 Klassiker
Jesus Christ Superstar Too Much Heaven On Their Minds
© Thilo Beu
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Gil Mehmert bringt in Bonn eine bewegende Inszenierung von "Jesus Christ Superstar" auf die Bühne des Opernhauses. Unterstützt durch prominente Hauptdarsteller und einen großartigen Chor bietet diese beste Musicalunterhaltung.
(Text: Jens Alsbach) Premiere: | | 13.10.2013 | Rezensierte Vorstellung: | | 13.10.2013 | Letzte bekannte Aufführung: | | 03.07.2014 |
Andrew Lloyd Webbers "Jesus Christ Superstar" ist eines der am häufigsten gespielten Musicals, daher muss jede neue Inszenierung schon etwas Besonderes bieten, um dem Musicalkenner im Gedächtnis zu bleiben. Es gibt einfach zu viele Vergleichsproduktionen. Gil Mehmerts Version, die zurzeit im Bonner Opernhaus gezeigt wird, hat gleich drei Besonderheiten: Erstens eine Reihe von prominenten, sehr gut agierenden Hauptdarstellern, zweitens einen energiegeladenen Chor, der alle Ensemblenummern zum Erlebnis macht, und drittens die sehr bewegende Inszenierung als solches.
© Thilo Beu
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Beim Eintreten in den Saal liegt Jesus – in Jeans und Shirt – bereits auf seinem am Boden liegenden Kreuz und hat sein Haupt auf schicke, zeitgemäße Lederstiefel gebettet. Modernes Surrounding durch und durch. Sowohl Kostüme – von Lederkluft bis Cheerleader-Outfit – als auch Bühnenbild versetzen die Geschichte über die letzten sieben Tage des Jesus Christus in die Moderne. Das Amphitheater-artige Bühnenbild von Beatrice von Bomhard ist multifunktionell nutzbar, da es verschiedene Ebenen bietet und sich bestens eignet, um beispielsweise bei der Verurteilung Jesu die Zuschauer zu platzieren und die Unterwürfigkeit des unterdrückten Jesus zu beleuchten. Unterstützt durch eine Hydraulik, die am Ende des ersten Aktes den Verrat durch Judas effektvoll in Szene setzt, indem durch das Hochfahren des hinteren Bühnenteils eine weitere Spielfläche entsteht, und einige Versatzstücke ist das Bühnenbild zwar recht nüchtern aber sehr effektvoll.
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Beim Hauptdarsteller-Trio hat das Theater einen Glücksgriff bewiesen. Allen voran fällt die ehemalige "Sister Act"-Nonne Patricia Meeden als Maria Magdalena positiv auf. Ihr gehört zweifelsohne die stärkste Ballade dieses Stückes und "I Don’t Know How to Love Him" wird dann auch zum Showstopper. Während Jesus sich im Hintergrund auszieht und in ihr Bett legt, wirkt ihre Stimme anfangs als würde sie den Song leise hauchen und bringt zum Ende dennoch eine gewaltige Power mit sich. Auch dank ihres überzeugenden Spiels ist sie die zentrale Person, sobald sie auf der Bühne steht und wird beim Schlussapplaus entsprechend belohnt. David Jakobs gibt einen sehr energischen Judas, der mit rockiger Stimme und einem aggressiven Auftreten die Rolle sehr gut ausfüllt. Gerade am Schluss – wenn Judas seine Schuld einsieht und seinen Verrat bereut – ist seine Darstellung sehr eindringlich und der Tod seiner Figur wirkt bedrückend und traurig. Dafür darf er dann kurze Zeit später den Titelsong "Jesus Christ Superstar" umringt von Cheerleadern und Tänzern zum Besten geben, was zu einem Vergnügen wird.
Für die Titelrolle hat man sich den aktuellen Tod aus der Wiener "Elisabeth"-Inszenierung ausgeliehen. Mark Seibert gibt den Jesus als Draufgänger, was gut zur modernen Inszenierung Mehmerts passt. Im gesanglichen Zusammenspiel mit dem kräftigen Organ von Jakobs wirkt seine klare, weiche Stimme ein wenig schwach für die Rockpartitur, punkten kann er aber bei den sanfteren Passagen seiner Songs, vor allem bei "Gethsemane", einem hervorragend und gefühlvoll interpretierten Höhepunkt zu Beginn des zweiten Aktes, bei dem er - nur im Spotlight stehend - jedes Wort des Librettos glaubhaft über die Rampe bringt. Man merkt, dass er sich bei den Balladen eher zuhause fühlt als bei den lauten Rocknummern. Der Chor, der offenbar aus allen zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen des Theaters besteht, zeigt in den Massenszenen viel Einsatz und agiert sowohl gesanglich als auch schauspielerisch auf höchstem Niveau. Alle Beteiligten liefern eine klare Diktion ab, was besonders bei einer englischsprachigen Aufführung in einem deutschen Theater wichtig ist.
© Thilo Beu
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Auch wenn die Regie von Gil Mehmert viele bewährte Einfälle aus anderen Inszenierungen übernimmt, schafft er es mit kleinen Details, seiner Version des Stücks individuelle Seiten zu verleihen. Eine sehr schöne Regie-Idee findet sich beispielsweise bei "Herod's Song" (mit einer herrlichen Stepptanzeinlage von Dirk Weiler): Das Lied wird abrupt gestoppt und im Hintergrund in Zeitlupe weitergeführt, während Maria Magdalena und Petrus die Ballade "Could We Start Again, Please?" von den Rängen der Zuschauer aus anstimmen. Auf die Verhöhnung von Jesus durch den Mob folgt nahtlos das Mitgefühl seiner beiden Anhänger, zwei gegensätzliche Stimmungen gehen fließend ineinander über. Ein Effekt, der dem Publikum verdeutlicht, wie schwer es für die Jesus-Vertrauten sein muss, dem Spektakel zuzusehen. Stark umgesetzt. So bietet der Abend auch für eingefleischte Kenner des Genres Neues und Spannendes, und ein Besuch ist lohnenswert.
(Text: jal)

Kreativteam
Besetzung
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Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    30245 Mehr Text !
11.01.2014 - Ich fand es sehr schade, daß
man nicht verstand , was gesungen wurde. Die "Kapitelüber
schriften " genügten nicht. Bei mehr Text hätte ich die Dramatik besser empfunden.Hier hätte man der üblichen Praxis in der Oper folgen sollen.

eugen Dick (erste Bewertung) 
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