 Grusical
Sweeney Todd Fleet Street Open-Air
© Schlossfestspiele Ettlingen
© Schlossfestspiele Ettlingen
Viel Neues bringt die "Sweeney Todd"-Inszenierung der Schlossfestspiel Ettlingen nicht – das muss sie aber auch nicht! Mit einer angenehm bodenständigen Inszenierung und einem brillanten Ensemble gelingt Regisseur Udo Schürmer mit der Umsetzung des Sondheim-Klassikers ein kleines Highlight der Open-Air-Saison.
(Text: Dominic Konrad) Premiere: | | 27.06.2013 | Rezensierte Vorstellung: | | 28.06.2013 | Letzte bekannte Aufführung: | | 17.08.2013 |
Allein schon die wehrhafte Barockarchitektur des Ettlinger Schlosses strahlt die passende Atmosphäre aus, wenn vor Beginn der Vorstellung die schrillen Tonfolgen von Stephen Sondheims Musicalthriller über die hohen Mauern des Innenhofs schallen. Wenn sich dann die Pforten öffnen, geben sie den Blick frei auf das eigentliche Bühnenbild: Wie schiefe Hexenhäuser ragen auf der Bühne schwarzgetünchte Bretterverschläge in die Höhe. Sie deuten die Fassaden des Viertels rund um die Fleet Street an. Große Szenenwechsel gibt es in dieser Inszenierung nicht, die Bühne von Steven Koop nutzt das Setzkastenprinzip: Je nach Szene öffnen sich mal am rechten Bühnenrand zwei kleine Balkons, um das Haus des Richters Turpin darzustellen oder es fungiert eine Lade auf der linken Seite als Pirellis Schaubühne oder als Irrenhaus. Die Mitte gibt den Blick frei auf Mrs. Lovetts Pastetenladen und Sweeney Todds Barbierstube, die beiden zentralen Spielorte. Auf eine übermäßige Ausstattung verzichtet man in Ettlingen und setzt mit wenigen Farbtupfern – etwa der Kachelwand in Mrs Lovetts renoviertem Lokal – umso wirkungsvollere Akzente in der kargen Bühnenlandschaft.
© Schlossfestspiele Ettlingen
© Schlossfestspiele Ettlingen
Die strengen viktorianischen Kostüme tragen zum Flair der Inszenierung bei, auch wenn man ihnen mühelos die Nähe zu Tim Burtons "Sweeney Todd"-Verfilmung ansieht. Vor allem Todd ist nah am Vorbild Johnny Depp gehalten. Ein großer Sprung in Sachen Innovation ist die Ettlinger "Sweeney Todd"-Inszenierung sicherlich nicht. Udo Schürmer inszeniert Sondheims Musical handwerklich einwandfrei mit viel Liebe zum Makabren und abwechslungsreich gespielten Szenen, so dass keine Langeweile aufkommt.
© Schlossfestspiele Ettlingen
© Schlossfestspiele Ettlingen
Dabei stellt das Ensemble, das Schürmer in Ettlingen versammelt, einen entscheidenden Faktor dar. Selten findet sich eine Cast, die bis in die kleinsten Rollen derart exzellent besetzt ist. Fernand Delosch meistert die Titelrolle des Sweeney Todd sowohl schauspielerisch als auch gesanglich mit Bravour. Er legt den rachsüchtigen Barbier grollend und bedrohlich an, seine Anspannung – vor allem in den Rasur-Szenen – spürt der Zuschauer bis in die Haarspitzen. Gleichzeitig gelingt es ihm mühelos, die Brücke zum bösartigen Humor zu schlagen. Kongenial steht ihm Gudrun Schade als Mrs. Lovett zur Seite. Mit großer Lust und Laszivität spielt und singt sie sich durch den Abend und trumpft mit großartiger Mimik und treffsicher gesetzten Pointen.
Jon Geoffrey Goldsworthy ist als Richter Turpin eine regelrechte Traumbesetzung. Sein warmer Bass passt hervorragend zur schmeichelnden, hintergründig bösartigen Interpretation seiner Figur. Für große Lacher sorgen der ebenfalls gesanglich hervorragende Alexander S. Nikolic als operettenhafter Signore Pirelli und Thomas Schirano als Büttel Bamford. Ein große Kunststück gelingt Nikolaj Alexander Brucker: Aus der blassen Erscheinung des Anthony macht er einen tatsächlich liebenswerten Charakter. Auch wenn Bruckers Stimme anfangs ein wenig zu dunkel und kräftig für die Rolle scheint, gewöhnt man sich hier nur zu gerne um.
So ist die "Sweeney Todd"-Inszenierung der Ettlinger Schlossfestspielen nicht mehr und nicht weniger als ein leichter und unterhaltsamer Theaterabend auf qualitativ hervorragendem Niveau. Eine durch und durch beachtliche Leistung.
(Text: krd)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    30094 Grandios!
15.08.2013 - Sweeney Todd in Ettlingen ist die beste Inszenierung, die ich von diesem Stück bisher gesehen habe!
Da stimmt einfach alles!
- Grandiose Darsteller, egal ob Hauptrolle oder Ensemble
- Musikalisch auf sehr hohem Niveau
- Tolles Bühnenbild, das keine Wünsche offen lässt
- Schöne Kostüme
- Einfallsreiche Regie
Regisseur Udo Schürmer schafft es einen Abend auf die Bühne zu bringen, der keine Wünsche offen lässt!
Ich bin schon jetzt gespannt, was nächstes Jahr auf dem Spielplan stehen wird!

ASchneider (4 Bewertungen, ∅ 4.5 Sterne)
    30073 ÜBERRASCHEND GUT
27.07.2013 - Nachdem ich Sweeny Todd vor kurzem in Hildesheim gesehen habe und das für mich eine große Enttäuschung war in seiner ganzen Gesamtheit, habe ich lange überlegt, ob das Werk wohl bei einem doch eher kleineren Freilichtfestspiel besser werden kann und wollte erst garnicht kucken. Das Wetter hat mich dazu überredet und siehe da....Allem voran....ich habe endlich einmal ganz viel Text verstanden.Damit habe ich ausgerechnet Freilicht nicht gerechnet. Das Päärchen Lovett/ Todd waren in keinster Weise mit dem was ich in Hildesheim sah ,und vor allem nicht hörte und verstand, zu vergleichen. Fernand Delosch zeigte grandios, wie phantastisch es klingen kann, wenn die Rolle des Sweeny wirklich gesungen wird und dabei trotzdem zu verstehen ist, was ich bei dieser Art von Musik sehr wichtig finde.Ganz hervorragend. Ebenfalls seine Partnerin G.Schade. Sie hatte wirklich alle Facetten die diese Figur brauchte. 2 Darsteller von denen man das Gefühl hatte die Szene zu beherrschen.Ihnen gelang ein Thriller. Auch das junge Päärchen Anthony/ Joana waren agil und temperamentvoll wobei M.Haipt als Joana nicht wirklich die klassische Stimme für die hohen Stellen hat, die Stimme war etwas piepsig und kraftlos, aber dafür war Anthony um so weicher und hat zum Glanz des Klanges der beiden beigetragen.
Auch das restliche Ensemble war gut besetzt, die hohen manchmal undankbar klingenden Stimmpartien wurden sehr gut gesungen und bewältigt. Das selbe gilt für den Chor, der hier ja glaube ich nicht aus Opernsängern besteht sondern aus Musicalleuten, was sich als großer Vorteil herausstellte. Eine sehr lebendige und aufregende Darbietung, womit ich nicht gerechnet habe zumal Ettlingen, man verzeihe mir, ja nicht die größte Freilichtbühne an sich ist.
Das Orchester klang irgendwie nicht so ganz satt , ich weiß nicht, vielleicht haben weniger gespielt, bei Freilicht sitzt da vielleicht keine komplette Besetzung. Gerade bei diesem Wetter auf jeden Fall eine sehr empfehlenswerte Vorstellung. Ich war wirklich überrascht. Das Gesamtbild hat einfach überzeugt. Das Bühnenbild hat sich sehr schön in den Schlosshof eingefügt, viel Holz was auch wieder gut in die zeit passt in der das Stück spielt Die Kostüme waren sehr Schick und farbenfroh. Schaut es euch an der Besuch lohnt sich wirklich! Auch Ettlingen hat viele schöne Ecken die den Abend dann zu einem besonderen Erlebnis machen! Sehr empfehlenswert.

Theater55 (15 Bewertungen, ∅ 2.6 Sterne) 
Bitte melden Sie sich an, wenn Sie einen Leserkommentar abgeben wollen. Neu registrieren | Logon Details können Sie hier nachlesen: Leserkommentare - das ist neu |