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 Großstadtmusical
Company Heirat' mich ein bißchen
© Hans Jörg Michel
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Sondheims Episoden-Musical über den Beziehungsreigen um den New Yorker Junggesellen Robert, der mittlerweile nur noch Ehepaare im Freundeskreis hat. Zwar wirkt die Premiere im Nationaltheater Mannheim optisch etwas karg, doch durch das durchweg gute Ensemble fühlt man sich trotzdem sehr gut unterhalten und vermisst keine visuellen Reize.
(Text: Christian Heyden) Premiere: | | 15.06.2013 | Rezensierte Vorstellung: | | 15.06.2013 | Letzte bekannte Aufführung: | | 22.03.2014 |
Im Kino wäre "Company" wohl mit Episoden-Film untertitelt, denn eine richtige Handlung im eigentlichen Sinn liegt dem Stück nicht zugrunde. Robert, eingefleischter Junggeselle, feiert seinen 35. Geburtstag und wird von seinen Freunden mit einer Party (fast) überrascht. So fängt das Stück an - und so endet es auch. Dazwischen sehen wir Robert in verschiedenen Alltagssituationen mit seinen Freunden - allesamt Pärchen, die mit dem armen einsamen Single Mitleid haben und ihm die Vorzüge der Ehe schmackhaft machen wollen. Das gilt wenigstens für die Damen in der Riege, die Herren dagegen beneiden Robert um sein Singledasein - zumindest ein bisschen.
Da es sich bei "Company" um ein Ensemble-Stück handelt, ist es schwierig, einzelne Personen besonders hervorzuheben, zumal das in Mannheim spielende Ensemble bis in die letzte Rolle sehr gut besetzt ist.
© Hans Jörg Michel
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Stefanie Köhm, bereits durch ihre fantastische "Avenue Q"-Spielzeit in Mannheim bekannt, amüsiert als quirlige Sarah, für die es nichts erotischeres gibt, als Robert beim Essen eines Brownies zu beobachten. Ihren Mann Harry spielt Thomas Winter. Die Szene der beiden gehört zu den witzigsten des Abends, vor allem wenn Sie sich gegenseitig im Schwitzkasten haben, nachdem Harry auf eine Vorführung von Sarahs Kampfsportkünsten besteht.
Das oberflächlich perfekte Pärchen Susan und Peter wird von Jessica Krüger und Frank Wöhrmann gegeben. Buchbedingt bekommt Jessica Krüger nicht viel Gelegenheit zu glänzen, weiß aber durchaus in ihrer Rolle zu überzeugen. Auch Peters Part ist recht blass, gewinnt aber wenigstens etwas mehr Charakter, wenn er im zweiten Akt versucht, Robert seine Liebe zu gestehen.
Eine deutlich dankbarere Szene haben da schon Michaela Duhme und Tilmann von Blomberg als Jenny und David. Er, der Künstler - Sie, die Spießerin. Wenn die beiden zusammen mit Robert kiffen und David seine Frau dazu anstachelt, mit Schimpfworten um sich zu werfen, ist das sehr unterhaltsam.
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Ein Highlight des Abends stellt die bevorstehende Hochzeit von Amy und Paul da. Thomas Klotz gibt einen treudoofen Paul mit Hundebabyblick, für den überzeugend eine Welt zusammen stürzt, als Amy (überzeugend hysterisch dargestellt von Carolin Soyka) ihn vorm Traualtar stehen lässt. Sie hat auch das Glück mit "Die Hochzeit fällt heut aus" einen der großen Showstopper des Abends darbieten zu dürfen. Manchmal leidet bei ihrem extrem schnellen Sprechgesang zwar die Textverständlichkeit, aber im Großen und Ganzen gelingt ihr damit eine tolle Nummer.
Kerstin Marie Mäkelburg und Nico Gaik spielen Joanne und Larry. Larry fällt im ersten Akt kaum auf, ist er doch hauptsächlich Joannes Anhängsel, bevor er im zweiten Akt auch Charakter zeigen darf. Kerstin Marie Mäkelburg hat vom ersten bis zum letzten Auftritt die Bühne fest im Griff. Ihre Joanne ist bissig, zynisch und ein wenig boshaft - da macht es richtig Spaß ihr zuzusehen. Auch ihre Songs, vor allem "Auf all die gnädigen Frauen", gelingen ihr sehr gut.
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Von den drei Singledamen aus Roberts Liebesleben ist es in der besuchten Vorstellung vor allem Karin Seyfried, die das Publikum auf ihre Seite zieht. Ihre April ist ein bezauberndes blondes Dummchen, das mit charmantem Lächeln alle verzaubert. Gesanglich begeistert sie mit der schönsten Stimme des Abends. Aber auch Filipina Henoch als Marta und Julia Lißel als Kathy überzeugen in ihren Rollen und wenn die drei Grazien zusammen "Du treibst einen fast zum Wahnsinn" singen, dann überbieten sie ihre Einzelleistungen nochmals.
Bleibt noch Hauptdarsteller Alexander Franzen als umschwärmter Robert. Anfangs kann man die Faszination, die er auf die anderen Charaktere ausüben soll, noch nicht nachvollziehen, aber im Laufe des Stückes gerät man immer mehr in seinen Bann. Spätestens wenn er zu Joanne frech sagt, "Hör auf, auf mein Charisma zu starren!" ertönt auch im Publikum so manches Kichern. Seine Songs gibt er stimmstark, auch wenn seine Gesangstechnik bei laut gesungenen Vokalen nicht jedermanns Sache ist und er teilweise etwas ins Schreien gerät. Wenn er am Ende davon singt, dass er das Leben spüren will, vermag er es wirklich zu berühren.
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So vielschichtig die Charaktere im Stück sind, so karg ist doch das Bühnenbild. Ja, es ist zweckdienlich, aber wieso ein riesiges Rhönrad mit integrierter Spielfläche? Zugegeben, wenn Robert mit Jenny und David kifft und sich dabei das Rad um sie herum dreht, passt das schon. Auch als Balkon muss es herhalten oder zwischenzeitlich zur Bar werden, aber hauptsächlich wird ziemlich viel darauf herumgeturnt. Ein klein wenig mehr und wechselhaftere Austattung wäre durchaus wünschenswert.
"Company" ist ein Stück, auf das man sich einlassen muss, fehlt ihm zum klassischen Musical doch der Handlungsbogen. Jedoch ist es ein sehr gutes Beispiel dafür, was das Genre abseits des Mainstreams noch zu bieten hat, und allein schon dank dem spielfreudigen Ensemble ist die Mannheimer Inszenierung einen Besuch wert.
(Text: ch)

Verwandte Themen: Produktion: Company (Theater - Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld) News: Bielefelder "Company"-Inszenierung 2013 in Mannheim (14.06.2012)
Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    30165 Tolles Ensemble!
16.11.2013 - Die Show hat ihre starken Nummern und diese werden von tollen Künstlern vorgetragen. Besonders die Hochzeitsszene war für mich ein Highlight.
An zwei bis drei Stellen fehlte mir ein wenig mehr Optik auf der Bühne. Es braucht nicht viel, aber etwas mehr hätte gut getan.
Da der bestehende Rezension von meiner Seite nichts hinzu zu fügen ist, fünf Sterne für tolle Unterhaltung.

TazMA (36 Bewertungen, ∅ 3.8 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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