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 Klassiker
Sunset Boulevard Kein Star wird jemals größer sein
© Thilo Beu
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Gil Mehmerts Inszenierung ist schon weit herumgekommen: Nach Bad Hersfeld 2011 und der Tournee 2014 fand die Show in der letzten Saison in Kooperation mit der Oper Dortmund ihren Weg auf die dortige Bühne. Nun in Bonn angekommen, setzt das Team auf die fast gleiche Besetzung in Haupt- und Nebenrollen und sorgt für einen nachhaltigen Theaterabend.
(Text: Thorsten Wulf) Premiere: | | 21.09.2017 | Rezensierte Vorstellung: | | 21.09.2017 | Letzte bekannte Aufführung: | | 27.01.2018 |
Die Bonner Bühne ist etwas kleiner als die des Dortmunder Opernhauses. Und genau das erweist sich hier als großer Vorteil für diese Inszenierung. Die dunklen Räume der Villa mit großer Marmorwand und verdrecktem Fenster, ausgestattet von Heike Meixner, wirken düster, bedrohlich und beengend. Sehr deutlich wird der Unterschied zwischen dem bunten Treiben auf Arties Silvester-Party, die in bunten Kostümen das neue Jahr begrüßt, und dem bitteren Selbstmordversuch Norma Desmonds, der gefühlt direkt daneben stattfindet.
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In dieser Spielzeit übernimmt Tom Zahner die Rolle des Butlers Max von Meyerling. Bereits in der Bielefelder Inszenierung von "Sunset Boulevard" 2015 verkörperte Zahner den allseits präsenten Gefährten von Norma und darf hier einmal mehr zeigen, welche schauspielerischen Qualitäten er hat. Wie aus dem Nichts taucht Max immer dann auf, wenn er gebraucht wird, so als gäbe es ein unsichtbares Band zwischen ihm und der Diva. Er sieht voraus, was geschehen wird. Dabei wirkt er bedrohlich und beruhigend zugleich. Erst am Ende, sollte man die Handlung nicht kennen, fügt sich sein Auftreten zu einem klaren Bild. Zahners Gesangsstimme kommt vor allem bei seinem Solo "Kein Star wird jemals größer sein" zur Geltung, das er unaufgeregt und sonor zu Gehör bringt. Übrigens darf Max in Bonn, anders als in Dortmund, eine 'normale' Frisur haben und muss nicht so aussehen wie aus der "Addams Family" entflohen.
Artie Green, der Regieassistent und Verlobte von Betty Schaefer, ist mit Florian Soyka ebenfalls neu besetzt. Mit großer Wärme spielt er den jungen Mann, der nicht erkennt, dass sich seine Zukünftige in Joe Gillis verliebt. Soyka lässt große Spielfreude erkennen und fügt sich bestens ins das Ensemble ein, das in großen Teilen schon in der letzten Spielzeit gemeinsam auf der Bühne stand.
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Betty Schaefer wird wieder von Wietske van Tongeren dargestellt. Ihre Ausstrahlung ist äußerst sympathisch und warmherzig. Unterstützt durch den weichen und angenehmen Klang ihrer Stimme, ist sie der Kontrast zu der ansonsten düsteren Welt des Bühnengeschehens. Kein Wunder, dass Joe sich in sie verliebt. Umso deutlicher gelingt van Tongeren der emotionale Fall, wenn sie in die Villa am Sunset kommt und versteht, wie Joe lebt und was er ihr verschwiegen hat. Das Zusammenspiel mit Bühnenpartner Oliver Arno gelingt ebenfalls sehr harmonisch, auch wenn die Liaison der beiden in dieser Inszenierung nur eine nachgeordnete Rolle spielt.
Oliver Arno spielt insgesamt zurückhaltend, was sich wunderbar ins Geschehen einfügt. Jede noch so große Geste der Stummfilmdiva entgegnet er mit einer kleineren. So wird auch auf dieser Ebene der Kontrast des ungleichen Paares deutlich. Ob Gillis Norma wirklich liebt oder ob er doch nur aus Mitleid und Lust auf Glamour bei ihr bleibt – wer kann es wissen? Gesanglich liefert Arno vor allem beim Titelsong gewohnt gut und strahlend ab.
Die große Bühne jedoch gehört Pia Douwes. Jedes Hereinkommen ist ein großer Auftritt, die 'Showtreppe' – also das Treppenhaus ihrer Villa – ihre Welt. Jeder Augenaufschlag, jede Geste ist durchdacht. Wahrlich große Kunst! Gesanglich sind es nicht nur die großen Showstopper "Als hätten wir uns nie Goodbye gesagt" und "Nur ein Blick", die berühren, sondern auch Nummern wie "Salome". Hier erkennt der Zuschauer nicht nur im Schauspiel, sondern auch in den stimmlichen Nuancen, welche Verrücktheit der Diva innewohnt. Später bei "Träume aus Licht" verschmilzt sie beinahe im gezeigten Film über Jeanne D’Arc, den Joe zum gefühlt hundertsten Mal anschauen muss, und erweckt den Stoff zu neuem Leben. Eben Gänsehaut pur!
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Die wunderbare Musik von Andrew Lloyd Webber wird vom Beethoven Orchester Bonn gespielt, das der neue zweite Kapellmeister Daniel Johannes Mayr dirigieren darf und sich damit dem Bonner Publikum vorstellt. Neben guten Tempi und stets passender Dynamik ist es eine Freude, Mayr bei der Arbeit zuzuschauen. Offenbar glücklich, in Bonn am Pult stehen zu dürfen und dieses Stück zu dirigieren, überträgt sich nicht nur sein präzises Dirigat, sondern vor allem seine herzliche Ausstrahlung auf Orchester und Ensemble.
Fast hätte es in der Sternebewertung hier und da zu fünf Sternen gereicht, doch merkte man der Premiere die (zu) kurze Probenzeit an. So klapperten bei der Eröffnungsnummer "Dann bis bald" noch die ersten Einsätze, und bei "Die Rechnung zahlt die Dame" war Pia Douwes nicht rechtzeitig auf der Bühne, so dass sie aus dem Off singen musste. Wohlgemerkt ein kleiner Wehrmutstropfen, der bald ausgemerzt sein dürfte.
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Musik von Andrew Lloyd Webber Buch und Liedertexte von Don Black & Christopher Hampton nach dem gleichnamigen Film von Billy Wilder Deutsch von Michael Kunze in Kooperation mit dem Theater Dortmund
(Text: Thorsten Wulf) 
Verwandte Themen: Produktion: Sunset Boulevard (Theater Dortmund) Produktion: Sunset Boulevard (Konzertdirektion Landgraf Tournee) Produktion: Sunset Boulevard (Festspiele Bad Hersfeld)
Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 3 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    31716 Tolles Orchester, bewegende Pia Douwes
17.01.2018 - Ein tolles Orchester und einer schauspielerisch glänzende Pia Douwes waren die Grundlage für einen schönen Abend.
Leider konnte die Inszenierung mich nicht durchgängig emotional erreichen. Die Charakter, mit Ausnahme der Norma Desmond, blieben etwas flach. Oliver Arno konnte jedoch in der zweiten Hälfte deutlich zulegen, sodass die innere Zerrisenheit und Verzweiflung Joe Gilles doch zum Ausdruck kam.
Wietzke van Tongeren hat als Betty Schäfer eine tolle Darbietung geliefert. Persönlich muss ich sagen, dass mir die Stimmfarbe jedoch nicht so zusagt. Dies ist jedoch eine Frage des persönlichen Geschmacks und tut ihrer Leistung keinen Abbruch.
Max von Mayerling konnte mich besonders bei den Höhen gesanglich nicht voll überzeugen.
Pia Douwes hat mich schon mit den ersten Worten in ihrem wunderbar herrischen Befehlston in ihren Bann gezogen. Auch schauspielerisch konnte sie mich als Norma Desmond voll überzeugen (obwohl sie ein wenig besser zielen sollte, wenn sie jemanden erschießen möchte). Mein persönliches Highlight des Abends war "Nur ein Blick". Nichtsdestotrotz durfte ich schon Stücke sehen, die Pia Douwes' voluminöser, kraftvoller Stimme meines Erachtens besser gerecht wurden.
Die Handschrift Andrew Lloyd Webbers war unverkennbar. Stellenweise fühlte ich mich durchaus ins Phantom der Oper oder Joseph versetzt. Leider hat er es offensichtlich verpasst in diesem Stück ein schönes, emotionales Duett einzubringen.
Auf der Suche nach dem Grund, warum mich die Aufführung emotional nicht voll berühren konnte, wirkt die Bewertung vermutlich negativer als gemeint.
Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend.

Steffie (8 Bewertungen, ∅ 3.9 Sterne)
    31699 Besticht durch hervorragende Darsteller und großes Orchester!
02.01.2018 - Ein fast 40-köpfiges, berauschendes Orchester, welches einen meiner Webber-Lieblingsscores darbietet, die stimmige Inszenierung von Gil Mehmert (die ich auch schon auf Tournee in anderer Besetzung bewundern durfte), ein durchdachtes Bühnenbildkonzept und hervorragende Darsteller: so geht Musiktheater.
Oliver Arno spielt Joe Gillis gehörig arrogant-widerlich und singt ihn dabei ganz hervorragend.
Wietzke van Tongeren gibt eine entzückende, wohlklingende Betty Schaefer.
Tom Zahner mag stimmlich nicht an andere Vorbilder heranreichen, aber seine Darstellung des Max von Mayerling lässt einem das Blut in den Adern gefrieren und geht durch Mark und Bein.
Das Ganze wird angeführt von einer, man muss schon fast sagen "wie immer", sensationellen Pia Douwes, die die Rolle selbstredend nicht nur fantastisch singt, sondern auch eine wunderbar verschroben-tragische Norma Desmond gibt.
Zwei Mal in diesem Jahr hat das deutsche Stadttheater mich vollends überzeugt.
Und es kristallisiert sich ein Motiv heraus:
Dortmund und Bonn können Musical.

AdamPascal (67 Bewertungen, ∅ 4.2 Sterne)
    31595 Tolles Orchester, sehenswerte Produktion
14.10.2017 - Nach Dortmund war ich nun auch in Bonn in "Sunset Boulevard" und ich möchte mich hier wirklich kurz halten. Auch in Bonn erlebt man das Musical mit großem Orchester (wo gibt es das heute noch), in der bewährten Inszenierung und einer namhafen Besetzung. Ich hatte mir bewusst, die Vorstellung mit Helen Schneider ausgesucht, ganz großartige Leistung. Eine absolut sehenswerte Produktion, alle die es noch nicht gesehen haben sollten sich einen Besuch überlegen.
Besuchte Vorstellung:
01.10.17 - Opernhaus, Bonn
Inszenierung: 4,0 von 5
Musik: 4,5 von 5
Besetzung: 4,5 von 5
Ausstattung: 3,5 von 5
Gesamtfazit: 4,0 von 5

MyMusical (24 Bewertungen, ∅ 3.8 Sterne)

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| Handlung | Hollywood in den Fünfzigern. mehr Der junge, erfolglose Drehbuchautor Joe Gillis landet auf der Flucht vor seinen Gläubigern auf dem Anwesen von Norma Desmond, eines alternden, exzentrischen früheren Stummfilmstars, der mittlerweile isoliert von der Außenwelt vergessen lebt. Norma engagiert Joe für das Drehbuch, das sie für ihr großes Comeback schreibt, und lässt ihn bei sich wohnen. Im Laufe der Monate entwickelt sie eine immer stärkere Besessenheit von dem jungen Mann. Joe ist hin- und hergerissen zwischen dem liebgewonnenen Luxusleben und dem Gefühl, seine Seele dafür zu verkaufen. Und dann ist da auch noch Betty, Sekretärin bei Paramount, in die er sich verliebt hat...
| Weitere Infos | Bei der Tony Award Verleihung 2005 wurde das Stück mit sieben Trophäen ausgezeichnet - darunter für das beste Musical, die beste Musik und das beste Buch.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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