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 Komödie
[titel der show] Wie ticken Musical-Autoren?
© Sven Serkis
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Ein Musical über die Entstehung eines Musicals – kann so etwas funktionieren? Durchaus. Den Beweis tritt die deutschsprachige Erstaufführung von "[titel der show]" trotz fehlender musikalischer Ohrwürmer eindrucksvoll an. Dieses Manko lassen die vier tollen Darsteller jedoch schnell vergessen.
(Text: Kai Wulfes) Premiere: | | 23.04.2017 | Rezensierte Vorstellung: | | 23.04.2017 | Letzte bekannte Aufführung: | | 14.10.2022 |
Jeff und Hunter bringen es gleich zu Beginn musikalisch auf den Punkt: "Zwei Nobodies in New York". Die beiden (noch) unbekannten Musical-Schaffenden – der eine Komponist, der andere Texter – träumen davon, mit ihrem ersten Stück bei einem Festival ganz groß herauszukommen. Gemeinsam mit ihren Sänger-Freundinnen Heidi und Susan sowie dem Pianisten Larry entwickeln sie innerhalb von drei Wochen ihr Musical, in dem zwei Nobodies ein Stück schreiben über zwei Nobodies, die ein Stück schreiben. Das Ganze ist noch nicht einmal Fiktion, denn "[titel der show]" stammt aus der Feder von Jeff Bowen (Musik, Songtexte) und Hunter Bell (Buch), die darin ihre eigenen Erlebnisse verarbeiten.
In neunzig Minuten Spieldauer erleben die Zuschauer das harte Leben der Musicalschaffenden. Sie überwinden ihre Schreibblockaden, kämpfen um Mini-Rollen in Broadway-Produktionen und halten sich mit entwürdigenden Jobs über Wasser. Robin Kulischs sehr witzige deutsche Fassung trägt die nur auf den ersten Blick recht dünne Story hervorragend und zündet in seiner sehr leichtfüßig wirkenden Inszenierung ein Feuerwerk an Gags. Problem dabei ist allerdings, dass einige dieser Gags nur von Insidern verstanden werden. Das führt zu verdutzten Gesichtern bei Zuschauern, die nicht in der Branche tätig sind, während sich ihre Sitznachbarn vor Lachen nur so krümmen.
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Mehr als vier Stühle auf der leeren Bühne braucht dieses Musical nicht (Ausstattung: Daniel Unger). Drumherum erfindet Choreografin Silvia Varelli auf der nicht sehr tiefen, aber recht breiten Spielfläche immer neue Bewegungsabläufe und sogar Hebefiguren. Die vier Darsteller, fast unentwegt auf der Bühne präsent, meistern das alles mit sehr viel Leichtigkeit und Schwung.
Weniger überzeugen kann hingegen Jeff Bowens Partitur, die neben dem eingangs schon erwähnten Song und dem dynamischen Duett "Dein eigenes Musical" nur wenig Ohrwurmpotential besitzt. Die Musik ist zwar sehr schmissig und jazzig inspiriert, wirkt aber oft irgendwie improvisiert. Bestes Beispiel dafür ist "Stirb, Vampir, stirb". Pianist Damian Omansen, der seitlich vor der Bühne auf einer Zuschauertribüne sitzt, ist ein souveräner wie aufmerksamer musikalischer Begleiter, der aber auch immer wieder als Stichwortgeber in die Handlung eingreift.
Der ganz große Trumpf der ersten deutschsprachigen "[titel der show]"-Produktion ist ihr fantastischer Cast: Dennis Weißert ist ein etwas träumerisch angelegter Hunter, Alexander Soehnle gibt seinen eifrigen Komponisten-Kumpel Jeff. Soehnles etwas dunkler gefärbte Stimme harmoniert dabei sehr schön mit Weißerts hohem Tenor. Ein tolles Gespann, dem sofort die Sympathien der Zuschauer zufliegen! Doch auch die beiden Damen sind darstellerisch und gesanglich auf den Punkt besetzt: Annika Henz (Heidi) und Franziska Kuropka (Susan) überzeugen im Zickenkrieg ebenso wie als warmherzige Freundinnen, die gemeinsam für das große Ziel kämpfen.
© Sven Serkis
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Wenn der rote Vorhang fällt, werden am Premierenabend alle Protagonisten auf und hinter der Bühne zu Recht gefeiert. Ohne Robin Kulisch und Damian Omansen, die diese deutschsprachige Erstaufführung privat finanziert haben, hätte es wohl noch deutlich länger gedauert, bis der Off-Broadway-Erfolg den Weg nach Deutschland gefunden hätte. Dieser Mut hat sich – zumindest vom künstlerischen Aspekt her - ausgezahlt.
(Text: Kai Wulfes)

Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken Hunter - Benjamin Sommerfeld / Dennis Weißert
Jeff - Alexander Soehnle
Heidi - Annika Henz
Susan - Franziska Kuropka
Larry - Damian Omansen
mit den Stimmen von - Johanna Magdalena Schmidt, Peter Sura
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    31413 Klein aber fein
26.04.2017 - Ich habe die Vorstellung am 24.4 gesehen.
Das gut gefüllte Studio im Admiralspalast hat den Charme einer kleine Off Bühne am Broadway und wie der Abend beweist, braucht man manchmal auch gar nicht mehr.
Simple Bühne, mit 4 Stühlen. Der Pianist auf einer kleinen Nebenbühne, der auch öfters mal ins Geschehen sehr komisch eingreift ( Damian Omansen ). Fertig.
Die Geschichte ist simple. 2 hochmotivierte Musical Schreiber wollen für ein Festival ein Musical schreiben, in 3 Wochen, und das klappt, off Broadway, Broadway, aber mit einigen Hindernissen, die gemeistert werden müssen. Unterstützt von 2 Freundinnen die auch ihre Chance wittern den Durchbruch am Broadway zu schaffen.
Herrlich spielen alle Darsteller an diesem Abend und haben alle Ihre kleinen schönen Momente.
Auch wenn man vielleicht nicht jeden "Insider" versteht, von denen es eine Menge gibt, war es sehr lustig zusehen wie die 4 das Abenteuer Musical entstehen lassen.
Großes Lob auch an die Choreografie mit vielen kleinen schönen Einfällen. Und die Regie von Robin Kulisch trifft jeden Moment den richtigen Ton, und hat eine tolle Truppe auf die Bühne gestellt.
Besonders gut ist Ihm aber neben der Regie die Übersetzung gelungen. Selten heute, dass man den Witz einer Show so gut in der deutsche Sprache einfangen kann. Kompliment.
Leider gibt es nicht viele Vorstellungen, aber ich wünsche der Show, noch mehr Vorstellungen, vielleicht an anderen Orten.
Der Mut des Teams gehört belohnt,
denn es ist ein toller Abend.
Sehr empfehlenswert.

KristinP (78 Bewertungen, ∅ 3.6 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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