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 Wildhorn-Musical
Artus Excalibur Die Legende auf der Musical-Bühne
© Holger Bulk
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"Artus-Excalibur" zum ersten Mal in Deutschland, zum ersten Mal auf der großen Freilichtbühne. Und da passt die Wildhorn’sche Musical-Vision der Artus-Sage auch verdammt gut hin. Ein Festspielerlebnis, das Spaß macht und unter die Haut geht!
(Text: Silke Milpauer) Premiere: | | 18.06.2016 | Rezensierte Vorstellung: | | 18.06.2016 | Letzte bekannte Aufführung: | | 28.08.2016 |
Das Geräusch aufeinandertreffender Schwertklingen erfüllt die kühle Nachtluft. Zwei feindliche Heere treffen aufeinander, es wird erbittert gekämpft. Den Zuschauern stockt der Atem. Man weiß kaum, wohin man als erstes schauen soll. Dann verlangsamt sich das Tempo; wir sehen die Kampfszenen in Zeitlupe. Menschen fallen und bleiben reglos am Boden liegen. Zurück bleiben Tod, Trauer und Entsetzen. Nebel zieht auf und lässt die Burgruine im Hintergrund nur noch schemenhaft erahnen. Zeitgleich erklingen mystische irisch-keltische Klänge - die ersten Töne von "Das Feld der Ehre." Ein perfekter Gänsehautmoment, der den atmosphärischen Grundstein für den weiteren Verlauf der Handlung legt.
© Holger Bulk
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Emotional wie visuell nachhaltig wirkende, machtvolle Bilder, die immer wieder für Faszination sorgen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Inszenierung. Das macht es schwer, Highlights zu benennen. Freunde von Tecklenburgs Spezialität – nämlich gekonnt in Szene gesetzte Massenszenen – kommen ebenso auf ihre Kosten wie Fans der ruhigeren, weniger actionreichen Momente.
© Heiner Schäffer
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Immer deutlich erkennbar: Die perfekte Verzahnung von Bühnenbild, Kostümen, Choreografie, Lichtdesign, Gesang und Darstellung. Regisseur Ulrich Wiggers hat sich mit großem Erfolg des Stückes angenommen, dessen Umsetzung gewiss kein Zuckerschlecken war. Die Vorlage hat einige Längen, viel Pathos und teilweise sehr kurz geratene Szenen, die es schwermachen, die Motive und Charakterzüge der Figuren glaubwürdig herauszustellen. Da bedarf es einer guten Personenregie und viel Gespür für richtiges Timing sowie für die Farbnuancen zwischen schwarz und weiß.
© Stefan Grothus
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Wiggers hat diese Aufgabe mit Bravour bewältigt und gemeinsam mit seinem Kreativteam eine Produktion auf die Beine gestellt, die mit der St. Gallener Urfassung nicht mehr viel gemeinsam hat. So hat er langatmige Sequenzen rigoros gekürzt, Szenen umgestellt und für flüssigere Übergänge gesorgt. Davon profitiert vor allem der Prolog und auch der zweite Akt. Obwohl Einiges natürlich nach wie vor kitschig daherkommt (wie etwa Artus‘ schriftliche Liebesschwüre an Guinevere), ist eine erhebliche Portion Pathos verschwunden. Nun kann das Publikum auch viel besser nachvollziehen, was die Charaktere um- und antreibt. Sie wirken dadurch viel lebendiger, haben Ecken und Kanten. Besonders deutlich wird das bei den beiden mystischen Figuren des Stücks, Merlin und Morgana. Es ist auch dieser feinfühligen Personenregie zu verdanken, dass die Solo-Momente genauso fesseln wie die Massenszenen.
© Holger Bulk
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Das Bühnenbild von Susanna Buller besticht durch eine Schlichtheit, die die Bedeutsamkeit der einzelnen Szenen nur noch besser zur Geltung bringt. Der eingeschossige Bühnenaufbau im Hintergrund wurde geschickt mit der umliegenden Burgruine verblendet und steht für Camelot; die kleine Kammer auf der Seitenbühne links stellt Loth van Orkneys Schlafgemach dar und steht damit symbolisch für dessen Reich. Die Kostüme wurden recht authentisch und mit viel Liebe zum Detail von Karin Alberti gefertigt. Sie kommen besonders gut bei der opulenten Ballszene während der Eröffnung des zweiten Aktes ("Hochzeitsgelöbnis") zur Geltung, wenn Ritter, Edelleute und einfaches Volk gemeinsam die Vermählung ihres Königs feiern.
© Stefan Grothus
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Die Kampfszenen wirken dank der aufwändigen, unter Aufsicht von Fechtmeister Klaus Figge einstudierten Schwertkämpfe verdammt realistisch und zählen zu den Höhepunkten des Stücks. Daneben gibt es aber noch viele weitere Szenen, die lange in Erinnerung bleiben und einen gewissen "Aha"-Effekt haben. "Die ruhmreiche Schlacht" beispielsweise, wo Artus unter Merlins wachsamen Auge die Ritter seiner Tafelrunde beruft. Dabei schaut er aus der ersten Etage seines Schlosses auf die unten an ihm vorbeiziehenden Männer hinab, die Konstruktionen mit sich führen, die im ersten Moment wie Schilde anmuten. Aus den vermeintlichen Schilden wird einige Momente später die Tafelrunde gebaut, alle Teile fügen sich wie ein riesiges Puzzle zusammen – raffiniert gemacht! Das Bespielen mehrerer Ebenen ermöglicht übrigens auch die Erzählung parallel verlaufener Ereignisse – etwa die Planung des Krieges nach Ectors Tod und die zeitgleichen Ereignisse um Loth und Morgana ("Morgen schon triffst du den Tod").
© Heinz Schäffer
© Heinz Schäffer
Die aufwändigste (Massen-)Szene ist wohl "Alles ist vorbei" – ein hervorragendes Beispiel dafür, wie eng auch Kostüme & Choreografie vernetzt sind: Alberti hat die Darsteller hier in eine Art Waldgeist-Kostüme gesteckt, die aus fließenden Stoffen gestaltet sind. Zusätzlich tragen die Darsteller noch Hüte, die wie Vogelköpfe aussehen, und sind mit langen Stöcken ausgestattet, an denen ebenfalls Stoff angebracht ist und die als Verlängerung der Arme dienen – so wirken die Bewegungsabläufe der Choreografie noch obskurer. Choreografin Kati Heidebrecht kann hier mit ihren ausgefallenen Ideen besonders glänzen: Morgana zwingt Artus unter zur Hilfenahme schwarzer Magie dazu, Zeuge des Betruges seiner Frau und seines besten Freundes zu werden. Das Ensemble trägt die Beiden als lebendes Bett auf die Bühne und hebt sie in eindeutige Positionen – eine echte Herausforderung in den abstrakten Kostümen! Das Stück hat an dieser Stelle den höchsten Punkt im Spannungsbogen erreicht.
© Ulrich Niedenzu
© Ulrich Niedenzu
Dass "Artus" in Tecklenburg so gut funktioniert, ist neben den oben genannten Faktoren natürlich auch der Cast zu verdanken, die besonders gut harmoniert. Jeder einzelne Darsteller ist optimal besetzt und füllt seine Rolle voll aus.
© Holger Bulk
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Armin Kahl bewältigt die Mammutrolle des König Artus ohne jede Schwierigkeit. Er überzeugt gesanglich sowie darstellerisch, vollzieht vor den Augen des Publikums den Wandel vom unfreiwilligen, von inneren Konflikten geplagten König zum souveränen, zeitweilig aber auch von Rachelust getriebenen Herrscher. Auch sein Talent fürs Komische kann er – wenn auch nur in kleinen Szenen – immer wieder zeigen.
© Stefan Grothus
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Seine Guinevere wird gespielt von Milica Jovanovic, die ebenfalls auf ganzer Linie überzeugt und viele Sympathiepunkte einheimsen kann. Mit klarer, weicher Stimme schafft sie es, selbst eher undankbare Balladen wie "Ein neuer Tag" oder "Wo ging die Liebe hin" zu echten Glanzpunkten zu machen. Besonders charmant: ihr mädchenhaft-unbeschwertes Spiel bei der Kennenlern-Szene zwischen Artus und Guinevere. Schön anzusehen und anzuhören ist das Duett "Ein wahrer Held" zwischen Kahl und Jovanovic.
© Stefan Grothus
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Kevin Tartes Merlin steht ganz in der Tradition alter Druiden, was Tarte in jeder Nuance seines Spiels verdeutlicht. Zu Beginn kommt Merlin wie ein Waldläufer daher, der stark vom Leben in der Natur geprägt ist. Er ist weise, verfügt über seherische und magische Fähigkeiten, steht aber nicht über weltlichen Dingen und verfolgt seine ganz eigene Agenda. In dem Moment wo sich sein Plan verwirklicht und er an Artus‘ Hof zu der erhofften Macht gelangt, ändert sich seine Haltung, seine Sprache und sein Äußeres. Tarte ist ein charismatischer Merlin, der mit großer Stimme beeindruckt. Besonders "Der Kreis der Menschheit" geht unter die Haut, aber auch Merlins Offenbarung über die wahre Herkunft Artus‘ zählt zu den Highlights des Stückes. Insgesamt erweist sich der Amerikaner als echter Glücksgriff für Tecklenburg.
© Holger Bulk
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Gleiches gilt für Dominik Hees, der einen wirklich großartigen Lancelot abgibt. Hees schafft es, die Facetten dieses Charakters – angefangen von dessen Mut und Loyalität bis hin zu der Pein seiner unerwiderten Liebe – glaubwürdig darzustellen. Sein Solo "Nur sie allein" meistert er wunderbar und ist ein klarer Sympathieträger, was die Gunst des Publikums an diesem Abend angeht.
© Ulrich Niedenzu
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Roberta Valentini komplettiert die Leading Cast als Morgana. Ihre Soli "Die Sünden der Väter" (das Wiggers im Gegensatz zur St. Gallener Produktion übrigens erst im zweiten Akt platziert hat und im ersten Teil durch einige Takte lediglich anklingen lässt) und "Die Rose" finden starken Zuspruch. Valentini stellt die Ambivalenz, die innere Zerrissenheit Morganas klar heraus und verdeutlicht, dass die Trennung zwischen "gut" und "böse" oft verwischt.
© Ulrich Niedenzu
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Auch Thomas Schirano als Artus' Vater Ector, Christian Schöne als durchtriebener Loth von Orkney, Thomas Hohler als Sir Gareth, Anne Welte als Mutter Oberin, Andrea Luca Cotti als Lucan und Sebastian Brandmeir als Priester fügen sich sehr gut in die Cast ein.
© Holger Bulk
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Immer ein starkes Argument für Tecklenburg: Das 26-Mann-starke Orchester unter souveräner Leitung von Tjaard Kirsch, das schon rein akustisch für ein echtes Musical-Gefühl sorgt, wie es sich dank der bedauernswerten Entwicklungen der letzten Jahre in den großen Musical-Häusern gar nicht mehr einstellt. Die wirkungsvoll eingesetzten Licht- und Nebeleffekte tun dann ihr übriges, um dem großen Musicalabend rund um die Themen Liebe und Freundschaft, Ehre und Verrat den letzten Feinschliff zu geben.
© Stefan Grothus
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Und so kann man, so langweilig es vielleicht auch sein mag, alles in allem nur das sich alljährlich wiederholende Fazit ziehen: Der Mut zur Innovation hat sich ausgezahlt. Wieder alles richtig gemacht!
(Text: Silke Milpauer)

Verwandte Themen: News: Die neue Open-Air-Saison kommt: Tecklenburg 2016 (13.07.2015) Hintergrund: Interview mit Ulrich Wiggers (12.07.2016)
Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 7 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    31193 10 Jahre Sommerbroadway - das Non Plus Ultra
20.08.2016 - 2016 jährt sich meine Tecklenburger Zeit bereits zum 10. mal - seit 10 Sommern genieße ich die schönsten Shows auf Deutschlands größter Musical-Freilichtbühne - seit "Les Miserables" hat mich hier diese Atmosphäre gepackt und dieses grandiose Gänsehautfeeling wiederholt sich Jahr um Jahr -
Dieses Jahr nun ARTUS - EXCALIBUR - von Frank Wildhorn - habe die Show bereits bei der Welturaufführung in St. Gallen gesehen und war angetan!
Dass die Tecklenburger es aber schaffen noch mal ne Schippe draufzulegen und Qualität vom allerfeinsten abliefern das hätte ich nicht gedacht -
Doch Ulrich Wiggers hat es mit seinem Ensemble und seiner Crew geschafft -,ich war an den beiden Abenden absolut geflasht von dieser Leistung
Darsteller, Bühne, Kostüme, Licht, Sound, - es hat alles mehr als 1000 Prozentig gepasst - ich konnte kein Härchen nicht mal ein klitzekleines finden was ich hier kritisch anmerken könnte - so muss Musical produziert sein - magisch, traumhaft - Größtes Kino!
Durch seine Umstellungen hat es Wiggers geschafft die Charaktere noch deutlicher herauszuarbeiten - grad die Morgana - man sieht nun verständlich und deutlich wer sie ist, warum sie so ist und versteht auch ganz gut warum sie nun so handeln muss...
Und jetzt bin ich schon bei meinen absoluten zwei Lieblingsdarstellern der Show - stimmlich und schauspielerisch mein Traumpaar:
Kevin Tarte als Merlin und Roberta Valentini als Morgana - was für Stimmen - was für ein Schauspiel - Wahnsinn!
Kevin Tarte's Stimme liebe ich - man hört ihn bei jedem Ensemblesong deutlich heraus und er spielt und singt Thomas Borchert - den Ur-Merlin locker an die Wand was Stimmstärke und Volumen betrifft...
Auch Roberta Valentini mit ihren grandiosen Glitzer-Outfits passt deutlich besser in die Rolle als damals Sabrina Weckerlin - "Alles ist vorbei" ist da auch meine Lieblings-Ensemble-Szene... Tolle "Geisterkostüme" - super wie sie am wabernden Hexenkessel steht und die Post abgeht - Wow-Effekt...
Dominik Hess als "Lancelot" gefällt mir in dieser Rolle auch besser als Mark Seibert - Sein Solo: Nur sie allein ist die Power-Gäsehaut-Ballade des Abends...
Milica als Guiniverve passt ebenfalls perfekt - wunderschöne Schauspiel- und Gesangsstärke - leider hat sie von Frank Wildhorn die schwächsten Songs bekommen...sie holt aber das allerbeste daraus heraus...
Leider muss man fast schon sagen nimmt da ARTUS für mich die blasseste Rolle ein - sein Charakter ist einfach nicht so interessant - und Armin Kahl spielt ihn toll - seine Soli "Schwert und Stein" und vor allem "Was macht einen König aus" singt er großartig -trotzdem rangiert er bei mir von allen Darstellern weiter hinten...
Der Chor der Freilichtspiele wurde exzellent eingesetzt - das Stück ARTUS passt wie angegossen auf die Burg - das Bühnenbild ist mit den Lichtinstallationen einfach nur toll sehr gute Arbeit - "Heute Nacht fängt es an" hat man immer als Ohrwurm mit dabei und "Feld der Ehre" zieht sich leitmotivisch durch die Show
"Morgen triffst du den Tod" - toll auf allen Spielebenen arrangiert - Wiggers nutzt jeden Zentimeter der Bühne um seine Protagonisten zu verteilen - super umgesetzt...
Die Kostüme sind auch wieder grandios - grad die Glitzer-Kostüme von Morgana und Guinevere finde ich stark da sie mit dem Licht und der Bühne korrespondieren und sie stechen gegenüber den Kostümen der Artus-Zeit heraus - als Farbtupfer...
Wie schon erwähnt hätte ich nicht gedacht, dass man das Produktionsniveau noch einmal toppen kann - die Freilichtspiele haben es geschafft - auch mit einem Traum-Orchester und einer Mega-Soundanlage - man versteht jedes Wort - absolutes Kompliment..
So lohnen sich jedes Jahr die ca. 700 Kilometer Reiseweg um zwei tolle Abende dieses Jahr bei "ARTUS" zu verleb...
Die Tickets für "Rebecca" und auch "Shrek" sind praktisch schon gebucht - Weitermachen - so bleibt Tecklenburg mit weitem Abstand der Sommerbroadway Deutschlands mit Top-Niveau - die STAGE unter den Freilichtbühnen da die anderen außer lauwarmem Kaffee scheinbar nix mehr hervorbringen können/wollen???

Maxim (54 Bewertungen, ∅ 4 Sterne)
    31169 Seichte Kost
06.08.2016 - Frank Wildhorn ist das McDonalds unter den Musicalkomponisten. Er produziert am Fließband wenig Gehaltvolles, das irgendwie immer gleich klingt, aber das man doch ab und zu mit Genuss konsumiert. Da ich die Freilichtbühne in Tecklenburg gerne finanziell unterstütze und ich den Mythos um König Artus immer mochte, ließ ich mich dann auch hinreißen, in diesem Sommer wieder einmal nach Tecklenburg zu fahren um Wildhorns "Artus"-Musical zu sehen. Statt jedoch das Allerbestmögliche aus einem Wildhorn-Musical herauszukitzeln, leistete sich Tecklenburg hier gleich mehrere für mich ungewohnte Patzer, die den Abend zu meinem zweitschlechtesten Erlebnis hier (nach dem noch langweiligeren Mozart) machten. Wo fangen wir an?
Die Musik ist halt typisch Wildhorn, eine Aneinanderreihung belangloser Balladen, mal Solo, mal Duett, und ein paar Ensemble-Nummern, die eigentlich gar nicht schlecht waren, wenn sie nicht durch schwülstig-pompöse Texte heruntergezogen worden wären. Wer auf Edelkitsch steht, wird hier bestens bedient. Leider hat Wildhorns Fließbandproduktion dazu geführt, dass er längst nicht mehr wirklich gelungene grandiose Musicalnummern wie "This is the moment" schreibt, sondern schnell vergessenen Durchschnitt. Lediglich eine Ballade von Lancelot im 2.Akt ging halbwegs ins Ohr.
Die Texte waren so dümmlich-schwülstig, dass ich fest überzeugt war, dass sie wieder einmal von Jack Murphy verbrochen wurden, doch dem Programmheft zufolge, zeichneten ein gewisser Robin Lerner und die deutsche Übersetzerin Nina Schneider dafür verantwortlich. Nun gut. Das Buch von Ivan Menchell hechelt durch die Artussage und hakt dabei die üblichen Versatzstücke ab vom Schwert-im-Stein über die Tafelrunde bis zur Dreiecksgeschichte Guinevere-Artus-Lancelot ab, ohne die Figuren dabei irgendwie interessant werden zu lassen. Merlin und Morgana sind die üblichen Abziehbildchen der Zauberer, Gut und Böse sind ganz klar definiert, da gibt es keine Schattierungen, keine Grautöne. Damit man die Bösen auch nur ja erkennt, tragen sie schwarzes Leder und hellblonde Perücken als wären sie Cousins der Malfoys.
Hier kommen wir dann zum zweiten Problem des Abends. Ein guter Regisseur wie seinerzeit Dietrich Hilsdorf bei Jekyll & Hyde in Bremen schafft es, Wildhorns Vorlagen in ein irgendwo doch mitreißendes Spektakel zu verwandeln, doch in Tecklenburg ging dies vollkommen daneben. Die Kampfszenen wirkten so mitreißend wie Kinder, die im Kindergarten mit Holzschwertern aufeinander einhauen, die Balladen reihten sich zusammenhanglos einander und damit's für's Publikum nicht zu langweilig wurde, stellte man den Soloisten dann ein paar Tänzer zur Seite, die aber irgendwie nichts beitrugen.
Ausgesprochen daneben auch die Kostüme der sonst so zuverlässigen Karin Alberti. Während das Ensemble und die Ritter in halbwegs realistischen mittelalterlichen Outfits steckten, glitterten Morgana und Guinevere als hätten sie sich von einer CSD-Party auf die Bühne verirrt. Die geflügten Damen wirkten, als seien sie von ihrem Hauptjob als Wagners Walküren hereingewandert. Warum viel Geld für Nonnen-Kostüme ausgegeben wurde, war mir ebenfalls schleierhaft, denn erstens trugen die vielen Nonnen absolut nichts bei, zweitens trugen Nonnen im frühen Mittelalter keine modernen Nonnengewänder. Das Geld hätte man besser in ein paar gescheite Perücken für die Ritter gesteckt. Dann lieber die Darsteller mit ihrem normalen kurzen Haar auftreten lassen als mit Machwerken, die aussahen als wäre eine Eichhörnchenfamilie auf dem Kopf verendet. Auch das Geld für das linksseitige Bühnenbild hätte getrost eingespart werden können, da etwa eine Minute der gesamten Handlung in diesem "Raum" stattfand.
Zuletzt noch ein Wort zu den Darstellern. Armin Kahl mag ein sehr solider Darsteller sein, aber ihm fehlt ganz einfach das Charisma um als Hauptdarsteller eine ganze Show zu tragen. Bei Zorro hatte ich noch gedacht, es lag einfach daran, dass er nun mal kein "Latin Lover"-Typ war, aber auch als Artus konnte er nicht fesseln und mitreißen. Ansonsten waren die Hauptrollen durchaus gut besetzt mit Dominik Hees als recht feschem Lancelot, Milica Jovanovic als zuckersüßer Guinevere und Kevin Tarte als starkem Merlin. Roberta Valentini machte das Beste aus der entsetzlich kitschigen bösen Zauberin Morgana.
Schade. Trotz aller Schwächen der Vorlage von Wildhorn hätte man mit dieser fast durchweg erstklassischen Besetzung sicher sehr viel mehr aus diesem Stück machen können, als es in Tecklenburg nun der Fall war. Angesichts der nicht aufhörenwollenden Begeisterungsstürme des Publikums schienen meine Begleitung und ich allerdings mit unserer Meinung recht alleine darzustehen. Für mich ein weiterer Beleg dafür, dass sich die deutsche Musicalszene und ich einfach zu sehr voneinander entfremdet haben.

Johnny_Depp (erste Bewertung)
    31155 Großes Kino
23.07.2016 - Kann mich meinem letzten Vorredner nicht anschließen, ich habe die Inszenierung in St. Gallen gesehen und fand sie gut, mehr aber auch nicht. Mir ist kaum etwas in Erinnerung geblieben, aber aus tecklenburg schwirren noch viele Bilder in meinem Kopf herum. Großes Ensemble, höchste Motivation des Ensembles, viele Ideen in der Dramaturgie und niemals Langatmigkeit, im Gegensatz zu St. Gallen, wo es sich sehr gezogen hat. Aber jeder hat das recht auf eine eigene Meinung, also macht sie euch selbst vor ort. das Stück hat jeden besucher verdient.

NordlichtHB (32 Bewertungen, ∅ 3 Sterne)
    31145 St. Gallen Inszenierung war besser
14.07.2016 - Wer die Weltpremiere in St. Gallen erlebt hat, wird von dieser Version total enttäuscht sein. Denn leider wurden hier zu viele Änderungen angebracht, welche zu Lasten des Zuschauers gehen. Während in St. Gallen eine erotische, sowie rachsüchtige Morgana präsentiert wurde, wird uns hier eine Hexe präsentiert, die mehr schreit als erotisch zu sein. Der Song Begehren versprühte hier keine Erotik mehr und es ist nun eher ein Streitduett. Den Song ,,Sünden der Väter" im zweiten Akt unterzubringen, nahm Morgana Ihren ersten fulminanten Auftritt. Der Prolog zu Sünden der Väter wurde leider gestrichen. Dies war für mich immer der perfekte bombastische Einstieg der Erzfeindin. Die restlichen Änderungen waren akzeptabel, teilweise eine Verbesserung, teilweise auch nicht. Wer Frank Wildhorn liebt, dem ist bewusst, dass die Songs der Antagonisten immer die Besten sind und somit empfand ich die Chance als vertan.
Das Highlight der Show sollte die Nummer ,,Alles ist Vorbei" sein, doch die tanzenden Baumgeister nahmen dem Song jeden Reiz. In vielen Szenen wurden Tänzer eingesetzt, was ich persönlich als störend empfand, den somit wurde vielen Songs die Dramatik entzogen.
Sehr gut gefallen haben mir die Darsteller. Die Kampfszenen waren grandios. Das Orchester ein Traum.
Nicht gefallen haben mir die musikalischen, sowie dramaturgischen Änderungen.
Ich bin ein absoluter Fan von Frank Wildhorn, allerdings kann ich diese Version nur an Besucher empfehlen, welche das Musical nicht in St. Gallen gesehen haben.

Curtain Call (erste Bewertung)
    31132 Unbedingt ansehen !
28.06.2016 - Auch ich schliesse mich den o.g. Bewertungen an.
Tolle Darsteller, wunderbare Musik, ein großes Orchester, fantastische Choreografien und Kampfszenen ! Ich kann das Stück jedem Musicalliebhaber uneingeschränkt empfehlen und werde es mir in Tecklenburg sicherlich noch öfter anschauen.

dolcetto (23 Bewertungen, ∅ 4 Sterne)
    31123 "Wieder alles richtig gemacht!"
22.06.2016 - Mit diesem letzten Satz aus der Rezension von Silke Milpauer ist tatsächlich alles gesagt.
Tecklenburg liefert erneut eine Weltklasse-Leistung ab.
Hervorragende Darsteller, ein wahnsinns Ensemble und Chor, sensationelle Bilder, ein äußerst klangvolles Orchester... Es stimmt einfach alles.
Auch die Änderungen in den Abläufen und der Stückabfolge tat dem Stück gut.
Und so fragt man sich erneut, was will Tecklenburg da noch besser machen und wird so wie in diesem Jahr erneut eines Besseren belehrt. An alle die können: auf nach Tecklenburg!

Pallachs (12 Bewertungen, ∅ 3.8 Sterne)
    31120 Genial
20.06.2016 - Genial, Gigantisch umschreibt dieses Stück wirklich nur kaum. Ich war auch in der Premiere und kann mich der obigen Bewertung nur anschließen.
Die Darsteller sind nicht zu toppen, Das Bühnenbild und die Kostüme gigantisch. Die Massenszenen gewaltig und sehr stark. Erwähnen möchte ich das Orchester denn das war so fantatisch und die Fülle der Musiker konnte man hören.
Das der Regen vor der Pause eingesetzt hat, hat man keinem auch nur angemerkt. Wahnsinn was ihr hier macht. Weiter so :)
Leider sind wir so weit weg und können und dieses Stück nicht mehr ansehen, alle die es können - ihr müsst da hin, was besseres werdet ihr aktuell kaum finden.

chris_ma (3 Bewertungen, ∅ 3.7 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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