 Drama
Cabaret (2006) Life is a Cabaret! Der oft gespielte Klassiker vereinigt in der Inszenierung von Helmut Baumann pompöse Shownummern und bewegende Bilder, die die Sinnlosigkeit der Gewalt verdeutlichen. In den Hauptrollen sind Charlotte Heinke und Björn Christian Kuhn zu sehen.
(Text: Michael Rieper) Premiere: | | 24.02.2006 | Letzte bekannte Aufführung: | | 02.05.2008 |
Starke Bilder hat Regisseur Helmut Baumann auf die Bühne gebracht: Bilder, in denen der Wahnsinn des nationalsozialistischen Gedankenguts den Zuschauer wirklich betroffen macht. Das namenlose Zigarettenmädchen des Kit-Kat-Clubs (typisch Baumann, dass diese Rolle mit einem Mann besetzt wurde) wird zu dem melodisch schönen und textlich so bedrückenden Nazi-Lied "Der morgige Tag" von rechtsradikalen Schlägern verprügelt. Nazi-Funktionär Ernst Ludwig positioniert sich mithilfe einer Hebebühne über den Köpfen des Ensembles zu einer Reprise des gleichen Liedes, bei dem sich einer nach dem anderen mit dem Hitler-Gruß zu ihm wendet. Als Hintergrund ist ein riesiges, leuchtendes Nazi-Plakat zu sehen. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Show-Nummern im Kit-Kat-Club, die mit viel Glanz und Glitter sowie schicken, einfallsreichen Choreographien (verantwortlich: Claudio Bueno) ausgestattet sind, so dass der Zuschauer ein wahres Wechselbad der Emotionen erlebt. Doch die imposanten Show-Nummern wirken in diesem Musical andererseits auch unglaubwürdig. Der Kit Kat Klub – eigentlich ein zweitklassiges Etablissement mit ebenso zweitklassigen Künstlern - kann es in Halle beinahe mit dem Friedrichstadtpalast aufnehmen, so toll sind die Kostüme, so abwechslungsreich sind die Choreographien. Charlotte Heinke stattet ihre Rolle mit einer Gänsehautstimme aus, mit der Sally es bestimmt bis an den Broadway gebracht hätte. Diese Sally ist ein wahrer Star und nicht das unsichere, verletzbare Mädchen, das nur auf der Bühne steht, um ihren Hunger nach Aufmerksamkeit und oberflächlicher Zuneigung zu stillen. Die Liebesgeschichte zwischen Frl. Schneider und Herrn Schulz ist dagegen absolut glaubwürdig und bewegend. Gabriele Bernsdorf und Horst Krüger überzeugen mit subtilem Schauspiel. Wenn Frl. Schneider die Hoffnung auf eine glückliche Partnerschaft angesichts der drohenden Gefahr aufgibt, bringt sie ihr "Wie geht's weiter?" mit Verzweiflung in der Stimme und Tränen in den Augen über die Rampe. Die Rolle des Ernst Ludwig wird in dieser Produktion dadurch aufgewertet, dass die Rolle von Frl. Kost dem Rotstift zum Opfer gefallen ist. So gebührt ihm nun die alleinige Aufmerksamkeit während des Schlussliedes des ersten Akts. Gerd Vogel wirkt als aalglatter Nazi-Funktionär gefährlich sympathisch, greift aber knallhart durch, wenn etwas gegen sein Wertesystem läuft. Und der Conférencier? Björn Christian Kuhn singt seine Songs mit schöner Stimme, aber das übliche exaltierte Gehabe dieser Rolle wirkt aufgesetzt. Eigentlich sollten bei dem Conférencier ja die Fäden des Stückes zusammen laufen, aber Kuhn ist merkwürdig unbeteiligt. Selbst zu Sally, mit der er Abend für Abend auf der Bühne des Clubs steht, scheint keine echte Verbindung zu bestehen. Bei ihrem berühmten Duett "Money makes the world go round" tanzen sie zwar nebeneinander her, bilden aber keine Einheit. Baumann hat das Stück an verschiedenen Stellen gekürzt, was jedoch nicht immer einleuchten will. Warum müssen Sally und Cliff auf ihren Song "Perfectly marvellous" verzichten, wenn er doch verdeutlicht, was Sally an dem zurückhaltenden Cliff (sehr überzeugend: Tobias Schulze) findet? Statt dessen darf der Chor eine Szene rund um die Kontaktaufnahme im Club spielen, die nicht nur für die Handlung überflüssig ist, sondern auch noch ein Paradebeispiel für die schlechte Eignung eines Opernchores als Musicalensemble darstellt. Zu behäbig und ungelenk agieren die Damen und Herren in dieser flotten Nummer. Das Orchester, geleitet von Kay Stromberg, verbreitet mit viel Elan Broadway-Flair. Der volle Klang aus dem Graben passt zu der großen Show, die auf der Bühne abläuft. Für den Schluss hat sich Baumann, der auch für das detailverliebte, wirklich schöne Bühnenbild verantwortlich ist, etwas Besonderes einfallen lassen: Sally wird auf der Hebebühne hochgefahren, die am Ende des ersten Akts schon Ernst Ludwig getragen hat. Unter den Clubgästen befinden sich viele uniformierte Nazis, die sich mit dem Hitler-Gruß zu Sally wenden, während diese noch einmal "Life is a cabaret" anstimmt. Eine Textzeile, die dabei einen ganz bitteren Beigeschmack erhält.
(Text: mr)

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Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 9 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    12051 ganz toll
31.12.2009 - tolle choreografie, darsteller, bühnenbild und musik. ein must für fans

maxim
    18253 tolle stimmung
10.03.2007 - war wie immer eine tolle stimmung

shadow
    17820 Begeisterung pur
19.02.2007 - habe die show am 16.02.2007 gesehen und davor schon zweimal. Ich bin total begeistert von der Inzenierung. und werde sie mir noch öfters ansehen.

ein kitkat girl
    17778 Nicht sehr rund!
18.02.2007 - In machnchenn Szene hätte Herr Baumann etwas anders besetzen müssen. Find Björn Chr. nicht die Ideale Besetzung. Aber das ist geschmacksache

Petra
    17772 immer wieder toll
18.02.2007 - ich hab cabaret am 16.02.07 gesehen und war wieder begeistert von der musik und vor allem von den Darstellern (besonders von Böjrn Christian Kuhn). Er hat eine fantastische Stimme und sein Schauspiel ist immer wieder erfrischend.kann ich nur weiter empfehlen

shadow
    11022 Tolle Unterhaltung mit Tiefgang
02.03.2006 - Ich habe die Vorstellung am 1.3.06 gesehen und war ehrlich begeistert. Selten habe ich erlebt, daß es einem Regisseur und seinen Darstellern so gut gelungen ist, einen Abend so kurzweilig und inhaltlich wichtig zu gestalten. Viele Szenen gehen direkt unter die Haut (Cabaret und Maybe this time von Sally Bowles und die Szenen von Herrn Schulz und Frl. Schneider) und mehr als einmal blieb mir das Lachen im Hals stecken (großartig: Das Lied mit dem Affen des Conférenciers). Anrührend und sehr überzeugend die offensichtlichen "alten Hasen" Gabriele Bernsdorf und Horst Köhler, eiskalt und dabei erstaunlicherweise nie wirklich unsympathisch werdend der Ernst Ludwig von Gerd Vogel. Tobias Schulze ist ein sehr guter Schauspieler und schafft es deshalb, die Rolle des Cliff viel interessanter zu machen, als sie in den meisten Produktionen erscheint, er ist ein wirklicher Gegenpart zu Sally Bowles. Charlotte Heinke ist zum Glück nicht noch ein Liza Minelli-Verschnitt, sondern schafft es, Sally Bowles als einen Menschen zu zeigen, der bei aller Oberflächlichkeit ihres Jobs dem Lebensglück nachjagt und an den Umständen und der eigenen Persönlichkeit scheitert. Dazu bewegt sie sich mühelos und hat eine tolle, eindrucksvolle Stimme. Last but not least der Conférencier:
Elegant, charmant, bösartig, aber auch verletzlich und angreifbar - ein Showprofi, der weiß, daß er auf dem Vulkan tanzt. Björn Christian Kuhn geht hervorragend mit seiner (sogar schönen) Stimme um, zeigt viele Farben, ist ein guter Tänzer und sehr präsent - wirklich toll!
Insgesamt ein Abend, den ich in einer Stadt wie Halle nicht erwartet hätte und der auch eine weite Anreise lohnt: Hingehen!

Bernhard
    11004 Tolle Show!
01.03.2006 - sehr schöne Inszenierung! tolle Darsteller!

Steffi
    10975 Unbedingt anschauen! Toll!
28.02.2006 - Ich kann nur sagen: Danke, Helmut Baumann!
Einmal wegen seiner so imposanten Inszenierung.Und natürlich wegen des hervorragend ausgesuchten Ensembles.
Allen voran für mich wieder Charlotte Heinke, die mich schon in "Die letzten fünf Jahre" begeisterte.Was sie der Rolle der Sally für ein neues, frisches Gesicht gibt ist bemerkenswert.Und wenn sie dann noch "Maybe this time" singt, kriege ich sofort Gänsehaut.Und die Entwicklung, die ihre Figur erfährt, ist ganz klar zu sehen.Von der überdrehten, aufgesetzten Barsängerin zur doch so zerbrechlichen jungen Frau, die gescheitert ist.Und das jeweils eingerahmt von dem Song "Mein Herr".Den sie am Anfang als Shownummer auf Englisch und am Ende, nach der Abtreibung nochmal aus der Szene kommend, auf deutsch singt.Auch das toll ausgedacht von Herrn Baumann.
Aber auch die anderen Darsteller dürfen nicht unbenannt bleiben.Tobias Schulze, der als Cliff einen wunderbaren Gegenpart bildet.Und von dessen schauspielerischem Können, sich so mancher eine Scheibe abschneiden könnte.Die beiden zusammen sind ein herrliches Bühnenpaar.
Björn Chr.Kuhn ist ein sehr charismatischer Conferencier.Man kann jetzt schon sehen, was er noch aus der Rolle rausholen wird, wenn er sich richtig frei gespielt hat.
Das das ältere Paar Eindruck hinteläßt war zu erwarten. Denn sowohl Gabriele Bernstorf, als auch Horst Krüger sind alte Hasen in ihrem Fach und haben noch nie enttäuscht.Also, alles in allem ein toller Abend mit endlich mal wieder durch die Bank weg tollen Darstellern.Unbedingt anschauen!

Christie
    10920 Nicht ganz rund
26.02.2006 - Leider ist das für meinen Geschmack einfach nicht die gelungenste Inszenierung von Helmut Baumann.
Das ist äußerst schade, denn diesmal stimmt auch die Besetzung zum Teil nicht. Charlotte Heinke ist eine tolle Sängerin, aber nicht die verruchte Sally Bowles. Sie wirkt im ersten Satz ziemlich aufgesetzt. Erst im zweiten Akt nach der Abtreibung gelingt ihr ein glaubwürdiges Portrait.
Gesanglich kann sie wie gewohnt aus den Vollen schöpfen.
Leider läßt Baumann sie nicht Don`t tell Mama singen. Dafür zweimal Mein Herr.
Leider ist auch der Conferencier mit Björn Chr. Kuhn nicht ideal besetzt. Zwar stimmlich überzeugend ist er schauspielerisch nicht präsent genug.
Sehr glaubwürdig und ergreifend sind Gabriele Bernsdorf und Horst Krüger als Frl. Schneider und Herr Schulz. Sie sorgen für die ergreifenden Momente. Stimmlich und schauspielerisch sehr überzeugend.
Rollendeckend sind Tobias Schulze als Cliff und besonders Gerd Vogel als Ernst.
Bühnenbild und Kostüme sind gut.
Die Produktion im St.-Pauli-Theater Hamburg 2005 gefiel mir besser.

Hardy 
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