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Der Zauberer von Oz (2015)
Atlanta Stage Company, Tournee

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Nur schwer zu ertragender, dilettantischer Musical-Abend mit Komplettausfällen bei Regie, Choreografie und Tontechnik.

Bilderbuch-Wimmelbild auf der Theaterbühne: Wer genau hinschaut, kann auch von einem zentralen Mittelplatz im Parkett aus Kurioses, Unerwartetes und Erschreckendes entdecken: Da wird wiederholt der tierische Darsteller des Hundes Toto vor seinen Auftritten an der Bühnenseite in Position gebracht. Wer will, kann unterhalb der Leinwand, die die Spielfläche begrenzt, die auf der beleuchteten Hinterbühne wartende Darstellerbeine zählen. Und auch der “Trick”, wie Schnee im Theater entsteht, wird unfreiwillig komisch visualisiert: Während es auf der Bühne längst digital schneit, greift auf der Seitenbühne jemand hektisch in eine Plastiktüte und wirft den künstlichen Niederschlag gegen einen rotierenden Ventilator, der dann einen harmlosen Schwarm an weißen Flöckchen auf die linke Bühnenseite bläst. Peinlicher geht es kaum!

Eine nicht nur sprichwörtlich tragende Rolle spielen in dieser unterm Strich jämmerlichen, alles andere als magischen “Zauberer von O”-Umsetzung die Bühnenarbeiter. Wie selbstverständlich und für alle sichtbar nehmen sie während der Handlung Umbauten vor und platzieren Versatzstücke. Die amateurhafte Ausleuchtung, bei der die auf dem Boden platzierten Spots immer wieder die Zuschauer blenden, und die unaufmerksame Tonregie mit ihren oft viel zu spät aufgezogenen Mikrofonen machen der mit 3 ½ Stunden viel zu lang geratenen Show den Garaus.

Erfreulich, dass der Veranstalter ein 15-Mann-Orchester (Dirigent: Adrian Rinck) im Graben platziert. Die Musiker geben ihr Bestes, um die ganz dem klassischen Musical verpflichtete Partitur von Harold Arlen zum Funkeln zu bringen. Allerdings übertönen sie dabei oft die Sänger auf der Bühne, sodass Gesang und Text nur schwer zu hören sind. Wieder versagt die Tonregie auf ganzer Linie.

Sabine Laubersheimer inszeniert die Show sehr klassisch und ganz der (filmischen) Vorlage verpflichtet. Allerdings wirken die Dialoge – wie im Fall von Dorothys Tante Em – wie auswendig gelernt und teilnahmslos aufgesagt. Andere Darsteller – wie Bernd A. Zille als übertrieben weich gezeichneter und wenig geheimnisvoller Professor Marvel beziehungsweise Zauberer – wirken wie Rollen-Parodien. Gleiches gilt auch für einzelne szenischen Lösungen: Zwar findet die Regisseurin für den Sturm, der Dorothy aus Kansas fortträgt, eine frappierend einfache und optisch akzeptable Lösung: Vier Tänzerinnen drehen ihr auf Rollen stehendes Haus, während im Hintergrund Projektionen das Unwetter andeuten. Allerdings fehlt es an atmosphärisch dichterer Beleuchtung, sodass die Szene eher bemüht und lächerlich wirkt. Bernd A. Zilles Bühnenbild mit allerlei Versatzstücken unterstreicht die im Reich der Märchen angesiedelte Handlung, wobei das Refugium der bösen Hexe des Westens mit seinen Plastikskeletten für Heiterkeit im Publikum sorgt. Die Hintergrund-Einblendungen wirken wie Abbildungen aus einem Märchen-Bilderbuch, die durch teilweise recht alberne Animationen (blinzelnde Augen im Fall des Hexen-Bühnenbildes) ergänzt werden. Optisch wirklich ein Hingucker sind die Kostüme, die mit viel Liebe zum Detail die Figuren gut charakterisieren. Wer sie entworfen hat, verschweigt der Besetzungszettel.

Ein Lichtblick in dieser unausgegoren, peinlichen Produktion ist Tatjana Roth als jugendliche Dorothy mit einem großen Herzen am rechten Fleck. Sie ist ein echter Sympathieträger in der Show und bewegt sich im Tanz mit lässiger Eleganz. Auch wenn mit “Überm Regenbogen” die deutsche Übersetzung des Hits “Somewhere over the Rainbow” etwas gewöhnungsbedürftig ist, schwebt Roth im Vergleich mit den anderen Solisten mit einem lockeren, schönen Sopran durch diesen Song und alle anderen Gesangsaufgaben. Ihr ebenbürtig ist mit sattem, hohen Bariton Maximilian Hintz als Blechmann. Als Onkel Henry ist er allerdings völlig fehlbesetzt, da er optisch eher Dorothys jüngerer Bruder sein könnte.

Interessant ist die Besetzung der Vogelscheuche mit einer Sängerin. Miriam Sauter spielt und tanzt diese Figur hinreißend, enttäuscht allerdings mit ihrer matten Gesangsstimme. Gleiches gilt für Dawid Adler, den den Löwen zudem etwas arg albern anlegt. Die beiden Hexen könnten nicht unterschiedlicher besetzt sein: Chiara Caforio ist eine liebreizende Glinda, die mit feinen Koloraturen aufhorchen lässt. Als bösartige Gegenspielerin müht sich Mona Roth, der Hexe des Westens einen diabolischen Anstrich zu verleihen. Dabei nervt sie schon nach nur wenigen Minuten mit ihrem hysterischen, kreischigen Lachen, dem sie eine raue Sprechstimme entgegensetzt. Richtig Angst macht nur Roths gesangliche Leistung: Sie wirkt völlig überfordert und versemmelt mit matter Tiefe den flotten “Jitterbug”. Ist die Partitur hier jazzig-schmissig, fehlt dem müden Aerobic-Tanzgehüpfe und -geschreite jegliche optische Entsprechung. Den Choreografen verschweigt der Besetzungszettel vielleicht nicht ohne Grund, denn auch allen anderen Tanzszenen enttäuschen, zumal das äußerst schwache Tanzensemble sie nicht einmal synchron auszuführen vermag. Auch gesanglich ist die Ensemble-Leistung ein Fiasko.

Es verwundert nicht, dass in der Premieren-Vorstellung bereits während des ersten Aktes Zuschauer den Saal verlassen und nach der Pause noch mehr Plätze leer bleiben. Wäre dieser “Zauberer von Oz” die Aufführung einer Schul-Musical-AG, wäre vieles verschmerzbar. Eintrittspreise zwischen 21 und 64 Euro für eine solche Leistung sind jedoch eine nicht zu verzeihende Unverschämtheit.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungSabine Laubersheimer
Musikalische LeitungAdrian Rinck
BühnenbildBernd A. Zille
 
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CAST (AKTUELL)
DorothyTatjana Roth
VogelscheucheMiriam Sauter
BlechmannMaximilian Hintz
LöweDawid Adler
GlindaChiara Caforio
Böse HexeMona Roth
ZaubererBernd A. Zille
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 05.09.2015 20:00Admiralspalast, BerlinPremiere
So, 06.09.2015 18:00Admiralspalast, Berlin
Fr, 11.09.2015 20:00Admiralspalast, Berlin
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