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 Komödie
Sugar - Manche mögen's heiß Männer helfen im Frauen-Orchester aus
© Marlies Kross
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Solide Inszenierung eines matten Musicals, die durch zwei grandiose Hauptdarsteller (Hardy Brachmann und Heiko Walter) aufpoliert und auf Spaß-Kurs gebracht wird.
(Text: kw) Premiere: | | 25.06.2016 | Rezensierte Vorstellung: | | 25.06.2016 | Letzte bekannte Aufführung: | | 01.01.2018 |
Stöckelschuh statt Stütze. Um der drohenden Arbeitslosigkeit zu entkommen, verwandelt sich Joe in Josephine, aus Jerry wird Daphne. Mit Perücken und im Fummel heuern die beiden Musiker als Saxofonistin und Kontrabassistin bei der Damen-Combo "Society Syncopators" an, die zu einem Gastspiel von Chicago nach Miami aufbricht. Neben dem wirtschaftlichen Grund hat ihre Maskerade noch einen weiteren, überlebenswichtigen Vorteil: Sie ermöglicht den Männern die Flucht vor Gamaschen-Colombo und seinen Gangstern, denn die wollen die beiden Zufalls-Zeugen eines Ehrenmordes beseitigen. Nach allerlei Verwicklungen schiffen sich Joe und Jerry schließlich mit der Bandkollegin Sugar Kane beziehungsweise dem Multimillionär Sir Osgood Fielding auf dessen Luxusyacht in den Hafen der Ehe ein.
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Was 1959 als Filmkomödie "Manche mögen's heiß" (im Original "Some Like It Hot") mit Jack Lemmon, Tony Curtis und Marilyn Monroe in den Hauptrollen brillant funktionierte, kommt in der 1972er Musical-Adaption von Peter Stone (Buch), Bob Merrill (Gesangstexte) und Jule Styne (Musik) recht holperig und hausbacken daher. Die das Gangsterfilm-Genre persiflierende, schwankhafte Handlung mit ihren oft sehr umfangreichen Sprechszenen orientiert sich eng am Kinovorbild, allerdings fehlt dem Musical eine mitreißende Partitur mit Ohrwurmpotenzial. Die dreizehn Styne-Songs klingen nach klassischer Broadway-Dutzendware, sind nett anzuhören, aber auch schnell wieder vergessen. Da kann Dirigent Ivo Hentschel die munter aufspielenden Musiker des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters Cottbus noch so satt im Orchestergraben swingen und walzern lassen: Im Gehörgang setzt sich kaum eine der Melodien fest.
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Eine auf einem niedrigen Podest stehende Wand auf der Drehbühne ermöglicht mit nur wenigen Versatzstücken versehen reibungslose Szenenwechsel. So verwandelt sich zum Beispiel ein öder Bahnsteig nach der Rotation in eine schicke, lichte Hotellobby oder in die Millionärs-Yacht. Ausstatterin Barbara Krott zeichnet die Gangster-Metropole dabei eher trist und grau, während im Millionärsparadies Miami Goldtöne dominieren. Auch das mit vielen liebevollen Details gespickte Dreißigerjahre-Kostümbild setzt optische Glanzlicher und schicke Akzente.
Nicht nur dank der Ausstattung holt das Staatstheater Cottbus aus der schwachen Vorlage das Maximum heraus. Vater dieses Erfolgs ist Klaus Seiffert, der in seiner werkgetreuen Inszenierung ganz auf Tempo setzt und liebevolle Typencharakterisierungen auf die Bühne bringt. Dass Seiffert auch die Choreografien für die Darsteller entworfen hat, wirkt sich auch auf die Führung des Opernchores aus. Agieren Chormitglieder in Musicals landauf landab oftmals als statisch-unlustige Masse, so gelingt Seiffert hier das Wunder, dass sie sich im ersten Miami-Bild als drollig-überzogene, lüsternde Tattergreise durch die Szene schleppen. Mitglieder des Damenchores sind genauso spielfreudig als Mitglieder der Damen-Combo zu sehen.
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Ohnehin beweist das Cottbusser Musiktheater-Ensemble, dass es durchaus auch musicaltauglich ist. Die Produktion kommt mit nur einem einzigen Gast aus: Alexander von Hugo. In der kleinen Rolle des zwielichtigen Ganoven Gamaschen-Colombo zeigt er – umringt von tumben wie kraftstrotzenden Gangstergenossen (Niko Ilias König, René Klötzer, Stefan Kulhawec und Juan Bockamp) – seine Steppkünste. Allerdings teilt er das Schicksal der anderen, vielen Nebenrollen: Er bleibt lediglich Stichwortgeber. Immerhin kann Carola Fischer als resolute Bandleaderin Sweet Sue mit sattem Alt im Show-Tableau "Chicago" das Ensemble anführen. In dieser Szene wird auch das Ballett (Choreografie: Dirk Neumann) einmal stärker gefordert.
Bei Bühnenadaptionen bekannter Filme besteht immer die Gefahr, dass eine durch einem Darsteller geprägte Figur bloß als bewährtes Abziehbild kopiert wird. Zum Glück ist Debra Stanley die blonde Marilyn-Perücke erspart geblieben, sodass sie als brünette Sugar Kane ihre eigene Figur kreieren darf. Stanley gibt nicht ein dummes Naivchen, sondern eine vom Leben bisher enttäuschte Frau, die endlich auch einmal einen großen Zipfel von der Wurst abbekommen möchte. Ihr schöner Sopran glänzt solistisch nach der Pause mit "So schnell werd' ich Sugar Shell", harmoniert aber auch prächtig mit ihren männlichen Bühnenpartnern. Trotz eines schönen Solos ("November") bleibt Bariton Andreas Jäpel (Sir Osgood Fielding) vor allem darstellerisch blass. Bei ihm wird nicht ganz klar, warum er die kecke Daphne so sehr begehrt und er sich nach Jerrys Demaskierung auch mit ihm als Partner zufrieden gibt.
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Ganz im Zentrum der Vorstellung stehen Hardy Brachmann (Joe/Josephine) und Heiko Walter (Jerry/Daphne), die dem Affen so richtig Zucker geben. Dabei gleiten sie als Männer im Fummel nie in Richtung alberne Klamotte ab, sondern zeichnen Josephine und Daphne als bodenständige, charmante Damen. In seiner Drittverkleidung als angeblicher Millionär "Shell Junior" kann Brachmann dann noch eine weitere, snobistische Ader ausspielen. Beide Darsteller singen und tanzen, dass es eine wahre Freude ist, und retten damit die flaue Musicalvorlage.
(Text: Kai Wulfes)

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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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