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 Klassiker
My Fair Lady Wouldn't It Be Loverly? Gelungene frische Inszenierung des dauergespielten Klassikers, die die Geschichte nicht krampfhaft in die Moderne rückt. Ein gut harmonierendes Ensemble macht den Abend zu einem Genuss für Freunde der soliden Musicalunterhaltung.
(Text: Christian Heyden) Premiere: | | 11.06.2010 | Rezensierte Vorstellung: | | 11.06.2010 | Letzte bekannte Aufführung: | | 06.07.2018 |
Will man massenkompatibles Musical ins Theater bringen, mit dem man auch die Abonnenten bei Laune hält, greift man gern auf einen erprobten Klassiker zurück. Und was könnte klassischer sein als das Blumenmädchen, das zur feinen Dame umerzogen wird? Leider wurde in der Vergangenheit "My fair Lady" oft auf modern getrimmt und funktionierte nicht mehr allzu gut. Zu fest verankert sind die Filmbilder in den Köpfen der Theatergänger, die eine süße Audrey Hepburn und einen weisen Rex Harrison erwarten - eine anständige Prise Theaterstaub inklusive. In Mannheim hält sich die Inszenierung von Helmut Baumann optisch sehr stark an den Film, peppt jedoch die Charakterisierungen der Figuren auf.
Frederike Haas ist bei weitem keine so feine und zerbrechliche Eliza wie das Hepburn`sche Vorbild, sondern keift und trampelt herrlich burschikos über den Londoner Opern-Vorplatz. Wenn sie zu aufgetakelt und herausgeputzt bei Henry Higgins erscheint, um Sprechunterricht zu nehmen, ist sie wunderbar komisch in ihrer aufgesetzten Art und wechselt rasend schnell vom keifenden Drachen zum hilflosen Straßenmädchen. Auch gesanglich unterscheidet sie sich sehr von dem erwarteten klassischen Sopran. Vieles singt sie schnodderig, trotzig und voll Zorn. Bei "Warts nur ab" macht sie unmissverständlich klar, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen ist, und ihr "Tu's doch" zeigt Eliza als starke Frau, die Freddy eindeutig mitteilt, was er machen muss, um von ihr beachtet zu werden. In den leisen und klassischeren Parts wie "Ich hätt getanzt heut Nacht" hat sie allerdings mit der Hausakustik zu kämpfen. Leider ist hier das Orchester oft lauter als sie.
Axel Herrigs Higgings ist eine Figur mit zwei Charakteren, deren Wandlung nicht immer ganz nachzuvollziehen ist. Ist er anfangs der bekannte Nörgler und Besserwisser, so verwandelt er sich ab dem Auftreten seiner Mutter (sehr erhaben gespielt von Karyn von Ostholt) in ein trotziges Kind mit Wutausbrüchen, vor denen jede Supernanny davonlaufen würde. Auch von seinen ach so guten Manieren bleibt nichts übrig, und man muss sich wirklich fragen, wie Eliza von ihm überhaupt etwas lernen kann. Oder muss er von ihr lernen? Als Pickering steht ihm Peter Rührig zur Seite. Er legt seine Rolle als gutherzigen, schrulligen Onkel an, mit einem Hang zum Femininen. Im Zusammenspiel mit Sylvia Wintergrün, die alles aus der Rolle der Mrs Pearce herausholt, was nur geht, entwickelt sich eine Situationskomik, die man nicht erwartet hätte.
Guter-Laune-Garant des Abends ist rollendeckend Karsten Küsters als Elizas heruntergekommener Vater. Schauspielerisch weiß er durchaus zu überzeugen, beim Gesang allerdings wirkt er gehetzt und oft unverständlich. Lars Mollers Freddy ist, wie man ihn erwartet: ein trotteliger verliebter Sohn aus gehobenem Hause, der mit einem klassischen Tenor aus dem Hausensemble wunderbar besetzt werden kann. Er ist unterhaltsam, amüsant und schmettert sein Solo voller Inbrunst, bleibt neben den anderen Darstellern aber etwas blass.
Das Bühnenbild und die Kostüme sind wahre Hingucker, vor allem die Ballszene wurde sehr fantasievoll umgesetzt: Die Aristokraten tragen alle möglichen kulturtypischen Kostüme und bieten so ein buntes Durcheinander für Elizas soziale Bewährungsprobe. Ein kleiner Denkanstoß wurde dem Publikum noch zum Schluss gegeben: Eliza kehrt hier nicht reumütig zu Higgins zurück, sondern als gestandene Persönlichkeit, die sich nicht für das praktische Happy End entscheidet und mit ihrem Lehrer eine Liebesbeziehung eingeht. Eher scheint sich hier eine Wohngemeinschaft von gleichgestellten Freunden gefunden zu haben, was noch durch einen Auftritt von Freddy unterstrichen wird, der ebenfalls ins Wohnzimmer von Higgins kommt und Eliza eine Rose überreicht. Hier bleibt noch ein wenig Freiraum zur Interpretation.
(Text: Christian Heyden)

Verwandte Themen: News: PdW: My Fair Lady (07.06.2010)
Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken =2013/14=
Prof. Henry Higgins: Axel Herrig / Joachim G. Maaß
Eliza Doolittle: Katharina Göres
Alfred P. Doolittle: Martin Busen / Jahannes Wimmer
Oberst Hugh Pickering: Peter Rühring
Freddy Eynsford-Hill: Lars Møller / Benedikt Nawrath
Mrs. Pearce: Sylvia Wintergrün / Karin Graf
Mrs. Higgins: Kathrin Becker
Mrs. Eynsford-Hill: Monika Fuhrmann / Gerda Maria Sanders
Zoltan Karpathy: Karl Adolf Appel / John Dalke
Hofmarschall: Markus Graßmann / Vasile Tartan
Kneipenwirt: Martin Hatzinger / Jost Jochen Wacker
Mrs. Hopkins/Nutte: Susanne Nederkorn / Brigitte Rackowitz
Obsthändler: Slawomir Czarnecki / John Dalke / Wayne Hobbs
Obsthändler: Karl Adolf Appel, Slawomir Czarnecki, John Dalke, Bertram Paul Kleiner, Stephan Somburg, Jürgen Theil, Veliko Totev
Lady Boxington: Claudia Kienzler / Rica Westenberger
Lord Boxington: Slawomir Czarnecki / Jürgen Theil
=2010/11=
Prof. Henry Higgins: Axel Herrig / Joachim G. Maaß
Eliza Doolittle: Katharina Göres / Frederike Haas
Alfred P. Doolittle: Martin Busen / Karsten Küsters / Jahannes Wimmer
Oberst Hugh Pickering: Peter Rühring
Freddy Eynsford-Hill: Lars Møller / Christoph Wittmann
Mrs. Pearce: Sylvia Wintergrün / Karin Graf
Mrs. Higgins: Karyn von Ostholt / Kathrin Becker
Mrs. Eynsford-Hill: Monika Fuhrmann / Gerda Maria Sanders
Zoltan Karpathy: Karl Adolf Appel
Hofmarschall: Richard Ewert
Kneipenwirt: Wolfgang Schwingler
Mrs. Hopkins/Nutte: Susanne Hoffmann / Brigitte Rackowitz
Obsthändler: Slawomir Czarnecki / John Dalke / Wayne Hobbs
Obsthändler: Bertram Kleiner / Stephan Somburg
Harry, Jockey: Michael Chadim / Robin Poell
Jamie/ Fotograf/Prinz: Dominik Büttner
Lady Boxington: Claudia Kienzler / Rica Westenberger
Lord Boxington: Slawomir Czarnecki / Jürgen Theil
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    30288 Lohnt sich!
02.02.2014 - My fair Lady in Mannheim ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Warum?
Klasse Orchester, tolles Bühnenbild, tolle Darsteller.
Was den Gesamteindruck etwas schmälert ist allerdings, dass ein paar der Darsteller nicht ganz bei der Sache waren: Kleine Texthänger, kleine Unsicherheiten... Liegt vielleicht daran, dass "My fair Lady" nun nicht jeden Tag aufgeführt wird und die Darsteller ja auch noch andere Engagements haben.
Doch unterm Strich kann "My fair Lady" in Mannheim durchaus überzeugen. Ein großes Lob geht an das sattklingende Orchester, den Dirigenten und die Hauptdarstellerin.

MichelD (27 Bewertungen, ∅ 3.3 Sterne)
    30150 Wunderscheen!
29.10.2013 - Lerner und Loewes MY FAIR LADY ist einer der ganz großen, zeitlosen Musical-Klassiker.
Im Mannheimer Nationaltheater ist nun in Wiederaufnahme die Helmut Baumann/Jürg Burth-Inszenierung zu sehen.
Und diese großartig gelungene Inszenierung wird dem Werk in jeder Beziehung gerecht.
Ohne Experimente bleibt der Stoff in seiner Zeit und an seinem Ort verankert. Prächtige, stimmungsvolle Bühnenbilder und verschwenderische, aufwendige Kostüme belegen das und begeistern.
Wunderbar detailliert hat der Regisseur die Charaktere herausgearbeitet. Gerade kleinere Rollen, wie Mrs Pearce (Sylvia Wintergrün) oder Mrs Higgins, werden mit viel trockenem, humoristischen Understatement gezeichnet und gespielt.
In den Hauptrollen brillieren Joachim Gabriel Maaß als Professor Higgins und Katharina Göres als Eliza Doolittle.
Maaß begeistert mit seiner vielschichtigen Darstellung. Ob als überlegener Intellektueller, spleeniger Brite, frauenfeindlicher Macho oder gezähmter Widerspenstiger: Maaß schafft die darstellerische Spannbreite scheinbar mühelos und höchst unterhaltsam für das Publikum.
Katharina Göres ist eine hinreißende Eliza, die optisch perfekt in die Rolle passt.
Wunderbar, wie sie mit der Sprache spielt und vom derben Dialekt Stück für Stück in die Hochsprache kommt. Grandios und sehr gekonnt auch, wie sie ihre Stimme einsetzt und glaubhaft vom recht burschikosen Vortrag zum klassischen Gesang wechselt. Ihre Darstellung, die ja rollenbedingt auch eine sehr große Spannbreite verlangt, ist auch perfekt gelungen. Sie ist eine großartige Leading Lady, dass Herz und die Seele der Aufführung.
Das druckvoll aufspielende Orchester, der gut integrierte Opernchor und das temperamentvoll Ballett-Ensemble komplettieren diese wunderbare Aufführung.
Schöner und besser kann man diesen zeitlosen Klassiker nicht auf die Bühne bringen.

kevin (193 Bewertungen, ∅ 3.3 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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