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 Uraufführung
Therapie Ein Musical für eine multiple Schauspielerin
© t&w / Andreas Tamme
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Das Schicksal der New Yorkerin Isabelle und ihrer "Mitbewohner" bietet spannende und lustige Momente. Eine Darstellerin, sechs Rollen - Constanze Marienfeld bestreitet diesen Abend solistisch und überzeugt mit facettenreichem Schauspiel und Gesang.
(Text: mr) Premiere: | | 10.10.2014 | Letzte bekannte Aufführung: | | 19.12.2014 |
Am Anfang stand die Idee ein Musical zu schreiben, in dem alle Personen von einer Schauspielerin verkörpert werden. Da war für den Autoren, Komponisten und Regisseur Thomas Lange der Weg zur dissoziativen Identitätsstörung nicht mehr weit. Und so lernt der Zuschauer die New Yorkerin Isabelle Pappenheim kennen, die zu einer Sitzung bei ihrem Psychiater erscheint. Doch da er verhindert ist, steht als seine Vertretung Dr. Nathanson bereit. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Isabelle auf eine Therapiestunde ein und erzählt von ihren nervigen Mitbewohnern. Sehr schnell wird der Psychiaterin und auch den Zuchauern klar, dass diese "Mitbewohner" nur in Isabelles Gedankenwelt existieren. Nachdem die Charaktere vorgestellt wurden, kämpfen sie im weiteren Verlauf um die Vorherrschaft in dem Körper. So entsteht ein faszinierendes Kammerspiel, dass teilweise wirklich spannende Momente aufweist - beispielsweise als "Mitbewohnerin" Peggy die Psychiaterin bedroht, als diese Isabelle zur Medikamenteneinnahme überreden will, um die anderen Charaktere loszuwerden. Die Spannung, wo denn hier die Realität endet und die Einbildung beginnt, bleibt bis zum Ende erhalten.
© t&w / Andreas Tamme
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All das entsteht durch die ausgesprochen flexiblen darstellerischen und gesanglichen Möglichkeiten von Constanze Marienfeld, die nicht nur Isabelle samt ihren "Mitbewohnern" sondern auch noch die Psychiaterin spielt. Sie beginnt Dialoge in einer Rolle, sozusagen ins Leere sprechend, um - zumeist nach wenigen Sekunden - die Position der anderen Person einzunehmen und dabei auch immer zur jeweiligen Stimme bzw. Körperhaltung zu switchen. Als Isabelle ist sie gehemmt und zögernd, als Psychiaterin freundlich zugewandt und mit warmer Stimme sprechend, als naive Schauspielerin May klingt sie eher piepsig, als Regisseur Sam steht sie breitbeinig und kaugummikauend da und klingt fast schon maskulin, für Tänzerin May wechselt sie in einen osteuropäischen Akzent und als Peggy wirkt sie durch sonore, langsam gesprochene, extrem betonte Worte und einen hypnotisierenden Blick äußerst bedrohlich. Ihre klassisch geschulte Stimme ermöglicht ihr gesanglich ein ebenso breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten.
© t&w / Andreas Tamme
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Das simple aber völlig ausreichende Bühnenbild besteht aus einem flexibel nutzbaren Raum mit Tisch, zwei Stühlen sowie einer Couch, der sich nicht weiter verändert und sowohl die psychiatrische Praxis als auch Isabelles Wohnung oder eine Bar darstellt. Dieses Ein-Frau-Musical verlangt nach besonderen Ideen: Wie inszeniert man z.B. eine Liebesszene zwischen Mandy und Sam mit nur einer Schauspielerin? Marienfeld legt sich dazu auf das Sofa und deckt sich vollständig mit einem Laken zu. Zusätzlich zu den unterschiedlichen Stimmen liegt sie als Mandy auf dem Rücken, also "unten" und dreht sich, sobald sie in Sams Rolle wechselt, blitzschnell auf den Bauch um mit aufgestützten Armen die "obere Position" zu markieren. Eine höchst amüsante Szene! Wirklich spannend zu beobachten ist später der körperliche Angriff von Peggy auf die Psychiaterin, in dem Marienfeld sich selbst attackieren und auch gleichzeitig dagegen zur Wehr setzen muss...
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Langes Musik ist dabei abwechslungsreich und zweckdienlich, wirkliche Ohrwürmer sind ihm jedoch nicht gelungen. Die intime Interpretation durch nur zwei Musiker - Pianist und Cellistin - funktioniert bestens. Die Musik bleibt vornehmlich im Hintergrund als atmosphärische Untermalung und unterstützt die sich wandelnden Stimmungen, gerade das Cello sorgt hier für spannende Momente. Im Vordergrund bleibt die Frage, was von dem Gezeigten denn überhaupt real ist - und über allem steht Constanze Marienfelds differenziertes Spiel.
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(Text: Michael Rieper)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)

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Die Aufführungen finden statt auf der Studiobühne T.NT. |
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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