die Darstellerinnen und Darsteller die Figuren wechseln, indem sie nur Nuancen ändern. Sie bilden eine darstellerisch und gesanglich harmonische Einheit auf höchstem Niveau.
© Matthew Murphy
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Die Musik ist nahezu durchkomponiert. Viele der Songs mit Ohrwurm-Potenzial sind im 6/8-Tat geschrieben, der je nach Stimmung sowohl tänzerisch leicht als auch drängend sein kann. Diese Taktart ist typisch für keltische Folklore, den beherrschenden Stil der Partitur. Auch die Orchestrierung mit verschiedenen Flöten, Pfeifen, Zupfinstrumenten und Fiedel ist dementsprechend. Die 8-köpfige Band setzt sie – in der besuchten Vorstellung unter Leitung von Huw Evans - frisch und mit Pep um, auch wenn der Folklore-Klang auf Dauer ein wenig eintönig wird.
© Matthew Murphy
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Die Figuren stehen im Mittelpunkt, da braucht es beim Bühnenbild auch keinen Firlefanz. Bühnen-Designer Beowulf Boritt stellt nur zwölf vielseitig einsetzbare Stühle vor eine helle Holzbretter-Wand, an den Seiten stehen Baumstämme. Die Kulisse strahlt Wärme und Behaglichkeit aus; die optische Entsprechung der Wohlfühl-Atmosphäre des Stücks, das sich ganz auf seine starke Geschichte konzentriert. Die Schicksale der auftretenden Personen sind geschickt, mit viel Humor und Liebe zu den Figuren verwoben, ohne in Kitsch abzugleiten.
Mit vier Olivier Awards, u.a. für “Best New Musical“ und “Outstanding Achievement in Music“, war “Come from Away“ völlig berechtigt einer der großen Sieger der Verleihung 2019. Unbedingt ansehen!

Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken Beverley / Annette -
Rachel Tucker [30.01.19-08.02.20]
Alice Fearn [10.02.20-]
Beulah -
Jenna Boyd [30.01.19-]
Bob -
Nathan Campbell [30.01.19-08.02.20]
Tarrin Calender [10.02.-17.03.20]
Sam Oladeinde [22.07.21-04.06.22]
Lejaun Sheppard [06.06.22-]
Claude -
Clive Carter [30.01.19-08.02.20]
James Doherty [10.02.20-]
Bonnie -
Mary Doherty [30.01.19-04.06.22]
Kirsty Malpass [06.06.22-]
Nick / Doug -
Robert Hands [30.01.19-08.02.20]
Alasdair Harvey [10.02.20-04.06.22]
Robert Hands [06.06.22-]
Diane -
Helen Hobson [30.01.19-08.02.20]
Kate Graham [10.02.20-]
Kevin J / Ali -
Jonathan Andrew Hume [30.01.19-]
Oz -
Harry Morrison [30.01.19-]
Janice -
Emma Salvo [30.01.19-]
Kevin T / Garth -
David Shannon [30.01.19-07.09.19]
David Thaxton [09.09.19-08.02.20]
Mark Dugdale [10.02.20-]
Hannah -
Cat Simmons [30.01.19-17.03.20]
Gemma Knight Jones [22.07.21-]
Standbies 19/20 - Mark Dugdale, Bob Harms, Chiara Baronti, Kirsty Malpass, Tania Mathurin, Alexander McMorran, Brandon Lee Sears, Jennifer Tierney
Standbies 21/22 - Chiara Baronti, Ricardo Castro, Stuart Hickey, Sorelle Marsh, Alexander McMorran, Sarah Morrison, Lucy Park, Micha Richardson, Jennifer Tierney, Matthew Whennel-Clark
Standbies 22/23 - Craig Armstrong, Chiara Baronti, Stuart Hickey, Sorelle Marsh. Lucy Park, Ashley Roussety, Helen Siveter, Jennifer Tierney, Matthew Whennel-Clark

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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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