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 Klassiker
Evita (2016/17) Das Handwerk des Möglichen
© t&w /Andreas Tamme
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"Evita" gehört zu den meistgespielten Stücken an deutschen Stadttheatern – Regisseur Wolfgang Dosch versucht, dem Lloyd-Webber-Klassiker seinen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Dabei herausgekommen ist eine temporeiche Variante der bekannten Geschichte über das Leben und Sterben der argentinischen Präsidentengattin, die mit guten Einfällen aufwartet, aber nicht immer überzeugt.
(Text: Diana Breitkreuz) Premiere: | | 12.11.2016 | Rezensierte Vorstellung: | | 12.11.2016 | Letzte bekannte Aufführung: | | 12.05.2017 |
Das bekannte Szenenbild mit der im Sarg aufgebahrten Evita Péron, umringt von den trauernden Argentiniern, sowie Che im typischen Armeeanzug mit Baskenmütze lassen bereits zu Beginn erahnen, dass das Stück in Lüneburg nicht völlig neu konzipiert wurde. Innovativ ist jedoch die stark gekürzte, schnelle Szenenfolge: In rasantem Tempo läuft das frühe Leben der jungen Eva vor den Augen des Publikums vorbei – und eh man sich versieht, hat sich die ehemals einfach lebende Eva Duarte aus einem Heer an einflussreichen Männern den für ihre Zwecke richtigen Partner, Argentiniens zukünftigen Präsidenten Juan Péron, herausgesucht. Dieser Regieeinfall ist jedoch nur partiell geglückt, sind die Kürzungen doch oft an den falschen Stellen gesetzt. Besonders auffällig ist dies in den Szenen, in denen Eva Duarte dem Tangosänger AugustÃn Magaldi begegnet, der sie nach Buenos Aires bringt. Es wird nicht mehr deutlich, warum einige Personen in Duartes Umfeld Magaldi sogar mit Waffen bedrohen, als sie mit ihm geht. Dass es sich hier z.B. um Evas Geschwister handelt, wird stückunkundigen Zuschauern nicht klar.
An das Tempo der rasanten Regie kommt das Orchester unter der musikalischen Leitung von Robin Davis nicht heran. Die Musik lässt des Öfteren schmerzlich den Schwung und die Kraft vermissen, die man mit Südamerika verbindet und plätschert nur gemächlich vor sich hin. Auch Evitas Glanznummer "Wein' nicht um mich, Argentinien" wird so nicht das erwartete Highlight des Abends. An reiner Lautstärke mangelt es jedoch nicht, übertönt das Orchester leider häufig die durchweg gut besetzten Darsteller.
Das Bühnenbild von Barbara Bloch wartet nicht mit Masse auf, besticht aber durch Klasse. Ein einzelnes Element, änderbar mit wenigen Handgriffen, dient mal als Podest, dann wieder als Tisch, Bartresen oder sogar Bahre für die tote Evita. Wohldurchdachte Lichteffekte von Dirk Glowalla machen die jeweiligen Szenen- und Stimmungswechsel perfekt.
Die Choreographie von Olaf Schmidt sorgt für dem südamerikanischen Flair angepasste Stimmung, hält sich jedoch nicht stringent an die argentinische Tangokultur. Es verirrt sich so auch schon mal ein brasilianischer Sambatänzer in Eva Duartes Jugenddorf. Darüber hinweg trösten jedoch die beiden Tangosolisten, die geschickt in einigen der Szenen eingesetzt werden.
Die Hauptrollen in der Lüneburger Evita-Produktion sind durchweg gut und passend besetzt. Dorothea Maria Müller spielt die Evita gekonnt zickig und zeigt geschickt die Wandlung vom einfachen Mädchen zur großen Diva. In der Rolle des Che ist Philipp Hägeli als Erzähler der Geschichte in dieser Inszenierung beinahe in jeder Szene auf der Bühne anwesend. Mit Charme, guter Stimme und dem nötigen Humor führt er durch die Handlung. Ulrich Kratz singt den Péron mit gefühlvoller Stimme.
Mit "Du nimmst den Koffer wieder in die Hand" hat Sarah Hanikel als Pérons Geliebte den berührendsten Auftritt des Abends und erhält nicht umsonst großen Szenenapplaus.
Die alles in allem kurzweilige Inszenierung wird am gelungenen Premierenabend vom Publikum mit stehenden Ovationen gefeiert.
(Text: Diana Breitkreuz)

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Besetzung
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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