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 Klassiker
On the Town The Bronx is up and the Battery’s down...
© Ensemble 2
© Ensemble 2
Das Musiktheater im Revier präsentiert mit "On the Town" das Musical-Erstlingswerk von Leonard Bernstein, das hier in seiner ursprünglich konzipierten Version präsentiert wird.
(Text: Maik Frömmrich) Premiere: | | 01.02.2014 | Letzte bekannte Aufführung: | | 01.06.2014 |
So verwundert es erst einmal, dass das Musical nicht mit einer großen Ouvertüre beginnt - wie es bei der Uraufführung 1944 aufgrund der Vorgabe der Produzenten und nicht nach den Vorstellungen des Kreativteams gehandhabt wurde - sondern szenisch in die Handlung führt. Diese erzählt vom Landgang der drei Matrosen Gabey, Chip und Ozzie, die 24 Stunden haben, um das New Yorker Stadtleben auszukosten. In der U-Bahn entdeckt Gabey ein Plakat der "Miss U-Bahn des Monats: Ivy Smith", die er fortan finden und kennenlernen möchte, was die drei in eine Reihe von Abenteuern und amourösen Verwicklungen stürzt.
Carsten Kirchmeier inszeniert die Geschichte stringent, kann allerdings nicht verhindern, dass der erste Akt mit seinen fast 90 Minuten oft etwas langatmig daherkommt. Es ist lobenswert, dass die ursprüngliche Fassung präsentiert wird, allerdings hätten einige Kürzungen der Inszenierung gut getan. Besonders die schön anzusehenden Balletszenen, die die Großstadtatmosphäre und Stimmungen reflektieren, bremsen die Handlung fast vollständig aus. Sie dienen weder als klassische Musical-Shownummern, noch fördern sie den eigentlichen Fortgang der Handlung.
© Foto: Thilo Beu
© Foto: Thilo Beu
Das sehenswerte, auf einer Drehbühne aufgebaute Bühnenbild von Jürgen Kirner stellt sich eigentlich als äußerst flexibel dar. Die Umbauten sind allerdings ab und an etwas zeitintensiver, sodass die Inszenierung immer wieder ins Stocken gerät. Kirner nutzt riesige Transportkisten in verschiedenen Formen und Größen, die einerseits die Skyline von Manhattan symbolisieren, andererseits durch Öffnen der Kisten - in Kombination mit Vorhängen und kleineren Requisiten - neue Räumlichkeiten entstehen lassen. Vom Apartment, über Coney Island bis hin zum großen T-Rex-Skelett im Naturkundemuseum, zeigt sich sein Bühnenbild sehr abwechslungsreich. Trotzdem ist anzumerken, dass die Verwendung dieser Transportkisten, die sicherlich auch ein Querverweis zu den Themen Reise und Seefahrt darstellen sollen, insgesamt einen recht sterilen Gesamteindruck machen. Ein wenig mehr Farbe, auch durch die Beleuchtung, hätten dieser Idee den letzten Schliff gegeben.
© Foto: Thilo Beu
© Foto: Thilo Beu
Das Ensemble setzt sich fast ausschließlich aus klassischen Sängerinnen und Sängern zusammen, was oft nachteilig für Musicalproduktionen ist. Glücklicherweise überzeugen die Hauptdarsteller Piotr Prochera (Gabey), Michael Dahmen (Chip) und E. Mark Murphy (Ozzi) durch Spielfreude und den Kompositionen entsprechenden zurückgenommenen Gesang, der nur selten in den Höhen zu opernhaft und schwer klingt. Dass die voluminösen Stimmen für jugendliche Matrosen etwas unpassend sein könnten, mag Geschmackssache sein.
© Foto: Thilo Beu
© Foto: Thilo Beu
Bei den Damen sticht vor allem Judith Jakob als tollkühne und energiegeladene Taxifahrerin Hildy heraus. Die ausgebildete Musicaldarstellerin fällt sowohl stimmlich als auch darstellerisch äußerst positiv aus den Rahmen. Mit Schwung, Witz und passender Beltstimme ist sie die auffälligste Person auf der Bühne. Schade, dass nicht das ganze Ensemble ein wenig von dieser Energie annimmt, denn insgesamt wirkt der Großteil der Operndarsteller und -darstellerinnen gerade im direkten Vergleich zu Judith Jakob etwas gemächlich.
Wenig Kritikpunkte gibt es dagegen am Orchester unter der Leitung von Rasmus Baumann, denn die musikalische Seite gehört zu den Highlights der Inszenierung. Grandios wie die jazzigen Momente herausgearbeitet werden, toll wie nuanciert die Kompositionen durch das Theater hallen und einfach wunderbar, ein Musical von so einem großen Orchester dargeboten zu bekommen. Das wunderschöne Quartett "Some Other Time" stellt schließlich kurz vor Ende den musikalischen Höhepunkt dar, denn vier wunderbare Stimmen, ein Bühnenbild mit riesigem Mond am Horizont und ein sensibles, fein geführtes, voluminös schwelgendes Orchester verzaubern auch den letzten Skeptiker. In Zeiten der orchestralen Sparversionen bei den privaten Anbietern macht sich nach dem Besuch von "On the Town" einmal mehr bemerkbar, was ein groß aufspielendes Orchester für ein Musical und deren Gesamteindruck bedeuten kann.
(Text: mf)

Kreativteam
Besetzung
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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