 Klassiker
Kiss me, Kate Schlag nach bei Shakespeare
© Thomas Jauk / Stage Picture GmbH
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Cole Porters berühmtestes Musical von 1948 in einer neuen Inszenierung am Theater Dortmund. Gut inszeniert, wenn auch wenig mutig, leidet das Stück nur an der langsamen Erzählweise.
(Text: Thorsten Wulf) Premiere: | | 27.09.2015 | Rezensierte Vorstellung: | | 27.09.2015 | Letzte bekannte Aufführung: | | 26.03.2016 |
Nachdem in der letzten Saison "Jesus Christ Superstar" mit Alexander Klaws stets für ein volles Haus gesorgt hat, steht nun mit "Kiss me, Kate" wieder ein Klassiker auf der Bühne, der ebenso klassisch inszeniert ist.
© Thomas Jauk / Stage Picture GmbH
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Was auf der Habenseite der Inszenierung steht, ist die großartige Ausstattung von Francis O'Connor, der auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet. Auf der Bühne des Stücks im Stücks - also der musikalischen Variante von Shakespeares "Der Widerspenstigen Zähmung" - ist alles knall bunt gehalten, so als ob alle Kostüme und alle Bühnenteile tief in Farbe getaucht wurden wären. Die fast comichafte Überzeichnung spiegelt sich so bestens in den steifen und überzeichneten Dialogen auf der Bühne wider. Als zweiter Spielort dienen die recht tristen Garderoben der Hauptdarsteller Lilli Vanessi und Fred Graham, die in den bunten Kostümen von Katharina und Petruchio dort ein herrliches Bild abgeben. Letztlich sei noch der Hinterhof des Theaters erwähnt, der grau in grau daherkommt und ebenfalls einen guten Kontrast zur farbenfrohen Bühnenwelt darstellt. Schnelle Wechsel zwischen den Bildern sorgen stets dafür, dass keine Wartezeiten entstehen und die Übergänge gut funktionieren.
Dies ist auch dringend nötig, denn bis die Irrungen und Wirrungen richtig in Gang kommen, dauert es fast eine Stunde. Erst wenn Freds Exfrau Lilli erkennt, dass die vor der Vorstellung überreichten Blumen gar nicht für sie sind, sondern für Musicalsternchen Lois Lane, nimmt die Show Tempo auf. Zwischendurch gibt es immer wieder längere Ballettszenen (Choreographie: Nick Winston), die zwar nett anzusehen sind, aber die Handlung stoppen.
© Thomas Jauk / Stage Picture GmbH
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Sicherlich steht und fällt dieses Stück mit den beiden Hauptdarstellern und ihrem Vermögen, sich aufeinander einzulassen. Fred Graham/Petruchio ist besetzt mit Bass-Bariton Morgan Moody, der seit der Spielzeit 2011/12 zum Publikumsliebling in Dortmund avancierte. Ihm zur Seite steht die ebenfalls sehr beliebte Emily Newton, die in der Doppelrolle Lilli Vanessi/Katharina Minola zu sehen ist. Beide ergänzen sich prächtig: Zunächst harmonieren ihre klassischen Stimmen gut miteinander, wie in dem bekannten Song "Wunderbar" bestens zu hören ist. Doch überrascht ihr Schauspiel gerade in den aufgedrehten Szenen, wenn er sie beispielsweise auf offener Bühne versohlt. Das Timing stimmt, so dass die Lacher ganz auf ihrer Seite sind. Das Klischee, dass Opernsängerinnen und -sänger nicht schauspielern können, trifft hier einfach nicht zu. Zu erwähnen ist sicherlich auch Newtons Showstopper "I Hate Men", bei dem sie mehr als deutlich macht, dass Männer zwar eine Lebensberechtigung haben, doch diese lediglich dazu dient, die Spezies Mensch nicht aussterben zu lassen.
Ebenfalls gefällt Nedime Ince [Nedime Ostheimer] als Ensemble-Mäuschen Lois Lane. Sie versteht es, mit Fred ebenso zu flirten wie später mit General Harrison Howell (rollendeckend: Hannes Brock), dem Verlobten von Lilli Vanessi. Ihr Song "Always True to You in My Fashion" streckt sich zwar – wie einige Nummern der Show - zu lang, doch erntet sie zu Recht großen und langanhaltenden Applaus.
Den ganzen Abend klassische Stimmen, sei es von den Hauptdarstellern oder vom Opernchor - den ganzen Abend die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster, der schöne, schwungvolle Tempi anschlägt. Wie würde da die erste Szene des 2. Akts gelingen? "Too Darn Hot" ist eine jazziger Titel, der sich langsam aufbaut und später zur großen Nummer wird. Nach und nach stimmen die Künstler unter Federführung des Paul-Darstellers Eric Rentmeister den Song an. Plötzlich knistert es auf der Bühne, die Sänger und Tänzer zeigen, was sie können und aus dem klassischen Orchestersound wird ein großartiges Jazz-Feeling, das ordentlich groovt. Eindeutig die beste Nummer des Abends und wirklich sehens- und hörenswert!
© Thomas Jauk / Stage Picture GmbH
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Vielleicht ist es den beiden amerikanischen Hauptdarstellern geschuldet - Morgan Moody ist aus Kalifornien, Emily Newton aus Texas - dass alle Songs in englischer Sprache belassen sind und so einige Gags auf der Strecke bleiben. Zudem sind die Obertitel recht frei, so dass gesungener und gelesener Text nicht zusammenpassen. Dafür spricht natürlich, dass die Show im amerikanischen Baltimore angesiedelt ist. Doch sämtliche Anmerkungen, die sich auf die Stadt beziehen – und davon gibt es gerade am Anfang einige – verpuffen. Das Stück hätte bestens nach Deutschland verlegt werden können, was das Publikum sicherlich goutiert hätte.
Einzige Ausnahme bildet übrigens der Song "Schlag nach bei Shakespeare", dargeboten von Fritz Steinbacher und Karl Walter Sprungala als das recht trottelige Gangsterduo, das mit Wiener Schmäh immer wieder auf sich aufmerksam macht. Dass die Nummer dann gleich mit zwei Reprisen aufwartet, die keine großen Überraschungen bieten, ist sicherlich überzogen, auch wenn das Pärchen ordentlich Applaus erntet.
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Mut zum Rotstift und ein wenig Moderne hätte der Dortmunder Inszenierung, die in Kooperation mit der Oper Bonn entstanden ist, sicherlich gut getan. Ansonsten eine sehr ordentliche Kate.
(Text: Thorsten Wulf)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    30926 Großartiges Musical
15.11.2015 - Ich war gestern mit unserem Musicalclub in Dortmund und muss sagen daß es mich total umgehauen hat.
Fantastisches für die Ohren und Großartiges für das Auge.
Die Inszenierung ist ein Muss.
Insbesondere haben mir gefallen die beiden Hauptdarsteller,sowie die Darsteller die Bianca und Bill Calhoun dargestellt haben.
Auch die beiden Verbrecher müssen erwähnt werden.
Wiener Akzent:Tolle Idee.
Die Auslastung des Theaters sprach für sich,die Stimmung war top.
Ich denke wir werden im kommenden Jahr nochmal hingehen.
Gratulation.

ThomasWolf (erste Bewertung) 
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