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 Filmadaption
Big Fish Sei der Held deiner Geschichte Musical Inc. präsentiert seit mehr als 20 Jahren erfolgreich Musicals auf der Bühne des Hörsaals P1 der Mainzer Universität. Dabei verlässt die Gruppe ausgetretene Pfade und setzt auf selten gespielte oder relativ neue Stücke. Mit "Big Fish" steht ein in allen Belangen anspruchsvolles Stück auf dem Spielplan.
(Text: Ingo Göllner) Premiere: | | 02.06.2017 | Rezensierte Vorstellung: | | 05.06.2017 | Letzte bekannte Aufführung: | | 17.06.2017 |
Edward Bloom hat ein außergewöhnliches Leben geführt – wenn man die Geschichten glaubt, die er seinem Sohn Will erzählt. Doch Will, der schon als Kind rationaler denkt als sein Vater, glaubt keine der skurrilen Erzählungen über die Begegnung mit einer Meerjungfrau, die Zähmung eines Riesen, Edwards Jahre beim Zirkus oder das Treffen mit einer Hexe, die Edward verrät, wie er einmal sterben wird. Als Edward schwer erkrankt, kehrt Will, der gerade selbst Vater wird, nach Hause zurück und versucht, sich ihm wieder anzunähern und die Wahrheit hinter den Mythen herauszufinden.
Eine starke, sehr emotionale Geschichte, die mit Verständnis für beide Seiten vom Konflikt zwischen Fantasie und Realität erzählt. Leider kommt die Erklärung des Titels "Big Fish" in der Musicalfassung zu kurz: Edwards prägende Begegnung mit einem großen Wels fehlt. Das Motiv 'Wasser', das im Roman von Daniel Wallace und dessen Verfilmung von Tim Burton von zentraler Bedeutung ist, taucht – von einer klangmalerischen musikalischen Entsprechung am Anfang des Stücks abgesehen – fast nicht mehr auf. Wenn am Ende die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen, wird auch Will zum Geschichtenerfinder. Er erzählt seinem sterbenden Vater, dass er ihn zum Fluss trägt, wo er sich von seinen alten Weggefährten verabschiedet und im Wasser verschwindet, eine Art Wiedergeburt als großer Fisch. Das ist natürlich in einem Theater, das über keinerlei Bühnentechnik verfügt, schwer umzusetzen. In Mainz wird Edward von der Hexe abgeholt. Schöner – und logischer – wäre es gewesen, wenn diesen Part die Meerjungfrau übernommen hätte.
Andrew Lippa hat sich mit seinen eingängigen Songs einmal quer durch die US-Musikgeschichte komponiert. Folk, Country, Marschmusik und Swing werden mal ernst gemeint, mal augenzwinkernd eingesetzt. Das 15-köpfige Orchester unter Leitung von Nicolai Benner breitet einen satten Klangteppich aus und kann sich jeder Stilrichtung anpassen.
Die beiden Hauptrollen stellen ihre Darsteller vor besondere Herausforderungen. Als junger Charmeur Edward Bloom kann Vinzent Grimmel punkten. Er ist äußerst sympathisch und hat Sinn für Pointen. Der ältere, kranke Edward gelingt ihm nicht ganz so überzeugend.
Sebastian Killinger ist als Will darstellerisch herausragend, besonders in seinen emotionalen Momenten. Er stellt die Zerrissenheit seiner Figur, die den Vater einerseits ablehnt und doch dessen Nähe sucht, sehr glaubhaft dar.
Schauspielerische Glanzpunkte setzen auch Laura Saxler als Jenny Hill, die sich als junge Frau in Edward verliebt hat, die sehr natürliche Josephine Ludwig als Wills schwangere Frau Josephine und der präsente Konstantin Hahn als Riese Karl, der mit seinen Riesenschuhen sogar Treppen steigen muss und dabei kein bisschen unsicher wirkt.
Marie Friedl und Florian Mahlberg sind als Team für die Regie verantwortlich. Ihre Idee, die Rolle von Edwards Ehefrau Sandra auf zwei Darstellerinnen aufzuteilen und damit den Unterschied zwischen echter und erfundener Figur zu zeigen, erschließt sich nur bedingt. Natascha Hahn, die mit „Ich brauch doch kein Dach“ das schönste Solo des Stücks hat, spielt die Sandra, die Will als seine Mutter kennt. Als Sandra aus der Geschichte seines Vaters hat Tahira Schäfer einen kurzen, aber prägnanten Auftritt. Hätte man dann nicht auch Edward doppelt besetzen müssen?
Die 40 Darstellerinnen und Darsteller des Ensembles finden gerade so Platz auf der Bühne. In den Massenszenen entwickelt sich ein unruhiges Eigenleben, wenn einzelne Mitglieder zu dominant interagieren und vom eigentlichen Geschehen ablenken. Aber es ist ein stimmgewaltiger und bestens einstudierter Chor. Einige von ihnen müssen auch tanzen, aber meistens übernehmen diese Parts drei Solo-Tänzerinnen (Choreographie: Jessica Gleisberg und Isabelle Jegotka).
Das Bühnenbild von Safak Sengül beschränkt sich auf zwei Holzpodeste, die sich zu einem Bett, diversen Sitzgelegenheiten oder einer Showtreppe umfunktionieren lassen. Die Szenen in der Realität sind betont nüchtern gehalten, in der Fantasiewelt gibt es ein paar bunte, stimmig eingesetzte Accessoires. Außerdem bekommt jede Episode ein passendes Banner: "Die Hexe", "Der Riese" und "Der Zirkus". Der im Krieg spielende Abschnitt bekommt seltsamerweise keins. Sehr gelungen sind der lebende Hexenwald und die unzähligen farbenfrohen Kostüme.
Auch wenn in Ensemble und Orchester nicht jeder Ton sitzt: "Big Fish" ist ein kurzweiliger, berührender Theaterabend, bei dem am Ende jede Menge Taschentücher gezückt werden. Das liegt an der am Broadway zu Unrecht gefloppten Vorlage, aber auch an der spürbaren Spielfreude des Ensembles.
(Text: Ingo Göllner) 
Kreativteam
Besetzung

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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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