 Travestie-Komödie
La Cage Aux Folles Ich bin, was ich bin!
© Barbara Aumüller
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"La Cage aux Folles" verwandelt die Bühne des Großen Hauses am Darmstädter Staatstheater in eine schillernde Varieté-Bühne und beweist Mut zu Kitsch und Glamour. Ein kurzweiliger Theaterspaß mit Raum für ernstere Töne, die dank einer brillanten Darstellung von Randy Diamond als Travestiestar Zaza ihren rechten Platz finden.
(Text: Dominic Konrad) Premiere: | | 29.09.2012 | Rezensierte Vorstellung: | | 29.09.2012 | Letzte bekannte Aufführung: | | 16.03.2013 |
Es gibt Sachen, die sind gut, wie sie sind – Verbesserung nicht vonnöten. So auch "La Cage aux Folles" am Staatstheater Darmstadt. Hier waren keine Experimente notwendig, denn das Stück ist gut, so wie es ist. Regisseur und Intendant John Dew kleckert nicht, er klotzt. Seine Inszenierung des plüschig-schrillen Musicalklassikers von Jerry Herman und Harvey Fierstein ist ein Potpourri aus Marabufedern und Glitzerpailletten in Rosarot, in seiner Üppigkeit nahezu ein Statement gegen den anhaltenden Trend zu kleinen und minimalistischen Produktionen.
© Barbara Aumüller
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Eine solche wäre hier auch absolut fehl am Platz. "La Cage aux Folles" ist eine Boulevardkomödie, die auf dem gleichnamigen Gassenhauer von Jean Poiret aus dem Jahr 1973 basiert. Mit seinen überzeichneten Charakteren könnte das Stück aus der Feder von Harvey Fierstein, der für das Buch unter anderem mit dem Tony Award ausgezeichnet wurde, schnell zu einem allzu seichten Spaß verkommen, wären da nicht bei allem Klamauk auch die leisen Töne, die für Toleranz und Verständnis für die Lebenswirklichkeit des schwulen Paares werben.
© Barbara Aumüller
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John Dews Inszenierung spielt mit der Erwartung des Publikums. Die Wohnung des schwulen Paars Albin und Georges, ein Traum in rosa und lila Pastelltönen, ist auch nach der Umgestaltung durch den Sohnemann nur dürftig mit dem gutkatholischen Deckmäntelchen bedeckt. Wo vorher Skulpturen nackter Griechen standen, sind nun der fast nackte Heilige Sebastian und Jesus mit dem Lieblingsjünger zu sehen, Schulbuchbeispiele der homoerotisch aufgeladenen Kirchenkunst. Die Szenen auf der Varieté-Bühne schreien, dank des Bühnenbilds von Heinz Balthes, förmlich "Stöckelschuh, Marabou, Shalimar". Überall blinkt, blitzt und funkelt es. Die Tänzer(innen) schwingen in klassischer Manier die Beine, auch wenn zugegebenermaßen nicht alle mit den grazilen Hüft- und Beinschwüngen zurechtkommen. José Manuel Vázquez zeigt bei den Kostümen große Lust an ausgefallenen Kreationen und hat keine Scheu vor Unmengen an Strass, Federn und Kunstblumen, die aus den Herren des Tanzensembles Showgirls machen. Mit ebenso viel Pomp verwandelt er auch Randy Diamond in die Diva Zaza, deren Bühnenpräsenz den Abend maßgeblich mitbestimmt.
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Diamond legt seine Rolle herrlich schrill, schrullig und laut an und schmettert die großen Nummern des Abends mühelos und mit viel Witz. Seine Darbietung bleibt dabei alles andere als klamaukig. Er schafft es, zwischen den komischen Momenten, immer wieder an den richtigen Stellen leise und sanfte Akzente zu setzen. Sein "Ich bin was ich bin" am Ende des ersten Akts startet mit tiefgreifender Verletztheit und entwickelt sich zu absoluter Kampfbereitschaft gegen die Intoleranz – eine wahre Glanzleistung. Auch Bühnenpartner Ansgar Schäfer (Georges) und Franz Nagler als Schwiegervater Edouard Dindon spielen ihre Rollen überzeugend und mit dem richtigen Gespür für Komik und Publikumsstimmung. Zu dritt führen sie ein starkes Ensemble an. Einzig Stefan Reil bleibt als Sohn Jean-Michel völlig farblos und trifft auch gesanglich nur selten den richtigen Ton.
© Barbara Aumüller
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Auch wenn die Inszenierung im Vergleich zu anderen Stücken des Hauses recht bieder und altbacken scheint, so ist es genau das, was dem Musical gut tut, um das Thema Homo-Rechte in die Mitte der gutbürgerlichen Theatergänger zu holen. Die Darmstädter Fassung von "La Cage aux Folles" ist eine pointiert gespielte, spritzig erzählte Komödie mit reichem Dekor und opulenter Ausstattung, von einem guten Darsteller-Ensemble und einem glamourösen Hauptakteur getragen. Das Premierenpublikum bedankte sich für dieses Bekenntnis zur Spielfreude mit tosendem Applaus.
Musik und Gesangstexte von Jerry Herman Buch von Harvey Fierstein Deutsch von Erika Gesell und Christian Severin
(Text: Dominic Konrad)

Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 4 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    29882 La Cage aux Folles ohne Jacob....
01.02.2013 - Leider ist die Rolle des Jacob nicht vorhanden und dadurch verliert das Stück ein wichtiges Highlight! Schade.

Bella115 (8 Bewertungen, ∅ 3.1 Sterne)
    29852 Ein fast perfekter Käfig
02.01.2013 - Das Staatstheater Darmstadt, dessen Musicalangebot im Repertoire leider immer etwas bescheiden war, hat mit Jerry Hermans LA CAGE AUX FOLLES nun eine herrlich unterhaltsame und weitgehend sehr gut gelungene Inszenierung auf ihrem Spielplan.
Rein optisch ist das Stück perfekt umgesetzt worden. Lichdesign, Bühnenbild und vor allem die prächtigen, originellen und witzigen Kostüme von José-Manuel Vázquez passen 100%ig zur Geschichte und begeistern.
Die Besetzung ist auch rundum gelungen, typgerecht und kompetent. Allen voran natürlich Randy Diamond und Ansgar Albert Maria Schäfer als zentrales Paar Albin und George. Stimmgewaltig, charismatisch und temperamentvoll bilden sie das sympathische Herzstück der Aufführung.
Auch Stefan Reil (Jean-Michel), Hannah Garner (Anne)und Anja Bildstein (Jaqueline)
fallen mit schönen Stimmen und liebevoller Rolleninterpretation auf.
Herrlich auch Franz Nagler (Edouard Dindon) und Gundula Schulte (Mme Dindon) als reaktionäres Spießer-Paar, das zum Finale kräftig umgedreht wird.
Ein ganz dickes Lob auch an die umwerfenden Les Cagelles.
Die großartige Choreographie von Julio Viera Medina lässt jede der "Damen" mit viel Gestik und Mimik zu einem individuellen Unikat werden.
Einfach umwerfend komisch!
Wenn ich etwas negativ kritisieren würde, dann ist es die schmerzlich vermisste Zofe Jacob, die in dieser Inszenierung leider eingespart wurde.
Außerdem hätte Regisseur John Dew die Pointen des Stücks mitunter etwas trockener und subtiler setzen können. Weniger wäre mehr gewesen. Manchmal dachte ich, jetzt muß gleich noch ein Karnevalstusch kommen.
Aber ansonsten gibt es in Darmstadt einen rundum gelungenen, glitzernden und strahlenden Käfig zu bewundern, der allerbestens unterhält und amüsiert.

kevin (202 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne)
    29762 Fantastisch arbietung
11.10.2012 - Ein gelungener Abend.
Bei der Auswahl der Cast hätte man es nicht besser machen können.
Alle Darsteller mit großer oder kleiner Rolle haben einen fantastischen Job gemacht. Meine Frau und ich waren begeistert.Alle Sänger und Tänzer durchweg großartig. Wir werden uns das Stück sicherlich nocheinmal anschauen.

Musicalkenner (erste Bewertung)
    29746 Genial mit Wermutstropfen
04.10.2012 - Eine vortreffliche Show, wenn auch ein wenig szenisch abgespeckt und ohne den überzeichnenden und damit veranschaulichen Jacob. Den vermisst man schon sehr, wenn man das Stück in anderen Inszenierungen lieben gelernt hat. Aber ausgleichend dafür ist eine geniale Cast versöhnend. Randy Diamond als Zaza/Albin und Ansgar Schäfer als Georges sind atemberaubend gut besetzt. Ein wahrhaft genialer Griff in die Besetzungskiste, wenn da nicht Jean-Michel, dargestellt von Stefan Reil wäre. Die Trefferquote an richtigen Tönen kann man bei manchen Nummern an einer Hand abzählen. Besonders im ersten Akt meint man einen Ton-Legastheniker auf der Bühne stehen zu sehen, der dazu mit ADHS gestraft ist, wohl aber die Kunst der Eurythmie (tanze deinen Namen) in der Waldorfschule beherrschen gelernt hat. So ist es leider auch kein Wunder, dass eben ausgerechnet Jean-Michel als das schwarze Schaf auf der Bühne wirkt. Nicht weil es die Rolle oder die Inszenierung so verlangt, wirkt Stefan Reil wie fehl am Platz sondern weil er einfach nicht in das Ensemble derer passt, die hier eine richtig gute Show abliefern. Alles in Allem gelungene Umsetzung, traumhaftes Ballett und geniale Choreographien, geniale Besetzt mit Wermutstropfen.

DaMusical (erste Bewertung) 
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