 |
 Klassiker
Funny Girl If a Girl Isn't Pretty
© Theater Dortmund
© Theater Dortmund
Mit dieser Inszenierung ist Stefan Huber und der Oper Dortmund ein richtig großer Wurf gelungen. Äußerst selten findet man an deutschen Stadttheatern Musicalinszenierungen auf so hohem Niveau. In der Spielzeit 2013/14 als Koproduktion der Theater Dortmund, Nürnberg und Chemnitz auch in Bayern und Sachsen zu sehen.
(Text: Maik Frömmrich) Premiere: | | 03.05.2014 | Rezensierte Vorstellung: | | 21.10.2012 | Letzte bekannte Aufführung: | | 13.06.2014 |
Premiere in Nürnberg: 02.11.2013 Premiere in Chemnitz: 03.05.2014
Die Geschichte ist schnell erzählt. Die nicht sehr hübsche Fanny Brice ist überzeugt davon, ein großer Star bei den Ziegfield Follies zu werden und erkämpft bzw. ertanzt und ersingt sich mit viel Ausdauer und Elan schließlich den großen Ruhm. Sie verliebt sich in den Glücksspieler Nick Arnstein, beide heiraten, bekommen ein Kind, und nachdem Arnstein wegen Betrugs ins Gefängnis muss, beendet er nach 18 Monaten Haft schließlich die Beziehung zu Fanny Brice.
© Theater Dortmund
© Theater Dortmund
Stefan Huber erzählt diese Geschichte wunderbar geradlinig, sodass man sich in Raum und Zeit der Handlung wohlfühlt und auch die ein oder andere Länge im ersten Akt gut übersehen kann. Er verzichtet auf unnötige Modernisierungen und ordnet sich der Handlung unter. Eine toll ausgearbeitete Personenregie garantiert starke, intime Momente - besonders im dramatischeren zweiten Akt reihen sich viele spannungsgeladene Augenblicke aneinander - im Kontrast zu großen Shownummern, die das klassische Broadwaymusical mit viel Schwung wiederbeleben.
Zu diesem Ansatz passt das gelungene Bühnenbild von Harald B. Thor, das alles bietet, was zu einem Musicalklassiker gehört: Die große Showbühne für die Ziegfield Follies oder kleinere Räumlichkeiten wie die Garderobe von Fanny Brice, die schnell und unkompliziert von der Seitenbühne hereingefahren wird, werden genauso selbstverständlich präsentiert wie stimmungsvolle Straßenzüge mit Laternen oder große Hauseingangshallen mit Kronleuchter. Der Hauptteil des Bühnenbilds besteht aus großen hängenden holzfarbenden Lamellen, die durch Bühnenarbeiter in Kostümen immer wieder anders angeordnet werden können und dadurch ständig neue Räume schaffen. Ein paar große Bühnenprospekte der Örtlichkeiten und die passenden Requisiten dazu - und fertig ist das stimmungsvolle Bühnenbild. Ein wenig mehr Farbenpracht wäre ab und zu wünschenswert und auch der ein oder andere Umbau bremst ein wenig den Fortgang der Handlung ab, aber das sind Nichtigkeiten, die man gerne übersieht.
© Theater Dortmund
© Theater Dortmund
Susanne Hubrich ergänzt den visuellen Faktor mit wunderschönen Kostümen, die Zeit und Örtlichkeit bestens wiederspiegeln. Angefangen bei ausgefallenen Bühnenkreationen für die Ziegfield Follies über schlichte Kleidung für die "einfachen" Menschen bis hin zu perfekt geschnittenen Kleidern für Fanny Brice - Susanne Hubrich unterstützt mit ihren Kostümen immer Szene und Charakter.
Abgesehen vom schwungvollen Orchester unter der Leitung von Jürgen Grimm, den stimmungsvollen Choreografien von Danny Costello - erwähnenswert ist die große Shownummer im zweiten Akt, in der das engagierte Ensemble eine abwechslungsreiche Choreografie mit Gewehren darbietet – und dem gesamten Ensemble, das mit viel Spielfreude und wenig Opernpathos spielt und singt, gibt es einen großen Hauptgrund, warum man sich diese Inszenierung nicht entgehen lassen darf: Katharine Mehrling in der Titelrolle ist Dreh- und Angelpunkt dieses Musicals, steht fast durchgängig auf der Bühne und liefert eine Starperfomance ab, die man nur selten auf der Bühne sehen kann. Sie beherrscht die Bühne von Anfang bis Ende und schafft es auch in einem so großen Haus, eine Intimität zu schaffen, die beeindruckt. Ihr differenziertes Spiel, beginnend vom einfachen Mädchen über das exaltierte Showgirl bis hin zur eleganten Dame, die ihre Herkunft immer unterschwellig durchscheinen lässt, begeistert und imponiert gleichermaßen. Jede Geste und jede Haltung sitzt, weckt Emotionen und zieht das Publikum in seinen Bann. Sie lotet jede Stimmung und jeden Moment ihrer Rolle aus und wechselt spielend leicht zwischen Drama und Humor. Ihr starkes Spiel in Kombination mit ihren erstklassigen Interpretationen von Songs wie "People" oder "Don't rain on my parade" garantieren Gänsehautmomente, die den Zuschauer am Ende des Abends begeistert und euphorisiert den Saal verlassen lässt.
© Theater Dortmund
© Theater Dortmund
Wenn man schließlich Kritikpunkte anführen möchte, so kann man sagen, dass der Wechsel zwischen englischen und deutschen Songs etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass einige Choreografien noch unsauber sind und nicht jeder Schritt perfekt sitzt und dass, wie bereits erwähnt, einige Längen im ersten Akt sowie einige lange Umbauten den Gesamteindruck leicht trüben.
Jedoch sind das Kleinigkeiten, wenn man bedenkt, dass man ein selten gespieltes klassisches Musical in solch einer Qualität noch seltener auf deutschen Bühnen findet. Unbedingt anschauen und Katharine Mehrlings großartige Leistung genießen.
Musical von Jule Styne (Musik), Isobel Lennart (Buch) und Bob Merrill (Texte) Übersetzung von Heidi Zerning (Songs teilweise in Englisch) Koproduktion mit dem Theater Chemnitz und dem Staatstheater Nürnberg
(Text: mf)

Verwandte Themen: Produktion: Funny Girl (Oper Graz) News: "Funny Girl" ab Oktober am Theater Dortmund (11.03.2012)
Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken in Nürnberg 2013/14:
Fanny Brice - Katharine Mehrling / Frederike Haas
Nick Arnstein - Bernhard Bettermann / Tobias Licht
Eddie Ryan - Marc Seitz / Andreas Röder
Rose Brice - Marianne Larsen / Johanna Schoppa
Floranz Ziegfeld jr. - Richard Kindley
Mrs. Strakosh u.a. - Angelika Straube
Mrs. O'Malley u.a. - Stefanie Gröschel-Unterbäumer
Mrs. Meeker u.a. - Andrea Schwendtner
Emma u.a. - Sabine Lippmann
Mrs. Nadler u.a. - Gabriele Neumann
John u.a. - Klaus Brummer
Paul u.a. - Tobias Link
Heckie u.a. - Sebastian Köchig
Ziegfeld-Tenor u.a. - Timothy Hamel
Keenie u.a. - Dariusz Siedlik
Ensemble - Evita Komp , Mandy Marie Mahrenholz, Jane Reynolds, Marie Roehl, Veronique Spiteri, Sabrina Stein, Christian L. J. Hutter, Claus Opitz, Andreas Röder, Robert Schmelcher
in Dortmund 2012/13:
Fanny Brice - Katharine Mehrling
Nick Arnstein - Bernhard Bettermann
Eddie Ryan - Marc Seitz
Rose Brice - Johanna Schoppa
Florenz Ziegfeld jr. - Hannes Brock
Mrs. Strakosh u.a. - Renate Höhne
Mrs. O' Malley u.a. - Vera Fischer
Mrs. Meeker u.a. - Brigitte Schirlinger
Emma u.a. - Andrea Rieche
Mrs. Nadler u.a. - Maria Hiefinger
John u.a. - Henry Lankester
Paul u.a. - Hans-Werner Bramer
Heckie u.a. - Darius Scheliga
Renaldi u.a. - Carl Kaiser
Keeney u.a. - Savo Pugel
Ensemble - Mandy Marie Mahrenholz, Evita Komp, Jane Reynolds, Marie Julie Roehl, Veronique Spiteri, Sabrina Stein, Christian Loius-James, Robert Schmelcher, Andreas Röder, Claus Opitz
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 3 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    29780 Vergüglich...
30.10.2012 - ...dank der wunderbaren Katharine Mehrling und Stefan Huber`s Regie. Wobei die Frage ist, was die Beiden an diesem mittelmäßigen Stück gereizt hat. Wenn man für die großartige Mehrling ein Starvehikel suchte, hätte es bessere Stücke gegeben.
Egal, der Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

JürgenE (46 Bewertungen, ∅ 3.9 Sterne)
    29775 Tolle cast
24.10.2012 -

Averic (2 Bewertungen, ∅ 5 Sterne)
    29772 Musical auf höchstem Niveau
23.10.2012 - Funny Girl ist ein in Deutschland selten gespieltes Stück. Sicher können sich Zuschauer in den USA mehr auf solche Shows einlassen, wie z.B. auch Gypsy, ein Stück dass auch zu selten gespielt wird. Das Problem bei diesen Stücken ist, sie stehen oder fallen mit der Besetzung der Hauptrolle. In Dortmund wurde was die Bestzung der Fanny Brice betrifft alles richtg gemacht. Katharine Mehrling hat von der ersten Sekunde an das Publikum in der Hand und auf ihrer Seite. Sie spielt mit extrem viel Witz und charme , dass man ihr gar nicht wiederstehen kann. Genau so gehen die emotionalen Momente unter die Haut. Gesanglich sind die Solonummern von Fanny Brice jedes mal Highlights und wurden mit grossen Applaus gewürdigt. Selbst die Leute des Chores spielten voller Elan ihre kleinen Rollen und dabei ist Johanna Shoppa hervorzuheben, die die Mutter von Fanny spielt. Marc Seitz , der Eddie Ryan spielt, bringt eine soldie Leistung auf die Bühne. Stimmlich sicher und in den Spielszenen voller Energie. Leider bleibt die Rolle des Nick Arnstein etwas blass. Bernhard Bettermann, als Typ sicher richtig besetzt, spricht etwas monoton und kommt nicht so recht über die Rampe. Man fragt sich dann manchmal was Fanny an ihm findet. Trotzdem ist das Duett , You are woman, I am man, im ersten Akt zwischen beiden eine zuckersüsse Nummer. Das Musicalensemble tanzt und spielt den ganzen Abend mit grosser Freude. Die Choreographien von Danny Costello sind teilweise grosse Showstopper. Vor allem im zweiten Akt gibt es diesen erwähnenswerten Showstopper (rat-tat-tat) in dem das Ensemble mit Gewehren tanz und steppt, dass einen schwindlig wird. Spätestens da wird dem Dortmunder Publikum klar dass es gerade Musical auf hohem Niveau sieht. Die Kostüme von Susanne Hubrich sind traumhaft schön und schmeicheln den Dartsellern. Fanny Brice darf unzählige elegante Kleider tragen. Das Bühnenbild von Harald B. Thor ist eigentlich clever gedacht. Die Farbwahl eher etwas zu trist. Das Problem sind aber eher diese riesigen deutschen Stadttheater und Opernbühnen, die durch Ihre grösse keine Intimität aufkommen lassen. Da ist es um so bemerkenswerter dass Frau Merhling, eine sehr zierliche Person, es schafft Gänsehaut bis in die letzte Reihe, die gefühlt 2km von der Bühne weg ist, zu schaffen. In einem kleineren Theater wäre das Bühnenbild, mit viellicht ein paar Frabtupfern mehr, recht wirksam gewesen. Das Theater schien aber wieder mit dem Musical an seinen grenzen zu gehen, durch die etwas langsamen Umbauten und dem Orchester(was eigentlich toll gespielt hat) das aber gerne zu spät die Songs angespielt hat verliert die Produktion zwischendurch an drive. Auch die Dialoge hätten schneller gesprochen werden können.
Aber das sind alles kleine Kritikpunkte von einem im grossen und ganzen sensatinellen Musicalabend in Deutschland. Schade dass es selten im Stadttheater Bereich solche Produktionen gibt, dann das würde die Konkurrenten für die immer gleichen Shows von den grossen Musicalproduzenten sein. Leider entwickelt sich der Markt in Deutschland immer noch in einen seltsame Richtung und der Anspruch des Publikums bleibt immer noch an fliegenden Affen und verstaubten Vampiren kleben.
Man muss Stafan Huber danken dass er ein Stück so lässt wie es sein soll und auch nicht versucht moderne Kunst daraus zu machen oder ein Komik Strip (wie es vor Jahren Kassel gewagt hat Anything Goes zu verunstalten). Stefan Huber achtet detailiert auf die Zeit und auf den Inhalt des Stückes und man kann nur hoffen mehr von solchen Regiesseuren in Deutschland zu haben, die wissen was ein Musical braucht.

R.Ashford (2 Bewertungen, ∅ 3.5 Sterne) 
Bitte melden Sie sich an, wenn Sie einen Leserkommentar abgeben wollen. Neu registrieren | Logon Details können Sie hier nachlesen: Leserkommentare - das ist neu |
 |
|
 |
Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
|
Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
 |
 |