 Broadway-Musical
Memphis Change Don't Come Easy
© Johan Persson
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Kennen sie das Gefühl, wenn man es kaum erwarten kann, bis die Fortsetzung eines Filmes oder einer Serie ausgestrahlt wird? So ähnlich fühlt man sich nach dem ersten Akt dieser energiegeladenen Inszenierung von Christopher Ashley, der nur so vor Tempo, Dynamik und Witz strotzt. Doch leider macht sich - genau wie bei Fortsetzungen nicht unüblich - auch im Shaftesbury Theater nach der Pause Ernüchterung breit.
(Text: Maik Frömmrich) Premiere: | | 23.10.2014 | Rezensierte Vorstellung: | | 01.05.2015 | Letzte bekannte Aufführung: | | 31.10.2015 |
Die Liebesgeschichte zwischen dem weißen Radio-DJ Huey und der schwarzen Nachtclubsängerin Felicia im Memphis der 50er Jahre, kommt erstaunlich leichtfüßig daher, erzählt deren beruflichen Aufstieg und reißt gleichzeitig die Probleme der Rassentrennung an. Trotz der ernsten Thematik kommt das Musical als Feelgood-Show über die Rampe, was durchaus legitim ist, aber den sozialen Problemen doch etwas die Schärfe nimmt. Rassistische Kommentare, Erzählungen über rassistische Erlebnisse und selbst die Szene, in der Felicia von weißen Schlägern verprügelt wird, sind nur kleine Ohrfeigen für das Publikum, die kurz aus der temporeichen, musikalisch aufgeladenen, fast konzertartigen Stimmung reißen. Selbst eher dramatische Gospelsongs zur Lage der dunkelhäutigen Bevölkerung und der Zuversicht auf Änderung beeindrucken eher durch die stimmgewaltige Darbietung. Gleichzeitig bleiben sie inhaltlich eher oberflächlich. Es scheint, als möchte man das Publikum nicht zu sehr mit historisch schwierigen Zeiten belasten.
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Auch wenn diese Schwächen des Buches bereits im ersten Akt offensichtlich sind, so funktioniert dieser vor allem durch das hohe Tempo, schnellen Umbauten und äußerst vielen witzigen Momenten. Dazu kommt eine gelungene Partitur von Bon Jovi-Bandmitglied David Bryan, die man als Mischung aus Rock'n Roll, Blues, Swing und Gospel beschreiben kann. Treibende Beats lassen die Füße im Sitz kaum stillstehen, Köpfe wippen im Rhythmus der Musik, das Publikum lässt sich sichtbar einfangen vom Augenblick und die Musikdarbietungen werden lautstark bejubelt.
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Doch leider geht es nach der Pause nur eingeschränkt so weiter. Weder inhaltlich noch musikalisch erreicht der zweite Akt die Qualität des ersten. Es wirkt, als wären dem Autor die Ideen ausgegangen. So dürfen mehrere Nebencharaktere noch einen Song beisteuern, doch die eigentliche Entwicklung der Beziehung zwischen den Hauptdarstellern scheint fast nebensächlich. Das größte Problem ist schließlich das plötzliche und inhaltlich unbefriedigende offene Ende, das zu dem Gute-Laune-Song nicht richtig passen will. Felicia ist mittlerweile mit einem neuen Verlobten auf US-Tournee, während Huey erfolglos in einem kleinen Radiosender arbeitet. Gemeinsam treten sie noch mal auf Bitte von Felicia bei ihrem Konzert in Memphis auf. Ende!
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Trotz des durchaus schwachen Buches hat das Musical neben den überwiegend ergreifenden musikalischen Nummern – druckvoll wiedergegeben von dem Orchester unter der Leitung von Tim Sutton – einen großen Trumpf im Ärmel: Das unglaublich starke Ensemble – allen voran Soul-Star Beverley Knight als Felicia und dem im englischen TV erfolgreichen Killian Donnelly als Huey – trägt die Show und entschädigt für das ein oder andere Manko.
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Beverley Knight mit ihrer starken und voluminösen Stimme sorgt mühelos für Gänsehaut und zeigt sich auch in ihrer Rolleninterpretation überzeugend. Ein Höhepunkt ist ihre Version von "Colored Woman", ein wahrer Ausnahmemoment einer Ausnahmekünstlerin. Mit Killian Donnelly hat sie einen ebenbürtig starken Partner auf der Bühne stehen, der besonders durch seine exzentrisch-verrückte Interpretation des DJs gefällt und auch für den Großteil der Witze sorgen darf. Sein Huey bleibt trotz der schnellen beruflichen Erfolge bis hin zur eigenen TV-Show immer ein naiver Optimist, der die Welt positiver sieht, als sie tatsächlich ist. Umso beeindruckender ist schließlich als Kontrapunkt zur extrovertierten Charakterisierung sein ruhiges Solo "Memphis Lives in Me", ein weiterer Gänsehautmoment, in dem auch er stimmlich herausragt.
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Alle bereits benannten Stärken plus die energiegeladenen Choreografien von Sergio Trujillo, dem gelungenen Bühnenbild von David Gallo, zeitgemäßen abwechslungsreichen Kostümen von Paul Tazewell und einem farbenfrohen Lichtdesign von Howell Binkley können letztendlich nicht die Schwächen des Buches kaschieren. So verlässt man den Theatersaal nach dem zweiten Akt mit einem schalen Beigeschmack. Man wünscht sich die Begeisterung, die zur Pause vorherrschte, zurück und stellt sich einzig die Frage: Was hätte es für eine geniale Show mit einem stärkeren Buch werden können?
(Text: Maik Frömmrich)

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Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken Huey -
Killian Donnelly (09.10.14 - 04.07.15)
Felicia -
Beverley Knight (09.10.14 - 17.10.15)
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 3 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    30868 Gut gemeint...
27.08.2015 - ...ist aber leider noch nicht gut gemacht.
Sicher gibt es einiges an MEMPHIS, was gut oder sogar vorzüglich gelungen ist.
Eine virtuos singende und charismatisch auftretenden Hauptdarstellerin, eine temporeiche manchmal emotional packende Komposition, eine hochdynamische Choreografie und eine adäquate optische Umsetzung, die authentisches 50er Jahre Flair versprüht, sprechen für das Musical.
Auch das Buch, dass sich mit der Rassenproblematik in den USA der 50er Jahre beschäftigt, hat einen interessanten und lobenswerten Ausgangspunkt.
Der Knackpunkt ist allerdings, dass Buch und Text nur in den seltensten Fällen eine überzeugende und glaubwürdige Entwicklung der Geschichte und der Charaktere gelingt.
Vollkommen unklar bleibt z.B. weshalb das zentrale Liebespaar, Felicia und Huey, zumindest zeitweise Ressentiments und gesellschaftlichen Zwang überwinden und zusammen finden.
Konträrer und widersprüchlicher können zwei Menschen eigentlich nicht sein. Was verbindet den weißen, naiven, teilweise infantilen, schwächlichen Jungen und die dunkelhäutige, selbstbewusste, kämpferische, intelligente Powerfrau? Einzig die "schwarze" Musik?! Das ist als überzeugende Begründung einfach zu wenig und zu klischeehaft.
Autor Joe DiPietro erspart den Zuschauern wenigstens ein süßliches Happy End, weiß aber trotzdem nicht, wie er den Handlungsverlauf sinnvoll und dramatisch schlüssig enden lassen soll.
So wird die Geschichte einfach brachial und unbefriedigend übers Knie gebrochen und für beendet erklärt.
Die gelungenen Aspekte der Inszenierung können leider nicht das schwache und unmotivierte Buch überstrahlen.
So hält sich dann meine Begeisterung für MEMPHIS sehr in Grenzen.

kevin (199 Bewertungen, ∅ 3.3 Sterne)
Beitrag vom 30.07.2015 gesperrt ballrock2 (21 Bewertungen, ∅ 4.7 Sterne)
    30746 Everybody wants to be black on a saturday night
09.04.2015 - Ich war am Samstag den 4.4.2015 in der Show im Shaftesbury Theater in London. Es war sehr geil. Die Darsteller haben einen Spitzen Job gemacht gut getanzt und sehr gut gesungen. Allen voran natürlich Beverley Knight die mich wirklich von den Socken gehauen hat mit ihrer tollen Soul-Stimme. Wer die Chance hat sich das Musical mit Beverley Knight anzuschauen sollte das auf jeden Fall tun. Es war ein toller Abend den ich nie vergessen werde.

manu0183 (3 Bewertungen, ∅ 4.7 Sterne) 
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