Best of Musical and Wine 2015 (2015)
Steigenberger Kurhaussaal, Bad Neuenahr-Ahrweiler

Kurzweilige Unterhaltung mit eingängigen Musicalhits und einer integrierte Weinprobe – kein Wunder, dass die Stimmung unter den Gästen im ausverkauften barocken Kursaal ausgelassen war. Die Gala des Weinguts Sonnenberg konnte in ihrer Neuauflage einige Kinderkrankheiten des vorangegangenen Jahres abstellen und überzeugte dieses Mal unter anderem durch einen guten Sound. Neben den vier Solisten trug auch die hervorragende Band unter der Leitung von Musical Director Hannes Schauz zum Erfolg des Abends bei.

Schon beim Betreten des Saales konnte man sie spüren: die vorfreudige Erwartung auf eine Veranstaltung, die allein durch ihren Titel viel versprach. Die besten Musicalhits sollte es geben und dazu eine Kostprobe von drei exzellenten Weinen aus der Ahr-Region. Schön trinken musste man sich die Show aber mitnichten. Vorwiegend gediegenes Publikum älteren Semesters war nach Bad Neuenahr gekommen, um sich von Melanie Ortner-Stassen, Kimberly Trees, Gian Marco Schiaretti und Kevin Tarte in die bunte Welt des Musicals entführen zu lassen.

Nach einer gemeinsamen Eröffnung durch “Der Ewige Kreis” aus “König der Löwen” lag der Fokus im ersten Teil zunächst weiter auf Disney-Musicals, was vorwiegend der Tatsache geschuldet war, dass mit Melanie Ortner und Gian Marco Schiaretti zwei Darsteller aus der aktuellen Stuttgarter First Cast von “Tarzan” engagiert wurden. Ihre Spielpraxis war ihnen in den vier “Tarzan”-Songs in jedem Ton und jeder Geste anzumerken, wobei beim Duett “Auf einmal” Kimberly Trees an Schiarettis Seite sang und den beiden mit ihrer Darstellung in nichts nachstand.

Insgesamt konnten alle Darsteller an diesem Abend ihre Wandelbarkeit unter Beweis stellen. Schiaretti sang mit klarer und kräftiger, aber dennoch weicher Stimme neben den “Tarzan”-Songs gemeinsam mit Tarte die “Starlight Sequenz” (aus “Starlight Express”), erntete viel Applaus für das beliebte “Dirty Dancing”-Duett “Time of my life” (gemeinsam mit Trees) und durfte zudem noch “Für Sarah” aus dem Kult-Musical “Tanz der Vampire” präsentieren.

Melanie Ortner-Stassen war die Frau für die Herz-Schmerz Balladen. Ob “Dir gehört mein Herz” (aus “Tarzan”), “Schattenland” (aus “König der Löwen”) oder “Der Sieger hat die Wahl” (aus “Mamma Mia”) – Ortners einfühlsame Interpretationen berührten. Die Österreicherin konnte aber auch in ihren vier Duetten mit Tarte punkten, wobei die beiden bei “Hilf mir durch die Nacht” (aus “Rebecca”) besonders gut harmonierten und sich bei “The Prayer” von der klassischeren Seite zeigten.

Tarte nahm sich mit viel Erfolg den zerrissenen Charakteren an, schlüpfte zum Auftakt des zweiten Teils in die Haut Dr. Jekylls & Mr. Hydes (“This Is the Moment”), um schließlich zum Vampirgrafen zu werden. Gleich vier Lieder aus “Tanz der Vampire” gab es am Ende des regulären Programms, wobei die Hits “Totale Finsternis” und “Die Unstillbare Gier” dem Publikum ebenso zusagten wie das rockige “Tanz der Vampire Finale”, welches den zweiten Teil beschloss.

Kimberly Trees, von ihren Kollegen wiederholt scherzhaft als “australischer Wirbelwind” bezeichnet, machte ihrem Ruf alle Ehre und eroberte die Herzen der Zuschauer vor allem durch ihre herzliche Art und ihr Bewegungstalent. Ihr energiegeladener Stepptanz zu “Nowadays” (aus “Chicago”) sowie ihre Tanzeinlagen zu “Time of My Life” fanden viel Anklang, aber auch ihr Solo “Die Welt, die ich nicht sah” aus “Sister Act”, bei dem sie im Nonnenkostüm auftrat, sorgte für gute Stimmung.

Mit “Remember” (aus dem Film “Troja”) und “Se bastasse una canzone” (im Original von Eros Ramazotti gesungen) leisteten Kevin Tarte und Gian Marco Schiaretti einen wertvollen Beitrag zum Crossover und hatten sich darüber hinaus Songs ausgewählt, mit denen sie ihre jeweiligen Stärken wunderbar präsentieren konnten. Die routinierten Musicalgala-Gänger – die an diesem Abend zwar nicht das Groß des Publikums ausmachten, von denen aber dennoch einige im Saal waren – freuten sich zudem darüber, dass mit der Zugabe “The Glory” ein Titel aus einem in Deutschland leider wenig bekannten Musical, nämlich Frank Wildhorns “The Civil War” gewählt worden war, bei dem alle Darsteller noch einmal gemeinsam vors Publikum traten. Ohne jeden Zweifel zählte die Interpretation dieser wunderschönen mehrstimmigen Ballade zu einem der Höhepunkte des Abends. Da es jedoch nicht richtig gewesen wäre, das kurzweilige und eingängige Programm auf einer melancholischen Note ausklingen zu lassen, gab es zum Abschluss mit “Dancing Queen” noch einmal eine gute Laune Nummer, bei der es dann niemanden mehr auf den Stühlen hielt. So beendeten ausgelassenes Mittanzen und stehende Ovationen die etwa dreistündige Galaveranstaltung.

Obwohl die Setlist der Gala für Kenner der Musicalszene keine großen Überraschungen bereithielt und eher unaufregend anmutete, machte die Songauswahl vor dem Hintergrund des Großteils der Zielgruppe – nämlich Zuschauer aus der Region, die sich mit bekannten Musicalhits berieseln lassen wollten – durchaus Sinn. Die speziell auf die Gala zugeschnittenen Arrangements aus der Feder von Hannes Schauz, seines Zeichens stellvertretender Musical Director an der Neuen Flora in Hamburg, wirkten gefällig und flott und trugen ebenso zum Erfolg des Abends bei wie die sechsköpfige, hervorragend eingespielte Band unter seiner Leitung. Eine gute Idee waren auch die in den Bühnenhintergrund auf eine große Leinwand projizierten Bilder, die die Botschaft und die Wirkung der vorgestellten Lieder noch einmal unterstrichen. So wurden beispielsweise bei den beiden Titeln aus „Der König der Löwen” Landschafts- und Tieraufnahmen aus Afrika eingeblendet. Außerdem kamen Requisiten wie z.B. ein Mini-Laboratorium bei “Jekyll and Hyde” zum Einsatz, um den Songs noch zusätzlich Kontext zu geben. Positiv gefielen außerdem die unterhaltsamen, teilweise mit viel Witz und Charme gespickten Moderationen, mit der die Darsteller sich gegenseitig vorstellten und die musikalischen Nummern ankündigten.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Konzept von “Best of Musical and Wine” unter der künstlerischen Leitung von Gaby Kern in diesem Jahr deutlich ausgereifter und durchdachter wirkte als beim Debüt der Veranstaltungsreihe im letzten Jahr. Dass mit Herzblut und Liebe zum Detail gearbeitet wurde, war auf jeden Fall zu spüren.