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 Musikalische Biografie
Beat it! Musical über den King of Pop
© Franziska Krug, GettyImages
© Franziska Krug, GettyImages
Am Tag des 60. Geburtstags von Michael Jackson wird ein weiteres Biografie-Show-Musical in Berlin uraufgeführt, das 2018 und 2019 durch den deutschsprachigen Raum tourt. Auch wenn sich gleich zwei Jacko-Klone redlich bemühen, das große Vorbild wiederzubeleben: Das Pop-Vobild bleibt in diesem "Tribute to Michael"-Konzert mit peinlichen szenischen Einsprengseln unerreicht. Das Anschauen einer Best-Of-DVD ist auf jeden Fall günstiger und erquickender.
(Text: Kai Wulfes) Premiere: | | 29.08.2018 | Letzte bekannte Aufführung: | | 25.04.2020 | Showlänge: | | 140 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Wenige Tage vor der Uraufführung von "Beat It!" ändert der Veranstalter seine Kommunikation: Das ursprünglich angekündigte Musical mutiert zur "Show" über den King of Pop. Egal, ob Musical oder Show: Die Inszenierung von Andreana Clemenz, die "Beat It!" als Show Director betreut, ist nicht viel mehr als ein Arrangement von Aufritten und Abgängen der Darsteller, wobei wie im Fall von "Thriller" die Optik bekannter Jackson-Videos mit einfachen Mitteln kopiert wird. Wenn acht Tänzer in schwarzen Kapuzen-Outfits durch Nebelschwaden wanken, dann ersetzt dies nicht die schaurige Zombie-Truppe aus dem filmischen Vorbild und pendelt irgendwo zwischen Parodie und Schultheater. Richtig gruselig wird die Aufführung allerdings immer dann, wenn in den wenigen "Spielszenen" die erzählende Frauenfigur – wer richtig aufpasst, erfährt zur Mitte der Show, dass es sich um Diana Ross handelt – und ihr männliches Pendant hölzern ihre Texte aufsagen. Wer Musical durch Show ersetzt, der hätte auch gleich den überflüssigen szenischen Ballast entsorgen sollen. Kritische Biografie-Episoden, wie Michaels angeblichen pädophilen Neigungen, seine Ehe oder die Medikamenten-Abhängigkeit im Streben nach Perfektion sind an diesem Abend ohnehin tabu.
© Harald Fuhr
© Harald Fuhr
Unklar bleibt, welche Beiträge die Show-Berater (Moderator und Fitnessexperte Detlef Soost und Ex-BRAVO-Chefredakteur Alex Gernandt) geleistet haben. Viel kann es nicht sein, denn "Beat It!" hat weder eine erkennbare Erzählstruktur, noch ein musikalisches Konzept: Die 25 Michael-Jackson-Hits werden mit Ausnahme des "Jackson 5"-Blocks aus den Anfangsjahren beliebig gemischt. Und warum mimen mit Dantanio Goodmann und Koffi Missah gleich zwei Darsteller einen erwachsenen, beziehungsweise jungen Michael? Auch die Antwort auf diese Frage bleibt "Beat It!" schuldig. Goodman und Missah, beide optisch nahezu perfekte Klone des Originals, singen abwechselnd seine Hits, haben in traumwandlerischer Routine die typischen Michael-Posen einstudiert und glänzen nicht nur beim Moonwalk. Allerdings reichen sie im Gesang nicht an das große Vorbild heran: Dantanio Goodman verfügt über eine solide Mittellage, fiepst mit großer Freude die Spitzentöne heraus, hört sich jedoch wie ein erkälteter Jacko an. Auch Jackson II Koffi Missah versucht, mit viel Spitzentönen das Original zu imitieren, doch auch er kann dem großen Vorbild nicht das Wasser reichen. Beider Leistungen werden durch die Tontechnik ausgebremst, die per Playback eingespielte Chorpassagen über den Gesang mischt und die Solostimmen akustisch verwässert. Ergebnis ist ein nicht zu lauter, aber unbefriedigender, oft auch recht unnatürlich wirkender Klangbrei. Die fabelhaft fetzende , auf der Bühne platzierte Band (Musikalische Leitung: Andy Keller) macht allerdings einen hervorragenden Job und insbesondere die punkig ausstaffierte Gitarristin Anja Arnold wird immer wieder in das Bühnengeschehen einbezogen.
Auf der Haben-Seite der Show steht auch ihre Optik: Kostümbildner Stephan Bolz wildert erfolgreich im Jackson-Uniform-Fundus, erfindet aber gerade für das Ensemble – mit Ausnahme der bereits erwähnten Thriller-Langeweiler – tolle eigene Kreationen mit Hingucker-Potenzial. Set Designer Matthias Lässig hat ein Einheitsbühnenbild mit zentraler Spielfläche kreiert, das mit Feuer, Nebel und bildgewaltigen Projektionen (Video-Design: Alexandra Matthes und Haegar Deutsch) inhaltliche Defizite vergessen lässt.
© Harald Fuhr
© Harald Fuhr
Choreograf Alex Burgos (in Kooperation mit den Co-Chorografen Betty Sturm und Detlef Soost) fordert mit rasanten Moves und quirligem Poptanz das Ensemble – alles mit großer Perfektion vorgetragen. Ein dicker Pluspunkt von "Beat It". Allerdings besitzt nicht jeder der Tänzer eine gute Gesangsstimme: In der als Tanz-Probe arrangierten "Bad"-Sequenz gibt es zu viele schiefe, nicht richtig getroffene Töne zu hören.
"Beat It!" sei allen Michael Jackson-Fans ans Herz gelegt, die ihr Idol – wenn auch nicht im Original – einmal wieder auf der Bühne sehen und in musikalischen Erinnerungen schwelgen möchten. Sie erleben eine tolle Show. Alle anderen werden bitter enttäuscht.
(Text: kw) 
Kreativteam
Besetzung
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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