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 Klassiker
Guys and Dolls Wo Männer noch Kerle und Frauen noch Puppen sind
© Paul Coltas
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Das Gute-Laune-Musical um Ganoven, Nachtclubtänzerinnen und die Heilsarmee ist bunte Unterhaltung vom Feinsten mit eingängigen Songs und perfekt servierten Pointen. Wer eine Show ohne großen Anspruch – aber auf hohem Niveau umgesetzt – sucht, ist hier genau richtig.
(Text: Ingo Göllner) Premiere: | | 06.01.2016 | Dernière: | | 21.08.2016 |
Etwas schmuddelig sind sie schon, die Fünfziger-Jahre-Werbeplakate, die – zum Fächer aufgereiht – einen Großteil des Bühnenbildes ergeben. Die Lampen, die sie umranden, spiegeln sich im polierten Boden und gaukeln Glanz und Glamour vor, den es in diesen Kreisen nicht gibt. Wir befinden uns nicht auf der schillernden Seite des Broadways, sondern auf der schäbigen – nicht bei den großen Stars, sondern bei windigen Kleinkriminellen und Nachtclubtänzerinnen, die ihre besten Tage schon hinter sich haben.
© Paul Coltas
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In einer wuseligen Tanzsequenz wird man direkt hineingeworfen in diese Welt der Leute, die ein nicht immer ganz legales Vergnügen suchen und anbieten. Vor lauter Salto- und Flick-Flack-schlagenden Männern, die quietschig kichernde Frauen beeindrucken wollen, weiß man gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll.
Furchteinflößend oder gefährlich ist hier keiner der Gauner, eher durch Unbeholfenheit sympathisch. Wie Nicely-Nicely Johnson und sein Kumpel Benny Southstreet – Gavin Spokes und Jason Pennycooke sind schon nach ihrer ersten Nummer "Fugue for Tinhorns" Publikumslieblinge, Oder ihr Chef Nathan Detroit, den Richard Kind als etwas trotteliges Schlitzohr anlegt und im Minutentakt Lacher einsammelt. Seine Verlobte – seit 14 Jahren! - ist die Nachtclubtänzerin Miss Adelaide. Samantha Spiro verkörpert sie zupackend, mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Die Rolle ist ein gefundenes Fressen für eine Komödiantin ihres Formats.
© Johan Persson
© Johan Persson
Siubhan Harrison hat die Rolle der anfangs spröden und sehr zugeknöpften Heilsarmee-Sergeantin Sarah Brown übernommen. Es ist ein großes Vergnügen zu sehen, wie Sarahs verklemmte, konservative Schutzschicht Risse bekommt und sie peu à peu Sky Mastersons gezielt eingesetztem Charme erliegt. Ihr Höhepunkt ist die Szene in Havanna, in der sie einen Cocktail nach dem anderen leert und alle Hemmungen bei einem wilden Tanz verliert.
© Johan Persson
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Oliver Tompsett fällt im Quartett der Hauptdarsteller etwas ab. Er ist gutaussehend, sympathisch, singt seine Songs makellos, aber besonders im ersten Teil ist sein Sky Masterson zu hölzern.
© Johan Persson
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Das kleine Orchester findet für Frank Loessers Partitur den richtigen Ton zwischen Swing und Schmalz, aber leider klingt es aus den Lautsprechern sehr dumpf.
Das Bühnenbild besteht aus den schon erwähnten Plakaten und einigen etwas schiefen, fahrbaren Elementen, die schnelle Szenenwechsel ermöglichen. Peter McKintosh hat sowohl Bühne als auch die Kostüme entworfen, was zusammen eine farbenfrohe, etwas unwirkliche und comicartige Einheit bildet.
Die Inszenierung setzt auf Tempo ohne in Hektik zu verfallen. Regisseur Gordon Greenberg hat ein sehr gutes Gefühl für Pointen und die szenische Umsetzung der Songs. Herz des Abends ist aber die Choreographie von Carlos Agosta und Andrew Wright. Voller Energie greift hier eins ins andere, werden akrobatische Sprünge in natürliche Abläufe eingebaut, dazu eine Prise Slapstick – einfach grandios! Das "Crapshooters Ballet" mit einem hervorragend tanzenden Ensemble und direkt im Anschluss das spannungsgeladene "Luck Be a Lady" sind unbestreitbar Highlights dieses Abends.
© Paul Coltas
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"Guys and Dolls" mag schon etwas Patina angesetzt haben, aber diese Produktion nutzt das angenehm Altmodische und setzt es bewusst und mit nostalgischem Charme um. Ein Must-See für Freunde von Musical-Klassikern.
Die Produktion ist/war in folgenden Londoner Theatern zu sehen: Savoy Theatre: 10.12.15-12.03.16 Phoenix Theatre: seit 19.03.16
(Text: Ingo Göllner)

Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken Sky Masterson -
Jamie Parker (10.12.15-12.03.16)
Oliver Tompsett (seit 19.03.16)
Sarah Brown -
Siubhan Harrison (seit 10.12.15)
Nathan Detroit -
David Haig (10.12.15-12.03.16)
Richard Kind (19.03.-22.05.16)
Nigel Lindsay (26.05.-26.06.16)
Simon Lipkin (seit 28.06.16)
Miss Adelaide -
Sophie Thompson (10.12.15-12.03.16)
Samantha Spiro (19.03.-26.06.16)
Rebel Wilson (seit 28.06.16)
Nicely Nicely Johnson -
Gavin Spokes (seit 10.12.15)
Arvide Abernathy -
Neil McCaul (10.12.15-12.03.16)
Billy Boyle (seit 19.03.16)
Lt. Brannigan / Joey Biltmore -
William Oxborrow (seit 10.12.15)
Benny Southstreet -
Ian Hughes (10.12.15-12.03.16)
Jason Pennycooke (seit 19.03.16)
General Cartwright -
Lorna Gayle (seit 10.12.15)
Harry the Horse -
Cornelius Clarke (seit 10.12.15)
Big Jule -
Nic Greenshields (seit 10.12.15)
Rusty Charlie -
Carl Patrick (seit 10.12.15)
Angie the Ox -
Giovanni Spano (seit 10.12.15)
Produktionsgalerie (weitere Bilder)

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| Handlung | Kleingauner Nathan braucht dringend Geld und wettet deshalb mit dem smarten Berufsspieler Sky. mehr Der behauptet, jede beliebige Frau dazu bewegen zu können, mit ihm am nächsten Tag nach Havanna zu reisen. Nathan wählt ausgerechnet die strenge Sarah aus, die als Sergeant der Heilsarmee versucht, die Glücksspieler am Broadway von ihren Sünden zu befreien. Während Sky tatsächlich mit Sarah in den Flieger steigt, plagen Nathan auch private Probleme: Seine Verlobte, die verschnupfte Nachtklubsängerin Adelaide, will nach 14 Jahren endlich heiraten. Und Nathan fällt es schwer, sich noch weiter zu drücken.
| Weitere Infos | Frank Loessers Musical Comedy wurde 1950 am Broadway uraufgeführt. Trotz ihrer wenig tiefgründigen Handlung gilt sie als einer der Wegbereiter des modernen Musicals: Die Songs und Tanznummern sind kein Selbstzweck, sondern eng mit der Handlung verbunden. Bekanntestes Stück aus "Guys and Dolls" ist das flotte "Luck Be a Lady".
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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