 Tragödie
West Side Story Tonight, Tonight Zur Eröffnung der Spielzeit präsentiert das Theater Hagen eine gelungene Inszenierung des Bernstein-Klassikers, die durch einige Musical-erprobte Gastdarsteller in den Nebenrollen professionellen Glanz bekommt.
(Text: Andreas Haider) Premiere: | | 06.09.2008 | Letzte bekannte Aufführung: | | 25.06.2009 |
Während das zentrale Liebespaar mit Sängern aus dem Hausensemble besetzt ist, hat sich das Theater Hagen für die Nebenrollen seiner "West Side Story"-Produktion gleich eine ganze Reihe professioneller Musicaldarsteller als Gäste an Bord geholt. Dazu gehören "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"-Schauspieler Arne Stephan ("Bonifatius") als Bernardo, Jörn Linnenbröker ("Mamma Mia!") als Riff, Marisol Ximénez-Carillo ("Swinging Berlin") als Anita, Samuel Schürmann (Solo-CD Sunday) als Action, Kevin Hudson ("Tanz der Vampire") als Baby John, Schirin Kazemi ("Tanz der Vampire") als Rosalia und Emanuele Pazienza ("Mamma Mia!") als Chino. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat, denn die bunte Truppe wird den hohen Anforderungen des Bernstein-Klassikers in Gesang, Tanz und Schauspiel gleichermaßen gerecht. Der Abend ist immer dann am besten, wenn sie alle auf der Bühne sind und sich zu den schwungvollen Choreografien von Doris Marlis bewegen, die vom Schwierigkeitsgrad her deutlich über dem üblichen Stadttheater-Niveau angesiedelt sind.
Bei so vielen temperamentvollen Persönlichkeiten auf der Bühne bleiben Jeffery Krueger als Tony und Tanja Schun als Maria in ihren ruhigen, romantischen Momenten etwas blass. Beide haben sehr gute Gesangsstimmen, doch Kruegers Enthusiasmus für seine große Liebe kommt zu verhalten über die Rampe, während Schun insgesamt zu wenig südländisch wirkt. Der Kontrast zwischen ihnen, der ihre verbotene Beziehung so reizvoll macht, müsste größer sein.
Abgesehen von etwas zähen Bildwechseln hat Thilo Borowczak das Stück kurzweilig in Szene gesetzt. Einem konventionell gehaltenen ersten Akt folgen nach der Pause ein paar Überraschungen für "West Side Story"-Kenner: Maria richtet ihr "I Feel Pretty" nicht an ihre Freundinnen im Brautkleidladen, sondern an einen Chor aus blonden Schönheitsköniginnen. Für erhöhte Dramatik sorgt die Tatsache, dass "Somewhere" hier von einer in weiß gekleideten Sopranistin (Stefania Dovhan) gesungen wird, deren Vision von einer friedvollen Zukunft jenseits der Bandenkriege zum Ende hin in gefährlichem rotem Licht erstickt. Borowczak hat die tragische Geschichte erfolgreich von ihrem Quäntchen Hoffnung bereinigt. So endet sie auch mit einem verzweifelten Schrei Marias, jedoch ohne ihren finalen Appell an die Vernunft der verfeindeten Gangs.
Ein willkommener Ausgleich zu so viel Tragik ist Kirsten Dephoffs farbenfrohe Ausstattung. Auf der Bühne stehen ein Auto in leuchtendem Orange, bemalte Schiebewände und eine Leinwand, auf die verschiedene Schauplätze in New York projiziert werden. Für die Szenen im Brautkleidladen werden weiße Roben von der Decke herabgelassen, die bei Bedarf stimmungsvoll von innen leuchten. Die Puerto-Ricanerinnen tragen knallig-bunte Outfits im Stil der 1980er-Jahre, was die Zeitlosigkeit der eigentlich in den 1950er-Jahren angesiedelten Geschichte verdeutlicht.
Nicht zuletzt das adäquat spielende Orchester unter der Leitung von Florian Ludwig und die Tatsache, dass Stephen Sondheims Songtexte hier im Original erklingen (mit deutschen Übertiteln), machen die Hagener "West Side Story" nicht nur sehens-, sondern auch hörenswert.
Musical in 2 Akten Musik von Leonard Bernstein Gesangstexte von Stephen Sondheim Buch von Arthur Laurents, nach einer Idee von Jerome Robbins und nach Shakespeares "Romeo and Juliet" Dialoge in deutscher Sprache, Gesangstexte in englischer Sprache
(Text: Andreas Haider)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    27058 Sehens- und hörenswert
13.10.2008 - Die Aufführung im Hagener Stadttheater hat mich sehr beeindruckt. Sowohl Choreographie, Gesang und das Bühnenbild hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck. Die filmischen Elemente passen sehr gut in diese zeitgemäße Inszenierung. Die beweglichen Bühnenelemente verstecken geschickt nötige Umbauten. Das Orchester läßt keine Wünsche offen.Diese Hagener Inszenierung kann man gut ein zweites Mal ansehen.
Ein Wohlfühlabend.

UweBlass (3 Bewertungen, ∅ 3 Sterne) 
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