 Klassiker
My Fair Lady Es grünt so grün...
© Stephan Walzl
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Klassisch, aber ganz und gar nicht verstaubt kommt Cusch Jungs "My Fair Lady" am Pfalztheater Kaiserlautern daher. Den nahezu totgespielten Klassiker entstaubt der Regisseur durch exzellentes Timing und eine großartige Besetzung. Julia Klotz, Gewinnerin des Deutschen Musical-Theater-Preises 2015, spielt eine facettenreiche und urkomische Eliza.
(Text: krd) Premiere: | | 31.10.2015 | Rezensierte Vorstellung: | | 07.11.2015 | Letzte bekannte Aufführung: | | 08.06.2017 |
Ein Gespenst geht um in den deutschen Stadttheatern – so denkt man hin und wieder, wenn man den Titel "My Fair Lady" auf den Spielplänen prangen sieht. Die Geschichte des Londoner Blumenmädchens, das durch Sprachtraining zur Dame der gehobenen Gesellschaft wird, sorgt für eine gute Auslastung an den Theaterkassen. Eine harmlose Romantikkomödie mit zahlreichen Evergreens – zuverlässig, aber spannend ist anders.
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Wem diese Gedanken durch den Kopf gehen, der kann sich am Pfalztheater Kaiserslautern eines Besseren belehren lassen. Cusch Jung, der an diesem Haus seine Karriere begann, inszeniert die neue Kaiserslauterner "My Fair Lady" nicht nur, er übernimmt zudem alternierend die Rolle des Professor Higgins.
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Christoph Weyers' Drehbühne, die größere Bildwechsel unnötig macht, erinnert in ihrer schlichten Eleganz an die Glas-Stahl-Konstruktionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts – ein direkter Bezug auf die Floral Hall des Londoner Royal Opera House, vor dem die erste Szene spielt. Im Gegensatz dazu sind die Kostüme von Sven Bindseil eine üppige Augenweide mit Strass und Federn und setzen die Darsteller gekonnt in Szene. Dass Cusch, langjähriges Ensemble-Mitglied des Berliner Theaters des Westens, sein Augenmerk vor allem auf den Text und die Darsteller lenkt, ist zu keinem Augenblick des Stückes zu übersehen. Wie aus der Pistole schießen den Zuschauern die Pointen um die Ohren, immer wieder streut er kleinere Zoten und bekannte Zitate, etwa Loriots "Ja, wo laufen sie denn?" beim Pferderennen in Ascot, ein. Zum besonderen Höhepunkt werden die Schlagabtausche während Elizas Artikulationsübungen, nicht zuletzt wegen der brillanten Hauptdarsteller.
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Julia Klotz, die erst kürzlich für ihre Madame de Tourvel in "Gefährliche Liebschaften" als beste Darstellerin mit dem Deutschen Musical Theater Preis 2015 ausgezeichnet wurde, gibt eine rundum überzeugende Eliza Doolittle. Klotz meistert in breitestem Berlinerisch und mit schroff-trampeliger Art das ungebildete Blumenmädchen ebenso wie die zartgliedrige Fürstin des Botschafterballs. Mit klassischer Sopranstimme macht sich Klotz das berühmte "Ich hätt' getanzt heut Nacht" ebenso zu eigen wie das trotzige "Tu's doch". Lediglich die erste Nummer "Wäre det nich wundascheen" würde man sich weniger perfekt intoniert wünschen.
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Jan Henning Kraus, der alternierend mit Cusch Jung den Henry Higgins oder Oberst Pickering gibt, sorgte am Abend des Besuchs als Higgins für einige angenehme darstellerische Überraschungen. Den Linguistikprofessor und überzeugten Junggesellen legt Kraus sehr jungenhaft an. Sein Zusammenspiel zwischen Kraus und Klotz wird zu einem grandiosen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Auch mit dem gewohnten Sprechgesang bricht Kraus weitestgehend und ringt mit angenehm sanfter Stimme seinen Soli neue Aspekte ab.
Im ausgezeichneten Ensemble fallen Alexis Wagner als lustvoller Oberst Pickering, Adrienn Čunka als bieder-liebevolle Mrs. Pearce und Daniel Kim als schwärmerisch-lyrischer Freddy Eynsford-Hill positiv auf. Lediglich Thomas Kollhoff fällt es schwer, als Alfred P. Doolittle einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
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Ein fulminanter Theaterabend geht zu Ende, wenn Eliza in Begleitung von Freddy in Higgins' Bibliothek zurückkehrt. Regisseur Cusch Jung lässt offen, welchen der beiden Männer seine Eliza letztlich wählen wird - vielleicht in Anlehnung an die Vorlage "Pygmalion" von George Bernard Shaw, wo Eliza schlussendlich Freddy heiratet. Diese "My Fair Lady" liefert den Beweis, dass selbst ein in die Jahre gekommener Klassiker durch solides Regiehandwerk und ein spielfreudiges Ensemble so jung und frech wirken kann wie am ersten Tag.
(Text: Dominic Konrad) 
Verwandte Themen: Produktion: My Fair Lady (Wuppertaler Bühnen Wuppertal)
Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    31118 großartige Vorstellung
11.06.2016 - Habe letzte Woche eine großartige Vorstellung von der Kaiserslauterer "My fair Lady" gesehen.
Vor allem Cusch Jung als Higgins überzeugt restlos. Man merkt, dass er auch die Inszenierung gemacht hat, denn das perfektes Timing war deutlich spürbar. Zudem sehr gute Ideen und hervorragende Darsteller.
Wirklich zu empfehlen!

Musette (5 Bewertungen, ∅ 4.6 Sterne)
    30913 Absolut Perfekt!
01.11.2015 - Gestern hatte im Pfalztheater Kaiserslautern die My Fair Lady Premiere. Die Inszenierung war in jeder Hinsicht perfekt. Von den Hauptdarstellern Cusch Jung und Jilia Klotz (sie springt für die erkrankte Nadine Eisenhardt ein), über Jan Henning Kraus als Pickering über Thomas Kohlhoff als Alfred P. Doolittle und über die Mrs. Pearce, Adrienn Čunka. Bis in die kleinste Nebenrolle funktionierte es perfekt. Es war darstellerisch, gesanglich und vom timing absolut hochwertig. Das Orchester eine wahre Freude.
Das man ein Aluminium Gerüst in Bögen und Türen auf der Drehbühne so gut in Szene setzen kann, hatte ich nicht erwartet. Durch die Ausleuchtung stimmte einfach Alles. Auch der etwas problematischere zweite Akt war unterhaltsam und gelungen.
Die Kostüme waren eine wahre Pracht und natürlich auch die Hüte in der Escot Szene. Sehr lange schon keine so gut ausgestattete Inszenierung gesehen!

TazMA (29 Bewertungen, ∅ 3.8 Sterne) 
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