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 Jubiläum
Elisabeth Ich gehör' nur mir
© VBW, Brinkhoff/Mögenburg
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Zum zwanzigjährigen Jubiläum kehrt die Kaiserin nach Wien zurück - in einer Neubearbeitung der klassischen Wiener Inszenierung und mit einem Großaufgebot an bekannten Namen. Das alles sorgt für einen Abend von hoher Qualität. Ein wenig mehr Mut zu Neuem wäre dem Stück dabei allerdings gut bekommen.
(Text: Dominic Konrad) Premiere: | | 05.09.2012 | Rezensierte Vorstellung: | | 14.09.2012 | Dernière: | | 01.02.2014 |
© VBW, Brinkhoff/Mögenburg
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"Kaiserinnen-Schmarrn" titelte die Wiener Presse hämisch, als "Elisabeth" im September 1992 in der österreichischen Hauptstadt seine Uraufführung feierte. Zu verschroben sei das Stück um Leben und Leid der Kaiserin. Texter Michael Kunze und Komponist Sylvester Levay versuchten in ihrem Bühnenstück eine Richtigstellung des durch die süßlich-kitschigen Romy Schneider-Filme der 1950er Jahre verzerrten Bildes der Kaiserin Elisabeth und schufen das Portrait einer emanzipierten Frau zwischen Hofzeremoniell, Schönheitskuren, politischen Winkelzügen und der Rastlosigkeit ihrer späten Jahre. Der Erfolg wandte sich gegen die Kritiker: Seit der Premiere sind zwanzig Jahre vergangen und "Elisabeth" steht nach wie vor auf den Spielplänen vieler Theater weltweit.
© VBW, Brinkhoff/Mögenburg
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Zum Jubiläum haben sich die Vereinigten Bühnen Wien zu einer zweiten Wiederaufnahme des Stückes entschlossen. Die Regie der Inszenierung am Raimund Theater übernimmt, wie schon 1992 und 2003, Harry Kupfer und bietet eine aktualisierte Variante der Originalversion. Die Wiener Elisabeth-Fassung ist geschmackvoll und intelligent wie eh und je. Kupfer arbeitet mit geschickt gewählten Akzenten aus dem Bildfundus der k.u.k. Monarchie, die den Zuschauer in die Welt der letzten Habsburger entführen. Die düstere Gesamtwirkung des Bühnenbilds führt dabei immer wieder vor Augen, dass das Treiben auf der Bühne nur ein Abglanz einer längst vergangenen Epoche ist, das wiederauflebende Abbild einer schon verblichenen Welt. Gleichzeitig nutzt Kupfer die Bühne auch für augenzwinkernde Kritik am Sissi-Kitsch, lässt etwa bei der Verlobungsszene in Bad Ischl einen Vorhang aus Hirschgeweihen fallen und karikiert damit die Atmosphäre der Heimatfilm-Idylle. Behutsam wurde die Inszenierung auf den neuesten Stand gebracht: In der 2012er Version sind die Kostüme opulenter als zuvor und eine Videowand bietet auf der gesamten Bühnenbreite die Möglichkeit, das Szenenbild dezent in Bewegung zu setzen.
© VBW, Brinkhoff/Mögenburg
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Wer in der neuen Wiener Fassung nach großen Neuerungen im Libretto sucht, wird enttäuscht werden. Der Prolog "Alle tanzten mit dem Tod" wird wieder, wie in der Ur-Fassung, mit Solo-Partien von Sophie und Ludovika, Franz-Joseph und Rudolf gespielt. Das Duett zwischen Elisabeth und dem Tod "Wenn ich tanzen will" ist seit der Essener Aufführung 2001 verbindlich und aus der Wiener Fassung 2003 wurde das Solo der Kaiserinmutter Sophie "Bellaria" wieder eingefügt. Einzige Neuerung ist die erstmalige Aufführung von "Rondo – Schwarzer Prinz" im deutschsprachigen Raum, das ursprünglich für die japanische Fassung des Musicals geschrieben wurde. Der fröhlich-treibenden Rhythmus des Liedes fällt allerdings aus dem Rahmen des ansonsten in sich sehr schlüssigen und stimmigen Stückes und es bleibt fraglich, ob dieser Ersatz für Elisabeths "Schwarzer Prinz" eine wirklich geschickte Entscheidung war.
Bei der Besetzung haben die Vereinigten Bühnen Wien einige der bekannten Namen der deutschsprachigen Musicalszene auf der Bühne versammelt. Annemieke van Dam spielt - wie schon bei den beiden Deutschlandtourneen 2009/10 und 2011/12 - die Titelrolle der Kaiserin. Dementsprechend versiert und sicher wirkt ihre Elisabeth, die in schauspielerischer Hinsicht facettenreich gelingt. Sie überzeugt sowohl in den Jugendpartien als Prinzessin in Bayern als auch als vergrämte Kaiserin der späten Jahre. Auch eine stimmliche Entwickelung ist in ihrem klaren Sopran deutlich angelegt. Wirkt ihr "Ich gehör nur mir" in den Schlusstönen noch ein wenig brüchig, so hat spätestens die Verbitterung bei "Nichts, nichts, gar nichts" Gänsehautpotenzial. Annemieke van Dam zeigt sich der Nachfolge von Pia Douwes und Maya Hakvoort gewachsen.
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Mark Seibert spielt den Tod mit viel Nonchalance und der nötigen Arroganz. Stimmlich meistert er die Partie mühelos und einwandfrei. Sein Tod variiert zwischen sanft säuselndem Verführer und forderndem Angreifer, der letztlich mit einer gehörigen Prise Erotik Kaiserin und Publikum in seinen Bann zieht. Kurosch Abbasi als Elisabeths Mörder Luigi Lucheni nimmt nur langsam Fahrt auf und wirkt anfangs zu brav und gesittet. Spätestens im zweiten Akt hat er seine Rolle aber voll und ganz gefunden und schmettert "Kitsch" mit der hörbarer Lust zur Anarchie. Für das nötige Quäntchen Romantik sorgt Franziskus Hartenstein in seiner Rolle als gutmütiger Kaiser Franz-Joseph dank des Schmelzes seines warmen Tenors. Anton Zetterholm als Kronprinz Rudolf stemmt die eher kleine Partie stimmlich wie schauspielerisch solide, scheitert allerdings an der lyrischen Bandbreite, die für "Wenn ich dein Spiegel wär" vonnöten wäre.
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Vor allem die Partien der Eltern von Franz und Elisabeth machen die neue Wiener Version des Stücks zu einem wahren Genuss. Christian Peter Hauser gibt den Herzog Max mit viel Spaß und angenehmem Bariton, Daniela Ziegler ist als Kaiserinmutter Sophie überzeugend streng und hinterlässt mit "Bellaria" einen bleibenden Eindruck. In der Doppelrolle als Herzogin Ludovika und Frau Wolf zeigt Carin Filipčić ein breites Spektrum ihres Könnens zwischen fröhlich-mütterlich und lasziv-provokant und macht die Bordellszene um "Nur kein Genieren" zu einem der besonderen Höhepunkte der Aufführung.
"Elisabeth" in der Wiener Fassung 3.0 ist eine ausgesprochen gelungene Wiederaufnahme des Stückes zum zwanzigsten Geburtstag. Harry Kupfers Inszenierung hat über die Jahre nichts von ihrem Charme und Biss verloren, das prominent besetzte Ensemble tut sein Übriges, um die Aufführung zu einem Erfolg zu machen. Dennoch stellt sich nach den zwei Wiener Vorgängerfassungen und den deutschen Tournee-Produktionen ein starkes Déjà -Vu-Gefühl ein. "Elisabeth" im Raimund Theater ist gut wie eh und je, Überraschungen sucht man allerdings vergebens. Vielleicht ja dann zum 25. Geburtstag.
(Text: Dominic Konrad)

Verwandte Themen: News: Koen Schoots: Meisterwerke brauchen keine Änderungen (11.08.2012) News: "Elisabeth" mit van Dam, Seibert, Abbasi und Zetterholm (25.04.2012) News: "Elisabeth" kehrt 2012 nach Wien zurück (30.09.2011)
Kreativteam
Besetzung
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 7 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    30010 Leider eher enttäuschend
26.05.2013 - Ich habe mich sehr gefreut auf Elisabeth in Wien, und wurde dann aber leider doch sehr enttäuscht.
Die Darsteller Riege wird von Annemieke van Dam als Elisabeth angeführt, die in der gesehen Vorstellung die Wandlung von der jungen, verspielten Sissi zur kalten Elisabeth nicht gut hinbekommen hat. Dazu waren die Spitzentöne mehr geschrien als gesungen.
An ihrer Seite war Mark Seibert ein sehr steifer Tod.
Männlich mit guter Stimme, aber leider habe ich die Magie vermisst, die diese Rolle früher besaß.
Kurosch Abbasi als Lucheni ist längst nicht so verrückt und energiegeladen wie frühere Darsteller in dieser Rolle, was die Rolle hier dann auch schwächt.
Ein Glanzlicht bei den Darstellern ist Dagmar Hellberg als Erzherzogin Sophie, die mit guter Stimme und Härte im Spiel eine sehr gute Leistung abliefert.
Die Bühne ist hier so voll gestellt, dass ich vermute die Regie dachte Mehr ist Mehr... Was dem Stück aber, meiner Ansicht nach, nicht besonders gut tut.
Ein Großes Plus war wiedermal das Orchster der VBW. Die Musik war emotional und klang so voll und schön, dass es eine helle Freude war.
Elisabeth in Wien muss man nicht unbedingt sehen, es sei denn man will die Partitur mal mit großem Orchester hören.

KristinP (78 Bewertungen, ∅ 3.6 Sterne)
    30000 Reicht nicht an die Qualität der früheren Inszenierungen ran!
16.05.2013 - Ich habe mir letzten Sonntag endlich mal "Elisabeth" im Raimundtheater angesehen und muss leider sagen, dass mich die Inszenierung kalt gelassen hat. Sie kommt nicht an die Qualitäten den früheren Inszenierungen ran. Ich habe mir lange überlegt, woran es liegen könnte, denn die meisten Darsteller fand ich nicht schlecht. Doch eben auch nicht als super stark. Gestern Abend habe ich mir dann Zuhause nochmals die DVD vom Musical angesehen und mir sind viele Kleinigkeiten aufgefallen, warum mir das Herzblut im Raimundtheater gefehlt hat: Die neuen Hintergründe sinde mir zu kitschig ausgefallen und die neuen Kostüme sind mir zu glatt. Man hat die morbide Dürsterheit aus dem Stück genommen, was für mich gerade immer bisher das gewisse Etwas darstellte. Ja... die ganze Inszenierung wurde eindeutig verkitscht, was ich sehr bedauere. Wie gesagt, die Darsteller spielten und sangen nicht schlecht. Doch es fehlte irgendwie eine gewisse Dynamik... Herzblut. Positiv aufgefallen ist mir Annton Zetterholm als Rudolf, der wirklich eine tolle Leistung mit seiner relativ kleinen Rolle erbringt.

frankw (erste Bewertung)
    29728 netter Theaterabend
26.09.2012 - Ein schönes Theater mit tollem Ambiente,
großes Orchester, ein wunderbares Musical und trotzdem sprang der Funke nicht über. Das lag meiner Meinung nach an der Besetzung: Annemieke van Dam gefiel mit darstellerisch, aber wirkte stimmlich doch angestrengt und in den Höhen einfach nur "geschrien". Mark Seibert blieb merkwürdig blass.
Positiven bleibenden Eindruck hinterliessen Daniela Ziegler und vor allen Dingen Anton Zetterholm. Selten einen so starken Rudolf gesehen.
Aber natürlich kann man Elisabeth jedem Wien Besucher nur empfehlen. "Elisabeth-Musical-Kenner" könnten früheren Zeiten nachtrauern...

dolcetto (23 Bewertungen, ∅ 4 Sterne)
    29720 Elisabeth endlich wieder in Wien
20.09.2012 - Endlich ist Elisabeth wieder in Wien - packende Inszenierung, eine frische, junge motivierte Darstellerriege - und ein super Orchester!
Ich denke das Elisabeth wieder ein Erfolg wird -
Ein toller Theaterabend...jederzeit wieder!

KayLay (erste Bewertung)
    29718 Stimmschwache Elisabeth
20.09.2012 - Leider ist die Hauptdarstellerin bei allem Bemühen recht stimmschwach. Ihre Höhen sind extrem schrill und oft überraschend ungenau. Mark Seibert müht sich redlich, den Tod "ganz" anders zu spielen, dies langweilt allerdings nur. Stimmlich ist er top.
Der Rest: wenig aufregend, man glaubt in einem Provinztheater gelandet zu sein...

Vereinigte Bühnen Wien (erste Bewertung)
    29717 Musikalisch packend
20.09.2012 - In der Kritik fehlt die Bewertung des Musikalischen Leiters. Ich habe die Aufführung jetzt 2 x gesehen und eine der Höhepunkte für mich ist das große Orchester und der Dirigent Koen Schoots. Eine tolle Leistung wie das Orchester der VBW unter seiner Leitung spielt.
Schade dass dies in der Bewertung nicht gewürdigt wird.

Standard (7 Bewertungen, ∅ 3.9 Sterne)
    29708 ernüchternd
11.09.2012 - bin seit 20 jahren elisabeth fan aber leider ist diese elisabeth aufführung nicht das was ich mir versprochen habe! Zu allererst zur besetzung: annemieke van dam ist meiner meinung total fehlbesetzt ( stimme, schausspiel waren praktisch nicht vorhanden), war immer froh wenn sie nicht auf der bühne war; mark gefiehl mir sehr gut, kurosch war im 2. Akt besser als im 1., franziskus und anton waren die besten!
Die kleinere bühne wurde gut genützt nur die neuen hintergründe sind mir zu kitschig!
Möchte es nochmals sehen aber ohne annemieke!

mischi100 (5 Bewertungen, ∅ 2.2 Sterne)

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| Handlung | Der Mörder der österreichischen Kaiserin Elisabeth, Luigi Lucheni, ist gleichzeitig der Erzähler der Geschichte, die vom Lieben und Leiden, aber besonders vom immerwährenden Ringen um Freiheit der Monarchin handelt. mehr Das Musical, das sehr frei die historischen Hintergründe interpretiert und geprägt ist von österreichischer Morbidität, personifiziert den Tod als Liebhaber Elisabeths, der mit Lucheni als Handlanger schließlich den Kampf um die Kaiserin gewinnt. Erst ihr Sterben befreit sie von den Zwängen, denen sie bei Hof ausgesetzt ist.
| Weitere Infos | Veröffentlicht wurden mehr als zehn Castaufnahmen in unterschiedlichem Umfang und unterschiedlicher Besetzung. So viel Auswahl haben Musicalfreunde bei keinem anderen deutschsprachigen Musical.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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