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 Drama
West Side Story Bernsteins Klassiker unter freiem Himmel Helga Wolf verlegt in Tecklenburg die Handlung der "West Side Story" von den 1950er Jahren in die Gegenwart und beweist damit, wie topaktuell die dramatische Geschichte um Liebe, Hass und Menschen mit Migrationshintergrund auch heute noch ist.
(Text: Dominik Lapp) Premiere: | | 23.07.2010 | Letzte bekannte Aufführung: | | 04.09.2010 |
Auch wenn das Bühnenbild geschichtsträchtiger Musicals sicher leichter in die Naturkulisse der Tecklenburger Freilichtbühne einzubinden ist, so hat Bühnenbildnerin Susanna Buller auch für "West Side Story" eine Glanzleistung abgeliefert. In der Burgruine hat sie mit viel Wellblech die New Yorker Upper West Side geschaffen. Der obligatorische Balkon für Tony und Maria fehlt dabei genauso wenig wie Docs Drugstore und das Brautmodengeschäft, in dem Maria arbeitet.
Die Kostüme von Karin Alberti sind zeitgemäß, dadurch aber auch wenig aufwändig. Dennoch erfüllen sie ihren Zweck, und gerade Marias weißes Tanzkleid oder Anitas rotes Outfit bieten auch etwas fürs Auge. Großartig auch, wie Leah Delos Santos als Maria und Sigrid Brandstetter als Anita bei der Premiere improvisieren und den streikenden Reißverschluss von Marias Kleid in die Show einbauen ("Oh, das habe ich nicht gut genäht. Hast du zugenommen, Maria?" / "Ich habe wohl zu viel Schokolade gegessen."). Doch in der darauffolgenden Szene ist das Kleid wieder in Ordnung und das große Loch, das der Reißverschluss freigab, nicht mehr zu sehen.
Für Leah Delos Santos ist die Rolle der Maria eine alte Bekannte, denn sie verkörperte das Auswanderermädchen aus Puerto Rico bereits im vergangenen Jahr in Bad Hersfeld. In dieser Rolle überzeugt sie auch in Tecklenburg mit jugendlicher Leichtigkeit und gibt zum Ende des Stücks eine gebrochene Frau, die am Tod ihrer großen Liebe fast verzweifelt. Ihre Darstellung ist dabei von solch einer Intensität, dass sie zu Tränen rührt. Auch gesanglich lässt sie mit ihrer klaren Stimme keinerlei Wünsche offen.
An ihrer Seite steht mit Lucius Wolter ein Darsteller, der ebenfalls schon in einer anderen Inszenierung der "West Side Story" Erfahrungen sammeln konnte, was ihm in Tecklenburg zugute kommt. Optisch passt er hervorragend in die Rolle des Tony, und auch schauspielerisch ist er absolut glaubwürdig. Egal ob als netter Junge, der in Docs Drugstore arbeitet, oder als mutiger Junge, der den Kampf zwischen den rivalisierenden Jets und Sharks verhindern will, oder als verliebter Junge, der seiner Maria den Himmel auf Erden bereiten möchte - Wolter ist in all den Facetten, die seine Rolle bietet, perfekt. Seine Songs interpretiert er solide, lässt aber Emotion und Kraft in der Stimme vermissen.
Sigrid Brandstetter als Anita beeindruckt mit angenehmer Stimme und einem sehenswerten Hüftschwung. Ihre schauspielerischen Qualitäten zeigt sie vor allem in der beklemmenden Szene, in der sie von den Jets vergewaltigt wird und anschließend aus Wut den Tod Marias verkündet. Gianni Meurer ist in der Rolle des Bernardo ein herrlicher puertoricanischer Macho und Anführer der Sharks, während Lars Kemter als Riff genauso überzeugend den Anführer der Jets spielt. Beide Darsteller spielen einen starken ersten Akt, der mit einem Kampf endet, in dem Bernardo und Riff den Tod finden.
Ein richtiger Wirbelwind ist Jana Stelley in der Rolle der Anybodys, die aus dieser recht kleinen Rolle alles herausholt, wenn sie versucht, als einziges Mädchen zu den Jets zu gehören - was ihr mit Baseballschläger und großer Klappe letztendlich auch gelingt. Weiter positiv auffallen können in dieser Inszenierung Michael Micheiloff als Leutnant Schrank und Stefan Poslovski als Officer Krupke, die ein gelungenes Duo abgeben.
Ein wahrer Augenschmaus ist auch die ausgeklügelte Choreografie von Doris Marlis. Schon die Eröffnungsnummer mit den Jets und den Sharks wird vom Ensemble mit vollem Körpereinsatz umgesetzt, genauso wie der Tanzabend, bei dem sich Tony und Maria das erste Mal begegnen. Für die musikalische Unterstützung aus dem Graben sorgt Tjaard Kirsch mit seinem Orchester, das sich gelungen durch die anspruchsvolle Partitur Leonard Bernsteins spielt. Dabei wird auch wieder einmal erkennbar, wie komplex und teilweise sogar disharmonisch - keinesfalls aber langweilig - die Musik der "West Side Story" mit ihren Elementen aus Swing und Jazz doch ist.
Regisseurin Helga Wolf, die bereits 2008 die "West Side Story" auf der Seebühne im schweizerischen Thun inszenierte und von dort auch einige der Künstler wie Lucius Wolter, Sigrid Brandstetter, Gianni Meurer und Fight-Captain Kevin Foster mitbrachte, hat in Tecklenburg eine moderne, aber nicht krampfhaft modernisierte "West Side Story" auf die Bühne gebracht. Behutsam hat sie die Romeo-und-Julia-Story entstaubt und sie dem aktuellen Zeitgeist angepasst. Dabei herausgekommen ist eine glanzvolle Produktion mit einem so ergreifend inszenierten Ende, dass es am Premierenabend sogar etwas dauert, bis der Schlussapplaus losbrandet, obwohl der letzte Ton von Bernsteins Musik längst verklungen ist. Ganz große Gefühle in Tecklenburg.
(Text: Dominik Lapp)

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Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 8 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    28660 Ein kleiner Makel
29.08.2010 - Das Stück ist wirklich sehenswert, die Choreographie ist gut gewählt und auch in der Ausführung sehr überzeugend. Ebenso überzeugend wirken die schauspielerische und die musikalischen Darbietungen .
Das Bühnenbild ist auch schön gemacht, jedoch sind die Kostüme anfangs nicht so eindeutig den beiden Gangs zuzuordnen, was im späteren Verlauf jedoch klar wird.Dennoch gibt es einen Punkt, der mich gestört hat: Lucius Wolter war meiner Meinung nach nicht gut gewählt. Er schwächelt in den hohen Passagen und hat auch sonst eine eher blasse Stimme. In Tecklenburg ist man eigentlich anderes gewöhnt, vielleicht liegt es daran, dass es mir so auffiel.
Insgesamt hat mir die Inszenierung gut gefallen und man möge mir meine leise Kritik verzeihen, denn das Gesamtbild des Stücks ist wirklich sehr gut gelungen.

LisaMustermann (erste Bewertung)
    28637 Sehr gute Besetzung
12.08.2010 - Was auch immer die anderen Premierenbesucher dazu bewogen hat, derart schlechte Bewertungen zu geben - an den hervorragend ausgesuchten Darstellern kann es nicht gelegen haben. Leah Delos Santos und Sigrid Brandstetter alleine sind es wert, sich diese Inszenierung anzusehen. Selten habe ich so starke, intensive Künstlerinnen erlebt! Bravo!

C.Gebel (erste Bewertung)
    28620 Sehenswert
06.08.2010 - Ich möchte mich meinem "Vorredner" anschließen und behaupten, dass die ersten zwei Bewertungen anders motiviert sein müssen und nicht das Ergebnis einer schlechten Show sind.
Da alles gesagt ist, erkläre ich, warum es "nur" vier Sterne sind und nicht fünf:
Dieses Jahr ist "3 Musketiere" in Teck ein Geniestreich(= 5 Sterne). Gleichwohl ist die West Side Story sehr empfehlenswert, was vor allem an dem wunderbar ausgesuchten Ensemble liegt!

Thorsten Wulf (8 Bewertungen, ∅ 4.5 Sterne)
    28607 Gelungene Inszenierung
31.07.2010 - Hinter den beiden ersten Rezensionen zur Premiere der "West Side Story" vermute ich andere Hintergründe als die einer ehrlichen Bewertung. Zur Show: Das Orchester spielte dermaßen hervorragend, dass ich hin und wieder Play Back vermutete - dem war nach Rückfragen allerdings wohl nicht so. Die Regie hatte dem Original gegenüber einige bemerkenswerte Akzente gesetzt. Im Gegensatz zum Film und früheren Bühnenaufführungen wurde hier der Hass zwischen den beiden Gangs sehr plastisch dargestellt. Damit wurden die Handlungsmotive erheblich unterstrichen. Und wenn dann noch der gesamte Rahmen des Bühnenbildes, der Lichtstimmungen, des hervorragenden Chorus und der exzellenten Choreographie zusammenpassen, dann hatte das eine ganz besondere Atmosphäre. Sicherlich hat dieses Musical auch seine ausgeprägt sentimentalen Momente - um das Wort Kitsch zu vermeiden - aber liegt das an den Ausführenden? Dem Tecklenburger Ensemble gebührt ein Riesenkompliment. Die Tecklenburger "West Side Story" ist ein äußerst gelungener Wurf!

contrescarpe (erste Bewertung)
    28596 sehr gute, engagierte Darsteller
30.07.2010 - Bei der Premiere der West Side Story in Tecklenburg konnte ich ein sehr spielfreudiges Ensemble auf der Bühne sehen!
Alle Darsteller waren mit dem Herzen dabei. Sie haben immer wieder eine Gänsehaut gezaubert und auch eine sehr gute Spannung aufgebaut.
Eine der vielen tollen Szenen: I Like To Be In America - super Ausdruck bei den Darstellern!
Allgemein waren die Tanzszenen super umgesetzt!
Die Kulisse ist wie immer ein Traum in Tecklenburg, die Choreographien waren schwungvoll, ebenso das Orchester unter der Leitung von Tjaard Kirsch.
Ich kann die ersten beiden Kritiken in keinster Weise nachvollziehen, aber das ist ja wie immer reine Geschmacksache.
Meines Erachtens lohnt sich ein Besuch der West Side Story in Tecklenburg auf jeden Fall!

esmeralda (3 Bewertungen, ∅ 4 Sterne)
    28591 Immer gerne wieder
29.07.2010 - Ich scheine tatsächlich in einer anderen Vorstellung gewesen zu sein als meine beiden Vorredner, was eigentlich nicht sein kann, den bis zum heutigen Tag wurde in Tecklenburg nur die Premierenvorstellung von West Side Story gespielt. Ich bin hinsichtlich meiner Beurteilung eher bei Hr. Lapp.
Ich habe ein spielfreudiges und hoch motiviertes Ensemble gesehen. Im Gegensatz zu Bad Hersfeld, wo ich das Musical 2009 gesehen habe, war ich diesmal nicht als distanzierter Zuschauer davor sondern gefangen in der Story. Was ich auch gut fand, das im Gegensatz zu Bad Hersfeld, nicht nur die Dialoge sondern auch die Lieder in deutscher Sprache waren.
Ich würde es mal so formulieren: West Side Story in der Bad Hersfelder Inszenierung habe ich 2009 gesehen und ich fand sie auch nicht schlecht, habe aber beschlossen, dass ich es dieses Jahr nicht nochmal haben muss. Die Tecklenburger Inszenierung würde ich mir jederzeit wieder ansehen und bin auch schon am planen ob ich das nochmal schaffe

Susan (25 Bewertungen, ∅ 3.9 Sterne)
    28587 Ohne Spielfreude
27.07.2010 - "Bernsteins zeitlose Musik, die gelungene Inszenierung von Helga Wolf, die ausgefeilte Choreografie von Doris Marlis und das überzeugende Ensemble machen einen Besuch in Tecklenburg absolut lohnenswert."
Wer immer diese Bewertung abgegeben hat, muss eine andere Produktion gesehen haben als ich. Das Stück läßt sämtliche Spielfreude vermissen. Die Regie ist einfallslos und die Choreos bestenfalls solide.
Das Ensemble agiert, als hätte die Regisseurin ihm alle Bühnenergien herausgesaugt. Lucius Wolter singt sehr gut, aber spielt wie ein Schuljunge. Bisweilen ist sein Spiel unfreiwillig komisch. Leah Delos Santos singt tatsächlich engelsgleich, im Vergleich aber eben fast zu gut.
Ob der fehlende Pepp im Ensemble wirklich am uninspirierten Orchester liegt, wage ich zu bezweifeln. Es stimmt zwar: Die Musik ist ebenso schwunglos wie das Spiel. Ich vermute aber eine wirklich Energie verschlingende Regisseurin dahinter, die sowohl auf als auch unter der Bühne alles todinszeniert.
Fazit: Nur mit Popcorn und in Touri-Laune zu empfehlen!

Benegon (11 Bewertungen, ∅ 3.1 Sterne)
    28586 hinter den Erwartungen geblieben
27.07.2010 - Die Premiere lang ersehnt und dann doch ein wenig enttäuscht worden.
Hauptproblem: der Pepp hat gefehlt. Da müssen sich Darsteller gesanglich und auch schauspielerisch zurücknehmen um sich an das Orchester anzupassen - das darf nicht sein.
Leah Delos Santos kann nicht, wie gewohnt, brillieren, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt ist, die anderen nicht an die Wand zu singen. Aber sehr professionell gemeistert von ihr - ein wahrer Star.

Wicked-Freak (30 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne) 
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| Handlung | Der Amerikaner Tony verliebt sich in die Puertorikanerin Maria. mehr Was wie ein Märchen beginnt, endet in einer Tragödie. Tony gehört zu den "Jets", Marias Bruder und ihre Freunde zu den rivalisierenden "Sharks". Die Kämpfe zwischen den Gangs werden durch die Zuneigung des Pärchens weiter angestachelt, letztendlich führt jedoch ein simples Missverständnis zum tragischen Ende der Geschichte.
| Weitere Infos | Leonard Bernsteins moderne Adaption der Romeo-und-Julia-Geschichte mit Texten von Stephen Sondheim ist eines der bekanntesten Musicals überhaupt. Die Uraufführung fand am 26. September 1957 im Winter Garden Theatre in New York statt. Die Verfilmung des Musicals aus dem Jahr 1961 wurde mit zehn Oscars honoriert. 1968 wurde das Musical in der Wiener Volksoper zum ersten Mal in deutscher Sprache gezeigt. Die deutsche Fassung stammt von Max Colpet und Walter Brandin.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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