 Musical Biografie
Simply The Best Die Tina Turner-Story
© Veranstalter
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Unter dem Deckmäntelchen "Musical" daherkommendes Tribute-Konzert mit einer stimmgewaltigen Dorothea "Coco" Fletcher als Tina Turner.
(Text: Kai Wulfes) Premiere: | | 28.02.2017 | Rezensierte Vorstellung: | | 02.03.2018 | Showlänge: | | 145 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
"Erotik im Abendprogramm vom ZDF" höhnt die Bild-Zeitung. Andere Medien verurteilen das Gezeigte als "Erotische Gymnastik" oder lassen Westdeutschland wegen "Neger-Musik aus dem Ghetto" in eine "Schockstarre zum Feierabend" verfallen. Mit Schlagzeilen wie diesen wird Ende der 1960er Jahre in aller Öffentlichkeit ein Auftritt von Ike und Tina Turner im bundesdeutschen Fernsehen kommentiert. Erschreckend!
Nach nur knapp vierzig Minuten erreicht "Simply The Best" mit diesen Original-Einspielern und -Abbildungen dramaturgisch ihren stärksten, weil überraschendsten Moment. Davor und danach versorgen die unbekannten Macher (der Veranstalter verschweigt jegliche Kreative) das Publikum in wohl dosierten Häppchen mit eher weichgespülten Fakten aus dem Leben der Sängerin Anna Mae Bullock, die als Tina Turner zu Weltruhm gelangte. Kritisches – wie die drogenbedingten Gewaltexzesse von Ike gegen seine Frau – wird dezent weggelassen. Tinas kometenhafter Aufstieg als rockende Pop-Diva in den 1980er Jahren wird dagegen verklärend aufgearbeitet. Dazu flimmert kommentierend zeitgenössisches Foto- oder Videomaterial aus den 1950er bis aus den 2000er Jahren über die seit- und rückwärtig angebrachten Flachbildschirme. Hier sind auch immer wieder Live-Aufnahmen aus der laufenden Show zu sehen, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschmelzen lassen.
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In wechselnden Rollen, wie zum Beispiel Tinas späterem Erfolgsproduzenten Roger Davies, tritt Koffi Missah mit mehr oder weniger brav aufgesagten Monologen auf, um dem Publikum in kumpelhaftem Ton ("Wisst ihr was, Kinder?") Fakten aus ihrem Leben zu verraten. Ansätze von Spielszenen scheitern vor allem daran, dass Vasti Jackson (Ike Turner) nicht der deutschen Sprache mächtig ist und er deshalb grundsätzlich mit einem starken amerikanischen Nuschel-Akzent auf Englisch reagiert. Immerhin ist er ein fantastischer Gitarrist und singt mit groovender Soulstimme. Auch Della Miles, Valerie Scott und Sharlie Pryce als "Ikettes" und Tinas Background-Sängerinnen sind stimmlich einfach eine Wucht. Ausbaufähig hingegen ist der Sound, der in der besuchten Vorstellung in Berlin mit ein paar zu viel Dezibel aus den Boxen wummert.
Es ist schier unmöglich, eine bekannte Person mit einer unverwechselbaren Stimmfärbung und überwältigendem Charisma wie Tina Turner als Klon auf der Bühne zu verkörpern. Dorothea "Coco" Fletcher vermeidet es, nur eine Doppelgängerin im kurzen Röckchen zu sein, sondern kreiert ihre eigene Tina. Mit großer, über mehrere Oktaven fein modulierbarer Gospel- und Rhythm'n'Blues-Stimme interpretiert sie grandios Turners Songs ohne die typische Reibeisen-Attitüde und hechelt damit nicht dem Original einfach nur hinterher. Gerade im zweiten Teil der Show, der sich der Pop-Karriere widmet, dreht Fletcher auch tänzerisch richtig auf und steht verdient im Mittelpunkt des Abends.
Um es auf den Punkt zu bringen: "Simply The Best" ist kein Musical. Dafür aber dank einer fantastischen Sängerin im Tina-Turner-Look eine mitreißende Konzertshow für eingefleischte Fans der Pop-Diva.
(Text: kw)

Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken *2017*
Tina Turner - Dorothea "Coco" Fletcher
Davis Taylor / Sam Phillips / Art Lassiter / Roger Davies - Koffi Missah
Ike Turner - Jordan John
The Ikettes - Della Miles, Valerie Scott, Sharlie Pryce
Produktionsgalerie (weitere Bilder)

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