 Drag-Musical
Kinky Boots Ziemlich scharfe Stiefel
© buehnenfotograf.de
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"Kinky Boots - Ziemlich scharfe Stiefel" hat es von der En-Suite-Großproduktion auf die vergleichsweise kleine Bühne des Theaters für Niedersachsen geschafft. Das ging nicht ohne Abstriche vonstatten. Doch der Appell an Toleranz und Selbstverwirklichung zündet letztendlich auch in Hildesheim.
(Text: Lilli Zeifert) Premiere: | | 12.09.2021 | Rezensierte Vorstellung: | | 12.09.2021 | Dernière: | | 29.05.2022 |
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Dragqueen Lola (William Baugh), die eigentlich Simon heißt und jeden Tag mit Vorurteilen und Ablehnung zu kämpfen hat, und Jungunternehmer Charlie Price (Johannes Osenberg), der lieber in London bei seiner Freundin Nicola wäre als die von seinem verstorbenen Vater geerbte Schuhfabrik zu führen. Mit der Herstellung von qualitativ hochwertigen Stiefeln für Dragqueens kämpft er gegen den Untergang der Firma und so überzeugt das Musical mit dem zeitlosen Thema sich selbst zu finden und sowohl andere als auch sich selbst so zu akzeptieren, wie man wirklich ist.
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Das Bühnenbild von Sebastian Ellrich ist sehr schlicht gehalten. Während des ganzen Stücks sieht man eine Hausfassade mit einer großen Tür und Fenstern sowie eine Art Laufsteg. Nur vereinzelte Lichtelemente, Requisiten und ausklapp-, dreh- oder rollbare Elemente wie beispielsweise das Namensschild der Firma "Price and Son" deuten die Schauplatzwechsel an. Die Kostüme dagegen lassen wenig Wünsche offen: Die ausgefallenen Outfits der Dragqueens in kräftigen Tönen und Neonfarben setzen einem passenden, hohen Kontrast zu den eher farblosen Kluften der Fabrikarbeiter und lassen den Aufprall der beiden gegensätzlichen Welten auch optisch erkennen.
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Unter der musikalischen Leitung von Andreas Unsicker liefert die aus insgesamt 12 Instrumenten bestehende Band stets einen vollen Klang ab und lässt den poppigen Sound der Musik von 80er-Jahre-Ikone Cyndi Lauper energetisch durch den Saal schmettern .
Eher mittelmäßig, uninspiriert und in sich nicht immer logisch fällt dagegen die Regie von Lilo Wanders und ihrem Co-Regisseur Oliver Pauli, der selbst eine der drei Dragqueens aus Lolas "Angels"-Entournage verkörpert, aus. Besonders auch die Choreografien von Nigel Watson sind sehr einfach gehalten, obwohl man gerade bei einem so energiegeladenen Stück wie "Kinky Boots" eigentlich mehr erwarten dürfte. Am Premierenabend gibt es neben mehreren nicht sehr gut überspielten Textversprechern, auch einige Pannen in der Ausführung der Choreografie. So merkt man den drei Angels den ungewohnten Umgang mit den hohen Absatzschuhen an und Oliver Pauli muss dem Rollwagen, der ihm unplanmäßig schnell davon rollt, halb hinterherstürzen.
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Das von der Größe her eher familiäre Ensemble besteht, inklusive der beiden Kinderdarsteller, pro Vorstellungsabend nur aus dreizehn Personen, wovon sechs noch mindestens eine weitere Rolle übernehmen. Die Ensemble-Szenen wirken dadurch etwas dünn besetzt. Dennoch können die Darsteller mit ihren hervorragenden gesanglichen Leistungen vollends begeistern. Daniel Wernecke übernimmt mit dem hypermaskulinen Don nicht nur den kompletten Gegenpart von Lola, sondern spielt auch noch die Rollen von Nicolas Chef Richard Bailey, vom Stage Manager und einem Obdachlosen, und ist zudem auch verdienter Dance Captain des Musicals.
Besonders stechen Charlie-Darsteller Johannes Osenberg und Katharina Wollmann als Schuhfabrik-Mitarbeiterin und Love Interest Lauren mit ihren kraftvollen Stimmen und angenehmen Timbres heraus. Wollmann überzeugt darüberhinaus noch mit ihrem tänzerischen Talent.
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Auch William Baugh kann als Lola mit seiner darstellerischen und tänzerischen Leistung begeistern. Stimmlich muss er sich am Anfang des Premierenabends erst einmal finden, bevor er den Rest des Abends sein gesangliches Potential voll ausschöpfen kann.
Insgesamt verzeiht man "Kinky Boots" die Schwächen bei seiner Stadttheaterpremiere gerne, denn es gelingt dem Stück auch hier, seine wichtige Botschaft gut zu transportieren und dabei den Spaßfaktor für die Zuschauer zu erhalten.
(Text: Lilli Zeifert)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 2 Zuschauer haben eine Wertung abgegeben:

    32225 Was war das?
20.09.2021 - Ich habe selten so eine schlechte und billige Inszenierung gesehen. Kaum einer der Darsteller*innen wirklich überzeugend, die ganze Show viel zu dunkel, billig wirkende Kostüme und Perücken. Texthänger, Versprecher. Weder gesanglich noch schauspielerisch wirkliche Glanzleistungen dabei. Aber das größte Problem ist die Inszenierung insgesamt. Vielleicht hätte man eine Person für die Regie engagieren sollen, die sich auskennt. Ich werde künftig einen Bogen um ein Stück machen, das von Lilo Wanders inszeniert wurde.

Samira (4 Bewertungen, ∅ 3.5 Sterne)
    32224 gut, wenn man das Musical noch nicht kennt
17.09.2021 - Das Musical ist einfach der große Wurf! Witzig, unterhaltsam, geniale Musik, die mitreißt und ein durchaus einfühlsamer Plot.
Für mich ging das Konzept in Hildesheim nicht ganz auf. Die Sprechszenen wirkten etwas hölzern, einige Darsteller nicht vollends glaubwürdig. Auch gesanglich kam man hier oftmals an die Grenze der eigenen Stimme.
Die Regie war mir nicht konsequent genug und einige Szenen wirkten etwas langatmig. Die geschriebenen Gags klappen, aber mehr kommt dann leider auch nicht.
Soundabmischung auf dem Rang (1. Reihe - PK 1) leider nicht optimal - oft die Band deutlich zu laut im Mix. Schade, denn die Band spielt gut und schmissig.
Meine Kurzbewertung, da ich die "offizielle" unpassend finde:
Inszenierung 2/5
Musik 4/5
Besetzung 2/5
Ausstattung 2/5

Wicked-Freak (30 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne) 
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