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 Kult
The Full Monty Ganz oder gar nicht Der neue Intendant Jens-Daniel Herzog bringt frischen Wind in die Oper Dortmund, denn nach fast zehn Jahren überwiegend durchschnittlicher Produktionen kann man sich endlich über eine sehenswerte, witzig-unterhaltsame Inszenierung freuen. Die Wahl des Stückes und des Kreativteams unterstützen diesen Eindruck.
(Text: Maik Frömmrich) Premiere: | | 22.10.2011 | Letzte bekannte Aufführung: | | 06.06.2012 |
"The Full Monty" (dt. "Ganz oder gar nicht"), basierend auf dem gleichnamigen Film, hat es endlich auch als Musicalversion auf die deutschen Bühnen geschafft. Die Geschichte arbeitsloser Männer, die den Chippendales Konkurrenz machen wollen, indem sie das wirklich "volle" Strip-Programm zeigen (eben "The Full Monty"), kann kurz zusammengefasst werden: Ein Stahlwerk ist geschlossen worden, die verschiedensten männlichen Charaktere müssen nun mit der Arbeitslosigkeit und den Erwartungen ihrer Ehefrauen umgehen und verbünden sich schließlich, um als strippende "echte Kerle" den großen finalen Auftritt hinzulegen. Gewürzt wird diese Handlung mit den Einzelschicksalen der Figuren. Da wäre beispielsweise Jerry Lukowski, der von seiner Frau getrennt lebt und dringend Geld für den Unterhalt braucht, um seinen Sohn weiter besuchen zu können. Oder aber der pummelige Dave Bukatinsky, der den sexuellen Erwartungen seiner Frau nicht nachkommt, weshalb diese bereits mit dem Gedanken spielt, sich von ihm zu trennen. Da ist der besser betuchte Ex-Abteilungsleiter Harald Nichols, der seiner Frau seine Arbeitslosigkeit verschweigt und ihr weiterhin Kostbarkeiten und Luxus zukommen lässt, bis die Geldeintreiber vor der Tür stehen. Dass am Ende doch noch alles gut geht, muss eigentlich nicht erwähnt werden. Die Inszenierung von Gil Mehmert hat Schwung, spielt gekonnt die witzigen Momente aus und unterhält fast durchgehend. Manche tragischen Momente kommen zwar etwas plötzlich, aber das könnte auch dem Buch geschuldet sein. Während der erste Akt eher die humorvolle Seite in den Mittelpunkt stellt, bietet der zweite Akt zusätzlich ein wenig Drama und etwas Tiefgang. Das Ensemble ist durchweg mit Spielfreude und Elan dabei, lässt aber trotzdem Wünsche offen. So klingen die Damen bei den rhythmusbetonten Songs von David Yazbeck gerade in den Höhen eher schrill und nicht immer sauber, und der wohl schönste Song der Partitur, "You Walk With Me", wird von Tim Ludwig zwar emotional, aber in den Höhen sehr wackelig und stimmlich schwach interpretiert. Das eigentliche Problem ist aber die Besetzung an sich. Viele Darsteller sind einfach zu jung für ihre Rollen und wirken deswegen unglaubwürdig. Wenn man einem Darsteller ansieht, dass er agil und dynamisch ist und eigentlich auch perfekt tanzen kann, obwohl die Figur das genaue Gegenteil verkörpern soll, wirkt es einfach nicht glaubwürdig. Da hätte man sich ein besseres Typcasting gewünscht. Der bekannteste Name im Ensemble ist wohl Patrick Stanke, der als pummeliges Weichei Dave Bukatinsky eine überzeugende Rolleninterpretation abliefert und im Vergleich zu seinen bisherigen Rollen in Musicals erfrischend anders und zurückhaltend über die Rampe kommt. Sein Tenor passt vielleicht nicht unbedingt zu einem Pummelchen, steht dem überzeugenden Gesamteindruck aber auch nicht im Wege. Wirklicher Star dieser Inszenierung ist aber eine Dame, die als Pianistin Jeanette alle Blicke auf sich zieht. Johanna Schoppa hat das richtige Timing für komische Momente und das Talent, ihren skurrilen Charakter mit Leben, Witz und Herz zu beleben. Es macht einfach Spaß, ihr beim Spielen zuzuschauen und kleine, aber feine Nuancen und Handlungen zu entdecken. Das Bühnenbild von Heike Meixner spiegelt im Wellblechlook auf zwei Etagen das Industriemilieu gekonnt wider. Mit kleinen Ergänzungen, wie drehbaren Lamellen in der Häuserwand und von der linken Seite hereinfahrbaren Möbeln, werden Örtlichkeiten gut angedeutet. Auch wenn durch die Tonabmischung die Textverständlichkeit der Darsteller leidet und das Ensemble nicht ganz zufrieden stellen kann, könnte mit "The Full Monty" ein neues Zeitalter für das Genre Musical in Dortmund eingeläutet werden. Denn so kraftvoll laut, wie die Band spielt, so engagiert, wie sich das Ensemble präsentiert, und so souverän, wie die ganze Inszenierung über die Rampe kommt, kann man nur auf weitere neue und selten gespielte Stücke hoffen.
--- Musical von David Yazbek Buch von Terence McNally Deutsche Texte von Iris Schumacher und Frank Thannhäuser
(Text: Maik Frömmrich)

Kreativteam
Besetzung
| Jerry Lukowski | | David Jakobs
| | | Dave Bukatinsky | | Patrick Stanke
| | | Georgie Bukatinsky, Tanzlehrerin | | Sabine Ruflair
| | | Vicky Nichols, Janie Lish | | Melanie Wiegmann
| | | Malcolm MacGregor | | Tim Ludwig
| | | Buddy Keno-Walsh, Ethan Girard, Vortänzer, Marty | | Markus Schneider
| | | Nathan Lukowski, Susan | | Tina Haas
| | | Harald Nichols, Carl | | Dirk Weiler
| | | Noah "Horse" T. Simmons, Paul | | Frank Odjidja
| | | Pam Lukowski | | Julia Klotz
| | | Jeanette Burmeister, Dolores | | Johanna Schoppa
| | | Estelle Genovese | | Verena Mackenberg
| | | Ralph, Tony, Gladiator, Teddy, Inkasso, Priester u.a. | | Daniel Berger
| | | Kollege, Inkasso | | Erik Petersen
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Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    29351 beste Unterhaltung !
30.11.2011 - Der Wertung meines Vorgängers kann ich mich nur anschliessen. Die Vorstellung hat einfach nur Spaß gemacht !
Einzig die Darstellung des "Horse" fand ich sehr unglaubwürdig: wenn ein offensichtlich sehr junger Darsteller einen gebrechlichen, älteren Herrn darstellen soll, kann das nicht funktionieren.
Ansonsten ansehen und Spaß haben !

dolcetto (23 Bewertungen, ∅ 4 Sterne)
    29277 Fühl dich frei!
24.10.2011 - Wer einen sehr vergnüglichen Abend haben möchte, der sollte sich ganz dringend dieses Stück angucken!
Hier passt einfach alles zusammen! Tolles Bühnenbild, ein Stück dessen Handlung mit reißt - sehr lustig, sehr unterhaltsam! Grandiose Darsteller, die sowohl stimmlich als auch schauspielerisch absolut überzeugen. Ohrwurm-Garantie bei den Songs.
Ich bin mit wenig Erwartungen in das Musical gegangen und bin nun total überwältigt. Suchtfaktor! Ich komme wieder und würde dieses Musical ganz klar weiter empfehlen! Dortmund rockt! Vielen Dank für die tolle Produktion!

JottBe (erste Bewertung) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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