© Sven Darmer
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THE ONE (2016 - 2018)
Friedrichstadt-Palast, Berlin

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Wenn ein bekannter Modedesigner wie Jean Paul Gaultier eine extravagantes, sehr sehenswertes Kostümbild entwirft, dann bedeutet das noch lange nicht eine ebenso sehenswerte Revue. Roland Welkes inhaltsloses Showkonzept enttäuscht ebenso wie die völlig belanglose Musik. Pluspunkte sind hingegen Ballett und Artistik.

Roman Lob rennt. Der stimmlich recht schwache Gesangssolist bewegt sich zunächst mit dem Rücken zum Publikum gewandt auf einem Laufband, das sich in Zeitlupengeschwindigkeit so lange nach links dreht, bis er frontal ins Auditorium zu laufen scheint. Der junge Mann in Lederjacke und Schottenrock nimmt alle mit auf eine Reise in eine bizarre Welt, die ihn am Ende der Show wieder zurück auf die Techno-Party der Anfangsszene führt. Wird der halluzinatorische Albtraum von sinneserweiternden Substanzen herbeigeführt, die er in der Party-Location konsumiert hat?

Das bleibt das Geheimnis von Roland Welke (Showkonzept, Bühnenbildidee und Inszenierung), der aus diesem dramaturgischen Handlungs-Nichts heraus scheinbar wahllos große Bilder im bombastischen Lichtdesign (Peter Morse) aneinanderreiht. Sehr gelungen ist dabei die Wiederauferstehung der Tingeltangel-Welt mit Artisten, Revue-Girls und körperlichen Absonderheiten wie Frauen mit drei Köpfen oder sechs Beinen. Mittendrin Brigitte Oelke als stimmgewaltige, alternde Prinzipalin, die als eine Art mahnende, gute Fee immer wieder durch die Traumbilder geistert. Nach der Pause hat sie mit “Warte nicht” den einzigen Song der Show, der sich annähernd im Gehörgang festsetzen kann.

Ein Armutszeugnis für fünf Komponisten (Daniel Behrens, Christian Lohr, Gregor Meyle, Maya Singh, KT Kunstall), denen kaum mehr eingefallen ist, als hämmernde Akkorde zu einem sehr techno-lastigen Soundtrack zu verweben. Im Sounddesign von Cedric Beatty durchwummert diese elektronisch klingende Gebrauchsmusik mit wenig Anspruch auf harmonische Melodienführung die Show. Da ist es schon eine kleine Überraschung, dass zum Schlussapplaus aus der hintersten Bühnenecke immerhin etwa fünfzehn Musiker der Showband unter der Leitung von Daniel Behrens ins Publikum winken.

Das abbruchreife Revuetheater, in dem die Techno-Party der Rahmenhandlung steigt, deuten kuppelartige Projektionsflächen an (Szenenbild: Jan Wünsche; Videodesign: Marc Vidal). Mit Ausnahme einer rollenden Show-Treppe aus ineinander verschlungenen Podesten und einem Vorhang, der sich aus Sandkörnern auf die Hinterbühne ergießt, bleibt der riesengroße Raum jedoch oft leer und wirkt etwas trostlos. Der Grund dafür offenbart sich erst nach der Pause, wenn sich der Boden für einen funkelnden See mit dahingleitenden Spielflächen öffnet. Hierauf zeigen Tänzerinnen und Tänzer in Neopron-Anzügen und mit Flossen eine aberwitzige Choreografie.

Es ist ohnehin diese brillante und sehr exakt tanzende Ballett-Compagnie, die “THE ONE” trägt. Höhepunkt der von fünf Choreografen (Maguerite Donlon, Brian Friedman, Alexandra Georgieva, Craig Revel Horwood, Ronald Savkoviæ) erdachten Showtänze ist das Markenzeichen des Hauses – seine Girlreihe. Die 32 Damen bewegen sich perfekt in immer neuen lasziven Formationen und recht extravaganten Schrittfolgen. Das Publikum feiert diese Leistung in der Premiere zu Recht mit langanhaltendem Beifall und Bravorufen. Ebenso großen Jubel heimst der rasante Trapez-Akt von Ruslana und Taisiya Bazaliy ein, der vielen im Zuschauerraum den Atem stocken lässt.

Der wahre Hauptakteur von “THE ONE” ist jedoch Jean Paul Gaultiers Kostümbild. Die Techno-Party wird so zu einem einzigen Farbenrausch – wie ein zum Leben erwecktes, buntes Tattoo. Neben viel Federn, Pompon-Perücken, Netzstrümpfen, Lack-Fetischmode und fast blanken Busen gibt es auch die für Gaultier so berühmten Kegelbustiers und Matrosenlooks zu bewundern. In seine skurrile Ausstattung verirren sich aber auch hochschwangere Mutantinnen oder ein hellblauer Rüde mit einem überdimensionalen Geschlechtsteil. Geschmacklich sicher grenzwertig – aber thematisch nicht unpassend für den in der Revue gezeigten Albtraum.

Optisch geht die Show aufs Ganze und gibt Vollgas. Inhaltlich und musikalisch bleibt sie jedoch weit hinter den Erwartungen.

 
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KREATIVTEAM
Showkonzept, Bühnenbildidee und InszenierungRoland Welke
Musikalische LeitungDaniel Behrens
Valentin Kunert
Detlef Klemm
KompositionDaniel Behrens
Christian Lohr
Gregor Meyle
Maya Singh
KT Tunstall
ArrangementsRobin Hoffmann
TexteGregor Meyle
Kevin Schroeder
Maya Singh
KT Tunstall
KostümbildJean Paul Gaultier
SzenenbildJan Wünsche
Entwicklung BühnenbildStage One
Sound DesignCedric Beatty
ChoreografieMaguerite Donlon
Brian Friedman
Alexandra Georgieva
Craig Revel Horwood
Ronald Savkoviæ
Choreografen "Les Farfadais"Stéphane Haffner
Emiliano Simeoni
LichtdesignPeter Morse
VideodesignMarc Vidal
 
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CAST (AKTUELL)
GesangssolistinBrigitte Oelke,
(Maike Katrin Merkel)
GesangssolistRoman Lob,
(Robert Johansson)
SängerinnenKediesha Mc Pherson
Maike Katrin Merkel
Artisten
Cyr WheelNora Zoller
Tuch ArtistikAnastasia Makeeva
Duo TrapezRuslana
Taisiya Bazaliy
LuftakrobatikLes Farfadais
SchwungtrapezDarya Vintilova
FeuersolistSteve Joshua Dyffort
Volker Maria Maier
 
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CAST (HISTORY)
Artisten
Cyr Wheel & Tuch ArtistikValérie Inertie
Duo TrapezRuslana
Taisiya Bazaliy
Luft-, Stelzen- FeuerartistikLes Farfadais
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 22.09.2016 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
Sa, 24.09.2016 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
So, 25.09.2016 15:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
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