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 Parodie
Crazy for You I got rhythm! Erst Porter, dann Gershwin: Mit dem Remake der Westernparodie "Girl Crazy" von George und Ira Gershwin spielt der Jugendclub des Wiesbadener Staatstheaters im zweiten Jahr in Folge einen "Klassiker" - und begeistert erneut.
(Text: Daniel von Verschuer) Premiere: | | 03.09.2009 | Rezensierte Vorstellung: | | 03.09.2009 | Letzte bekannte Aufführung: | | 27.02.2011 |
Schon mit dem in der vergangenen Spielzeit gezeigten Cole-Porter-Klassiker "Anything Goes" hat der Jugendclub des Staatstheaters Wiesbaden bewiesen, dass Amateure auch Musicals auf ansprechendem Niveau auf die Bühne bringen können, in denen viel getanzt wird. Während sich die Zahl der Tanzszenen in "Anything Goes" noch in Grenzen hält, ist George Gershwins "Crazy for You" ein ausgemachtes Tanzmusical - beinahe jeder Song ist durchchoreografiert, allein das Auswendiglernen der Schritte dürfte das Ensemble eine Zeitlang beschäftigt haben. Die 15- bis 27-Jährigen bringen diese unter der bewährten Leitung von Iris Limbarth erarbeiteten Schrittfolgen mit einer unbändigen Spielfreude aufs Parkett, wirbeln und hüpfen durch die mitreißenden Ensemblenummern und singen dabei (fast) ohne außer Atem zu geraten. Dabei ist es überhaupt nicht schlimm, dass nicht jede Drehung und jede Hebefigur perfekt sitzt und dass zum Schluss die Kondition nachlässt - der Gesamteindruck passt, die Zeit vergeht wie im Flug! Auch gesanglich und schauspielerisch braucht sich niemand aus der dreißigköpfigen Truppe zu verstecken. Die Neuzugänge können allesamt gut mit den "alten Hasen" mithalten; das angenehm ausgewogene Level der Stimmen, sowohl die Dynamik als auch die saubere Intonation betreffend, imponiert. Wie schon bei "Anything Goes" glänzen Felicitas Geipel und Tim Speckhardt in den Hauptrollen. Geipel fügt sich als resolute Western-Lady Polly Baker sehr gut ins Ensemble ein und tritt in den Massenszenen auch mal einen Schritt zurück. In den Soli und Duetten zeigt sie ihre gesangliche Klasse, berührt bei "Sweet Embraceable You" mit gefühlvoll gesetzten Schlusstönen und packt beim berühmten "I Got Rhythm" ihren großartigen Belt aus. Tim Speckhardt hat als New Yorker Bankierssohn Bobby Child die mit Abstand größte Rolle des Stücks zu bewältigen. Er tanzt, steppt, singt und spielt mit großer Hingabe, gibt den theaterbegeisterten Träumer sehr überzeugend, auch wenn ihm zum Schluss verständlicherweise ein wenig die Puste ausgeht. Auch die Nebenrollen sind toll besetzt, Norman Hofmann als Broadwayproduzent Bela Zangler mit ungarischem Akzent und viel Gespür für Komik sticht besonders hervor. Die Slapstick-Szene gemeinsam mit Speckhardt, in der der echte und der falsche Zangler einander besoffen gegenübersitzen, ist grandios gespielt und inszeniert. Überhaupt ist Iris Limbarths Inszenierung ideen- und pointenreich - mal kommen Mädchen in Bauarbeiter-Overalls singend aus Gullideckeln hervor, mal erhebt sich eine Tänzerin mit gespielt schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Spagat, und die Saloon-Schlägerei entpuppt sich als Probe für die ungeduldig erwarteten Touristen. Alles wunderbar eingeübt und witzig dargeboten. Einziger wirklicher Wermutstropfen: Die Produktion verfügt offensichtlich nicht über ausreichend Budget, um George Gershwins wunderbare Streicherarrangements auch von solchen spielen zu lassen. Zwar spielt die zehnköpfige Band unter der Leitung von Joachim Braun und Frank Bangert fetzig und sicher, aber Geigen und Celli kommen hörbar aus dem Synthesizer, was der Musik einen großen Teil ihrer Wirkung und Strahlkraft nimmt. Trotzdem ist dem Jugendclub wieder eine Produktion auf beachtlichem Niveau gelungen, die sich nicht hinter professionellen Inszenierungen verstecken muss.
(Text: dv)

Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    28006 Rasant und amüsant
11.09.2009 - Das junge Ensemble überzeugt durch seine Spielfreude und Natürlichkeit. Hintergründiger Witz in den Dialogen, grandiose Tanzszenen, wunderbare Singstimmen und liebevoll gestaltete Bühnenbilder bereiten dem Zuschauer einen unvergessenen Abend.

BeMary (erste Bewertung) 
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| Handlung | Der New Yorker Bankierssohn Bobby Child möchte lieber Theater spielen, als sich um Geldgeschäfte zu kümmern. mehr Seine Mutter schickt ihn gegen seinen Willen zum Geldeintreiben in das verschlafene Städtchen Deadrock in Nevada, wo sich Bobby in Polly Baker, die einzige Frau weit und breit, verliebt. Um bei ihr zu landen, verkleidet er sich als berühmter Broadway-Produzent Bela Zangler, was so lange gutgeht, bis der echte Zangler auftaucht.
| Weitere Infos | Neue Fassung der 1930 uraufgeführten Westernparodie "Girl Crazy" von George und Ira Gershwin. Das Buch stammt von Ken Ludwig, der das Original gemeinsam mit Mike Ockrent überarbeitete. Die Broadwaypremiere von 1992 gewann drei Tony Awards.
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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