 |
 Compilation
Viva Forever I'll Tell You What I Want
© Brinkhoff/Mögenburg
© Brinkhoff/Mögenburg
Es sollte der große Nachfolgehit von "Mamma Mia!" Produzentin Judy Craymer werden, doch der Versuch scheitert kläglich. Kein Charme, keine Ironie, kein Herz und dazu eine hanebüchene Story, die nur so strotzt vor platten Gags und unausgegorener Dramaturgie. Viva Forever? Wohl kaum!
(Text: Maik Frömmrich) Premiere: | | 11.12.2012 | Rezensierte Vorstellung: | | 21.02.2013 | Dernière: | | 29.06.2013 |
Die Geschichte ist, wie so oft in Compilation Shows, schnell zusammengefasst. Viva (ein durchschnittliches West End Debut von Hannah John-Kamen) lebt mit Ihrer Mutter Lauren (Sally Ann Triplett, komplett unterfordert) auf einem Hausboot und möchte mit Ihren drei Freundinnen als Girlgroup bei einer Casting Show à la "X Factor" teilnehmen. Jurymitglied Simone (Sally Dexter, als alternder Star bewusst hemmungslos übertrieben angelegt) soll als Mentorin die Gruppe nach vorne bringen, doch entscheidet sie sich, nur mit Viva den Wettbewerb zu bestreiten, um für sich mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es folgt ein unstrukturiertes szenisches Durcheinander über die Machenschaften und Ziele der Medienbranche, die Freundschaft der Mädels untereinander und der Beziehung von Viva zu ihrer Mutter. Ach ja, natürlich darf eine Liebesgeschichte nicht fehlen. Viva und ihr musikalischer Leiter arbeiten zunächst lange und unbeeindruckt voneinander zusammen, in Spanien darf er ihr dann den Titelsong als Gitarrenversion präsentieren. Sofort kommt es zum Kuss, um in der Folge erst einmal die aufkeimende Beziehung zu ignorieren. Schließlich hat Viva ja eine Gesangskarriere vor sich. Abgesehen von der Frage, ob man auch auf der Musicalbühne dem Thema Castingshow Raum geben muss, fehlt diesem Konglomerat von Story jegliche Tiefe und Dramaturgie. Mögliche Konflikte werden mehr erwähnt, als aufgebaut und ausgespielt, die Figuren bleiben eindimensionale, klischeebesetzte Abziehbilder und spätestens in der Mitte des ersten Aktes gerät der Zuschauer in gleichgültige und gelangweilte Stimmung. Dabei sind wirklich gute Ansatzpunkte vorhanden. So Vivas Adoption, der Konflikt mit ihren Freundinnen oder aber auch das Bild der berechnenden Medienbranche. So fällt in einem Nebensatz, Viva dürfe nicht zunehmen, schließlich habe sie Size Zero zu tragen. Verschenkte Möglichkeiten, zumindest etwas Tiefgang und Drama ins Stück zu bekommen, wenn man andere Schwerpunkte gesetzt hätte. Stattdessen lässt Regisseur Paul Garrington seine durchaus talentierte Cast hysterisch überdreht über das unspektakuläre Bühnenbild von Peter McKintosh rennen. Statt natürlich komisch, wirkt alles aufgesetzt und gezwungen. Mit dem Holzhammer werden die teilweise furchtbaren Gags der Autorin Jennifer Saunders (Absolutely Faboulous) über die Rampe gebracht. Viele davon gehen direkt unter die Gürtellinie. Witze über die Krankheit Krebs und Kommentare wie "Ich lasse mir den Kopf rasieren, damit komme ich überall rein. Das große K hilft immer." sind unpassend und geschmacklos in einer solchen Show. Klar ist, die Handlung dient sowieso nur als Gerüst für die Songs der Spice Girls. Und diese werden auch ausreichend zum Besten gegeben. Unglücklicherweise zeigt sich schnell, dass die Songs dramaturgisch wie musikalisch nicht für die Bühne geeignet sind. Einige der Songs entfalten nur durch ihre ursprüngliche Mehrstimmigkeit eine gewisse musikalische Tiefe und können als Solonummer nicht überzeugen. Im Vergleich zur Hitdichte der Abba Songs sind die wenigen Hits der Spice Girls schnell aufgebraucht, so dass man auch eher unbekannte Songs von mangelnder Qualität verwenden musste. Die Arrangements entsprechen oft den Originalen, was bei einem Konzert sicherlich funktioniert, auf der Musicalbühne allerdings arg untheatralisch daherkommt Übrig bleibt ein unkreatives und steriles Gesamtwerk, das den Eindruck erweckt, nur auf schnellen Gewinn zu zielen. Einzig die weiblichen Teens und Twens im Saal konnten dem Stück offenbar etwas abgewinnen und hatten beim finalen Megamix richtig Spaß.
(Text: mf)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    29959 Trifft den Nerv.
01.04.2013 - Man muss Jennifer Saunders aus "French & Saunders" und "Absolutely Fab" kennen + etwas Verständnis für die Englische Kultur und Humor haben - dann hat man hier eine ganze Menge Spaß.
Das Ende hätte in der Tat etwas mehr Substanz vertragen können - so kam das Medley etwas überraschend.
Eine etwas roughe Variante eines Jukebox-Musicals mit sehr jungen Darstellern und Saunders-Rollen-Stereotypen, die nicht so slick wie Mamma Mia! daher kommen, aber dennoch für viel Spaß sorgen. Allerdings wird diese Version in der Tat außerhalb des britischen Kulturkreises kaum Chancen haben... Für Dayseats aber alle Male die £20 wert.

Krolock (7 Bewertungen, ∅ 3.3 Sterne) 
Bitte melden Sie sich an, wenn Sie einen Leserkommentar abgeben wollen. Neu registrieren | Logon Details können Sie hier nachlesen: Leserkommentare - das ist neu |
 |
|
 |
Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
|
Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
 |
 |