 Komödie
Kiss Me, Kate (2003) Nachschlagen bei Shakespeare Gewissensfrage: Ein begeistertes Premierenpublikum feiert die Akteure und Kreativen. Darf man dann schreiben, dass hier ein abgehangenes, fast schon staubiges Stück ohne neue Ideen auf die Bühne gebracht wurde, kurz: dass der Schreiber diese Produktion für uninspiriert, reaktionär und überflüssig hält?
(Text: Robin Jantos) Letzte bekannte Aufführung: | | 06.05.2004 |
Lilli Vanessi wird von ihrem Ex-Mann, einem selbstverliebten Kotzbrocken, ziemlich schlecht behandelt. Sie will ihn verlassen, wird aber (durch sein Einwirken) von zwei Ganoven mit vorgehaltener Waffe daran gehindert. Als die Ganoven schließlich weg sind, könnte sie gehen. Doch mittlerweile hat sie erkannt, dass es eine ziemliche Dummheit war, sich von ihrem Mann loszusagen. Damit so etwas nicht wieder passiert, beschließt sie, sich ihm ganz und für immer zu unterwerfen. Ende. Hat eigentlich noch keiner gemerkt, was für ein Stuss dieses seit 1946 immer wieder gespielte Stück ist? Sollte Regisseur Ulrich Peters das Finale irgendwie ironisch verstehen, dann hat er das gut versteckt. Und auch vorher hat es im Theater schon ordentlich gestaubt. Ganz witzig sind die stark überzeichneten "Theater im Theater"-Sequenzen, wenn die Schauspieltruppe unter Regie von Lillis Ex-Mann Fred "Der Widerspenstigen Zähmung" als Singspiel aufführt. Hier werden Gesichter verzogen, ausladende Gesten gemacht und alberne Kostüme getragen - das kann man so machen. Den Backstage-Szenen merkt man das Alter der Vorlage dagegen an. Da werden Dialoge gespielt, anschließend setzt das Orchester ein und zu einer recht beliebigen Melodie wird die gerade gesehene Szene noch einmal musikalisch zusammengefasst. Ein Spielfluss kommt so nicht zustande. Erschwerend kommt ein Motiv dazu, dass sich über den ganzen Abend zieht: Der Solist singt ein Lied, verlässt die Bühne durch eine Tür - Applaus - plötzlich taucht er duch eine andere Tür wieder auf, singt noch eine Strophe, Schlusspose - Applaus - und dann kommt noch eine Strophe. Das zieht sich. Die Begeisterung des Premierenpublikums überrascht um so mehr, wenn man bedenkt, dass "Kiss me" nicht nur inhaltlich schwach ist, sondern auch über relativ wenige Pointen verfügt. Peters greift so manches Mal tief in die Klamotten-Kiste - da muss sich dann ein Darsteller dann auch schon mal in einen Eimer setzen und Probleme haben, diesen wieder los zu werden. Herbert Buckmiller hat der Produktion eine wirklich schöne Dreh-Kulisse mit Bühnen-, Gaderoben- und Bühnenpforten-Bereich gebaut. Kostümbildner Götz Lanzelot Fischer hatte sichtlich Spaß. Sonst lässt sich über das Kreativteam wenig Positives sagen. Die Musik klingt unter Leitung von Michael Weiger nach Walzerseligkeit - Schwung und Pep sucht man vergebens. Und die Choreographien von Jochen Heckmann sind aufwändig, aber (ein häufiges Stadttheaterproblem) viel zu lang, schlecht einstudiert und für den Rest der Show größtenteils überflüssig. Die Darsteller sind voll auf klamottige Operette programmiert und füllen Ihre Rollen ordentlich aus. Stefan Sevenich spielt den Fred überzeugend schnöselig, Karin Kurzendörfer gibt sich als Lilli vor allem empört. Gabriele Fischer singt die Bianca erfreulich un-operettenhaft (und daher textverständlich), Thomas Peters gibt einen sympathischen Bill. Glanzpunkte dürfen, natürlich, die beiden Ganoven (Klaus Georg Clausius, Robert Christian Kowald) und Gadrobier Paul (Gerhard Werlitz) setzen. Insgesamt eine solide Ensemble-Leistung. Die Gewissensfrage bleibt: Darf man eine derart umjubelte Produktion so nichtssagend finden? Das Theater Augsburg hat in der Saison 2001/02 nach einer jüngst veröffentlichten Statistik von 31 vergleichbaren Stadttheater am wirtschaftlichsten gearbeitet - mit nur gut 70 Euro Staatszuschuss pro verkaufter Karte. Der Chef kennt sein Stammpublikum einfach besser. Und damit nichts schief gehen kann, hat Intendant Peters diese "Kate" gleich selbst inszeniert. Der Erfolg gibt ihm Recht.
(Text: rj)

Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    515 mir hat's gefallen
12.11.2003 -

Huwi
    502 Staubig - aber manchem gefällt's
10.11.2003 - Das Ballett tanzt, die Solisten singen und der Chor steht auch dabei. Man kann sich bequm im Sessel zurücklehnen (und die Sessel sind in Augsburg wirklich sehr bequem) und zugucken. Aufregendes passiert nichts, Unerwartetes eigentlich auch nicht. Emotional reisst es einen nur am Schluss mit, wenn man als Zuschauer fassungslos auf ein Käthchen schaut, dass sich freudestrahlend einem Wichtigtuer unterwirft. Um es mit Shakespeare zu sagen: Das Publikum machte viel Lärm um Nichts!

salzig 
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