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 Klassiker
Cats Auf auf hinauf über's Russel Hotel
© Thunerseespiele
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Kim Duddys Schweizer Neuinszenierung des Musicals "Cats" bei den Thunerseespielen überzeugt durch eine feine Rollenzeichnung der Charaktere. Es steht ein spielfreudiger, tänzerisch starker und gesanglich hochstehender Cast auf der Bühne. Die Musik und der Ton sind auch dieses Jahr wieder ein Hochgenuss.
(Text: Simone Jaccout) Premiere: | | 12.07.2017 | Rezensierte Vorstellung: | | 15.07.2017 | Letzte bekannte Aufführung: | | 24.08.2017 |
Zum Ende der Inszenierung sitzt der in die Jahre gekommene Theaterkater Gus (Yngve Gasoy Romdal) aufgeregt und bescheiden wartend am Bühnenrand. Er scheint gespannt, ob ihm der Weg in den Katzenhimmel in diesem Jahr vergönnt wird. Solche kleinen und kostbaren Momente sind während der gesamten Inszenierung zu entdecken. Das Stück trägt Kim Duddys Handschrift, sich auf intensive Rollenstudien und die Entwicklung der Charaktere zu konzentrieren. So ist in Thun eine äußerst authentische und homogen aufspielende Katzengruppe zu sehen. Duddy gibt dem gesamten Ensemble viel Spielraum Geschichten zu entwickeln und nutzt oft den Kontakt zum Publikum. Alle Hauptrollen außer Grizabella sind durchgängig auf der Bühne zu sehen. Dies lässt der Entwicklung der Rollen viel Raum. Dementsprechend kann man unter anderem die aufkeimende Freundschaft zwischen Munkustrap (Philipp Hägeli) und Rum Tum Tugger (Chadi Yakoub), den beiden Alphatieren der Gruppe, beobachten.
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Duddy ist ebenfalls für die Neuausrichtung der Choreografie verantwortlich. Sie löst das Unterfangen, eine große Seebühne zu füllen, bravourös. Sie nutzt die gewohnten und charakteristischen Katzenbewegungen der einzelnen Rollen und verknüpft diese mit Sprungelementen, auf mehreren Trampolins und modernen Gesamtchoreografien und lässt die Katzen auf vielen verschiedenen Ebenen agieren. Der Jellicle Ball besticht auch in Thun mit der überbordenden Energie des Originals.
Das Bühnenbild von Walter Vogelweider zeigt einen in die Jahre gekommenen Freizeitpark, auf welchem sich die Protagonisten auf verschiebbaren Podesten, Kletterstangen, Autoscootern, Reifen und alten Verstärkern austoben können. In Thun sind drei Akrobaten (u.a. der Kunsturner Lucas Fischer, der sich sehr gut integriert) in die Show eingebaut. Einerseits ermöglicht dies eine weitere Ebene und passt zur Thematik Rummelplatz. Andererseits kann es für "Cats"-Kenner verwirrend sein, dass die Rolle des Mr. Mistoffelees vom dem androgyn anmutenden Akrobaten und Tänzer Dmytro Karpenko interpretiert wird und der Part anstelle einer Tanzchoreografie mit einer Schlangenmenschdarbietung ersetzt wird. Es wird zu wenig klar, dass dies der Zauber-Kater ist, und nimmt einem der Showstopper der Inszenierung an Dynamik.
Die Kostüme von Monika Buttinger sowie die Perücken und das Make-Up von Ronald Fahm sind sehr stimmig umgesetzt. Man erkennt die einzelnen Rollen äußerst gut, da gewohnte Attribute wie die Weste bei Skimbleshanks oder die Strapse bei Demeter verwendet und mit einem modernen, frechen Look verbunden werden. Alt Deuteronimus bekommt ein Kostüm, das einem Oberhaupt gebührt: Es erinnert einerseits an einen Löwenkönig und in der Hand hält er einen Stab, der an Gandalf (Herr der Ringe) angelehnt ist.
Musikalisch ist die Inszenierung ein Hochgenuss. Das 21 Musiker starke Orchester unter der Leitung von Iwan Wassilevski spielt versiert und begeisternd auf. Die Mischung des Tons (Thomas Strebel) und das Verwenden einer Tontechnik, bei der die Darsteller dort zu hören sind, wo sie agieren, ist unbezahlbar. Der Text ist durchgängig gut verständlich.
Für "Cats" wurde eine gute Mischung aus erfahrenen Darstellern und jungen Talenten gecastet. Außerdem zahlt sich die intensive Arbeit mit dem Chor im darstellerischen Bereich aus. Kim Duddy stellt vier Katzen in den Mittelpunkt, die Katzengruppe und Handlungsfäden zusammenhalten. Yngve Gasoy Romdal als Gus/Bustoper Jones erhält deshalb eine tragende Rolle. Stimmlich überzeugend zieht Yngve Gasoy Romdal mit feinem, augenzwinkernden Humor tatterig, jedoch voller Tatendrang über die Bühne. Ein liebenswerter Kauz, der zum Publikumsliebling avanciert.
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Der versierte Philipp Hägeli besitzt eine eindrückliche Bühnenpräsenz und zeigt einen auf den Punkt agierenden Munkustrap. Stimmlich sehr kraftvoll und tänzerisch brillant ist es eine Freude ihm zuzuschauen. Auch der Newcomer Chadi Yakoub ist ein Glücksgriff: Quirlig, flitzend, kokettierend ohne je an Dynamik zu verlieren füllt er als Rum Tum Tugger die Seebühne und bleibt nachhaltig in Erinnerung.
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Frank Logemann zeigt einen stolzen und präsenten Alt Deuteronimus. Seine Stimme ist sonor und die Intonation beeindruckend. Kerstin Ibald als Grizabella überzeugt mit ihrer warmen, weichen aber dennoch kraftvollen Stimme. Ihr berührendes Spiel lädt dazu ein, mit ihr mitzufühlen. Ein schöner Moment ist die Erinnerung an Grizabellas Zeit als junge Katze. Dieser wird im Zusammenspiel mit Anastasia Bertinshaw als Tanzduett interpretiert.
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Die Inszenierung begeistert und überzeugt insbesondere durch die Homogenität der Katzengruppe und das authentische interagieren. Es ist lohnenswert, auf viel Brimborium zu verzichten und Cast wie Publikum Raum zu geben, sich auf die Erzählung einzulassen – so entsteht berührendes Theater. Sonach steigt die auserwählte Grizabella in eine schlichte, alte Tonne und fährt gen Katzenhimmel. Diese Einfachheit und die Konzentration auf die Figur besticht. Gus der Theaterkater indessen freut sich mit ihr und denkt: Vielleicht bin ich beim nächsten Jellicle Ball an der Reihe.
(Text: Simone Jaccoud) 
Kreativteam
Besetzung

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| Handlung | Einmal in jedem Jahr findet sich die Gemeinschaft der Katzen zum Jellicle-Ball auf einer Müllkippe in London zusammen, um eine Katze zu erwählen, die ein neues Leben erhalten soll. mehr Der weise Alt-Deutoronimus soll bestimmen, welche Katze es verdient hat, wiedergeboren zu werden. Die Lebensgeschichten der Katzen werden erzählt, unterbrochen durch die Entführung von Alt-Deutoronimus, den sie aus den Klauen des gefährlichen Gangsters Macavity befreien müssen. Am Ende trifft die Wahl des Alten die ausgestoßene Katze Grizabella.
| Weitere Infos | Auch die Interpretation des zentralen Songs "Memory" durch Barbra Streisand wurde ein Welterfolg. Mit "Cats"-Produktionen in Wien und Hamburg begann Mitte der achtziger Jahre die Geschichte des kommerziellen Ensuite-Musicals im deutschsprachigen Raum.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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