Joe Gillis (Oliver Arno) © Thilo Beu
Joe Gillis (Oliver Arno) © Thilo Beu

Sunset Boulevard (2017 - 2018)
Theater, Bonn

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Gil Mehmerts Inszenierung ist schon weit herumgekommen: Nach Bad Hersfeld 2011 und der Tournee 2014 fand die Show in der letzten Saison in Kooperation mit der Oper Dortmund ihren Weg auf die dortige Bühne. Nun in Bonn angekommen, setzt das Team auf die fast gleiche Besetzung in Haupt- und Nebenrollen und sorgt für einen nachhaltigen Theaterabend.

Die Bonner Bühne ist etwas kleiner als die des Dortmunder Opernhauses. Und genau das erweist sich hier als großer Vorteil für diese Inszenierung. Die dunklen Räume der Villa mit großer Marmorwand und verdrecktem Fenster, ausgestattet von Heike Meixner, wirken düster, bedrohlich und beengend. Sehr deutlich wird der Unterschied zwischen dem bunten Treiben auf Arties Silvester-Party, die in bunten Kostümen das neue Jahr begrüßt, und dem bitteren Selbstmordversuch Norma Desmonds, der gefühlt direkt daneben stattfindet.

In dieser Spielzeit übernimmt Tom Zahner die Rolle des Butlers Max von Meyerling. Bereits in der Bielefelder Inszenierung von “Sunset Boulevard” 2015 verkörperte Zahner den allseits präsenten Gefährten von Norma und darf hier einmal mehr zeigen, welche schauspielerischen Qualitäten er hat. Wie aus dem Nichts taucht Max immer dann auf, wenn er gebraucht wird, so als gäbe es ein unsichtbares Band zwischen ihm und der Diva. Er sieht voraus, was geschehen wird. Dabei wirkt er bedrohlich und beruhigend zugleich. Erst am Ende, sollte man die Handlung nicht kennen, fügt sich sein Auftreten zu einem klaren Bild. Zahners Gesangsstimme kommt vor allem bei seinem Solo “Kein Star wird jemals größer sein” zur Geltung, das er unaufgeregt und sonor zu Gehör bringt. Übrigens darf Max in Bonn, anders als in Dortmund, eine ‘normale’ Frisur haben und muss nicht so aussehen wie aus der “Addams Family” entflohen.

Artie Green, der Regieassistent und Verlobte von Betty Schaefer, ist mit Florian Soyka ebenfalls neu besetzt. Mit großer Wärme spielt er den jungen Mann, der nicht erkennt, dass sich seine Zukünftige in Joe Gillis verliebt. Soyka lässt große Spielfreude erkennen und fügt sich bestens ins das Ensemble ein, das in großen Teilen schon in der letzten Spielzeit gemeinsam auf der Bühne stand.

Betty Schaefer wird wieder von Wietske van Tongeren dargestellt. Ihre Ausstrahlung ist äußerst sympathisch und warmherzig. Unterstützt durch den weichen und angenehmen Klang ihrer Stimme, ist sie der Kontrast zu der ansonsten düsteren Welt des Bühnengeschehens. Kein Wunder, dass Joe sich in sie verliebt. Umso deutlicher gelingt van Tongeren der emotionale Fall, wenn sie in die Villa am Sunset kommt und versteht, wie Joe lebt und was er ihr verschwiegen hat. Das Zusammenspiel mit Bühnenpartner Oliver Arno gelingt ebenfalls sehr harmonisch, auch wenn die Liaison der beiden in dieser Inszenierung nur eine nachgeordnete Rolle spielt.

Oliver Arno spielt insgesamt zurückhaltend, was sich wunderbar ins Geschehen einfügt. Jede noch so große Geste der Stummfilmdiva entgegnet er mit einer kleineren. So wird auch auf dieser Ebene der Kontrast des ungleichen Paares deutlich. Ob Gillis Norma wirklich liebt oder ob er doch nur aus Mitleid und Lust auf Glamour bei ihr bleibt – wer kann es wissen? Gesanglich liefert Arno vor allem beim Titelsong gewohnt gut und strahlend ab.

Die große Bühne jedoch gehört Pia Douwes. Jedes Hereinkommen ist ein großer Auftritt, die ‘Showtreppe’ – also das Treppenhaus ihrer Villa – ihre Welt. Jeder Augenaufschlag, jede Geste ist durchdacht. Wahrlich große Kunst! Gesanglich sind es nicht nur die großen Showstopper “Als hätten wir uns nie Goodbye gesagt” und “Nur ein Blick”, die berühren, sondern auch Nummern wie “Salome”. Hier erkennt der Zuschauer nicht nur im Schauspiel, sondern auch in den stimmlichen Nuancen, welche Verrücktheit der Diva innewohnt. Später bei “Träume aus Licht” verschmilzt sie beinahe im gezeigten Film über Jeanne D’Arc, den Joe zum gefühlt hundertsten Mal anschauen muss, und erweckt den Stoff zu neuem Leben. Eben Gänsehaut pur!

Die wunderbare Musik von Andrew Lloyd Webber wird vom Beethoven Orchester Bonn gespielt, das der neue zweite Kapellmeister Daniel Johannes Mayr dirigieren darf und sich damit dem Bonner Publikum vorstellt. Neben guten Tempi und stets passender Dynamik ist es eine Freude, Mayr bei der Arbeit zuzuschauen. Offenbar glücklich, in Bonn am Pult stehen zu dürfen und dieses Stück zu dirigieren, überträgt sich nicht nur sein präzises Dirigat, sondern vor allem seine herzliche Ausstrahlung auf Orchester und Ensemble.

Fast hätte es in der Sternebewertung hier und da zu fünf Sternen gereicht, doch merkte man der Premiere die (zu) kurze Probenzeit an. So klapperten bei der Eröffnungsnummer “Dann bis bald” noch die ersten Einsätze, und bei “Die Rechnung zahlt die Dame” war Pia Douwes nicht rechtzeitig auf der Bühne, so dass sie aus dem Off singen musste. Wohlgemerkt ein kleiner Wehrmutstropfen, der bald ausgemerzt sein dürfte.

Musik von Andrew Lloyd Webber
Buch und Liedertexte von Don Black & Christopher Hampton
nach dem gleichnamigen Film von Billy Wilder
Deutsch von Michael Kunze
in Kooperation mit dem Theater Dortmund

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungDaniel Johannes Mayr
RegieGil Mehmert
AusstattungHeike Meixner
ChoreographieMelissa King
LichtThomas Roscher
ChoreinstudierungMarco Medved
 
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CAST (AKTUELL)
Norma DesmondPia Douwes /Helen Schneider [01.10, 31.12. 19:30h]
Joe GillisOliver Arno
Max von MayerlingTom Zahner
Betty SchaeferWietske van Tongeren
Sheldrake / Hodge u.a.Daniel Berger
Cecil B. DeMilleThomas Christ
Hans Werner Bramer [27.01.]
Artie Green / Mr. ManfredFlorian Soyka
MyronRobin Koger
JonesyJosef Linnek
SammyPascal Cremer
Schuldeneintreiber u.a.Alexander Sasanowitsch
Jean u.a.Yara Hassan
Jessica Trocha [31.12.]
Heather u.a.Sarah Wilken
Mary u.a.Aline Bucher
Ursula u.a.Anneke Brunekreeft
Lisa u.a.Lina Gerlitz
Joanna / Kosmetikerin u.a.Esther Conter
Katherine / Astrologin u.a.Charlotte Katzer
Cliff u.a.Florian Casper Minnerop
John u.a.Marvin Schütt
Junger Pfortner u.a.Tomas Stitlis
CoverJessica Trocha
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 21.09.2017 19:30Opernhaus, BonnPremiere
So, 01.10.2017 18:00Opernhaus, Bonn
Sa, 07.10.2017 19:30Opernhaus, Bonn
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