 Don Quijote-Musical
Der Mann von La Mancha I Really Like Him
© Oliver Thom
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Miguel de Cervantes und seine Romanfigur Don Quixote sind gern gesehen Gäste auf deutschsprachigen Bühnen. Felix Seiler deckt in seiner Inszenierung alle Facetten des Stücks ab. Seine nicht immer harmonische Mischung aus Komik, Realismus und Rührseligkeit ist dank eines motivierten Ensembles sehr unterhaltsam.
(Text: ig) Premiere: | | 04.07.2019 | Rezensierte Vorstellung: | | 13.07.2019 | Letzte bekannte Aufführung: | | 11.08.2019 | Showlänge: | | 150 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
Ein perfektes Stück für Freilichttheater. "Der Mann von La Mancha" spielt in einem Gefängnis der spanischen Inquisition, wo Cervantes die Handlung seines “Don Quixote“ nachspielt. Schon dadurch kann man sich auf das Nötigste beschränken. Ausstatter Christian Held und Linda Schnabel gestalten die Bühne mit einfachen Mitteln spartanisch, aber passend. Ihre Kostümauswahl wirkt dagegen sehr willkürlich. Unter anderem gibt es 70er-Jahre-Polizeiuniformen für die Gefängniswärter (mit Halskrausen als Reminiszenz an die Zeit der Inquisition), ein Biedermeier-Kostüm für Don Quixotes Nichte Antonia, einen legere Leinen-Anzug für Cervantes und ein Kellner-Outfit für seinen Diener. Womöglich soll die bunte Mischung die Zeitlosigkeit der Geschichte widerspiegeln, aber das Durcheinander verschiedener Stile und Epochen sieht aus, als hätte man wahllos den Fundus geplündert.
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Regisseur Felix Seiler wählt einen zähen Einstieg: In einer schleppenden Eingangsszene präsentieren sich die Gefängnisinsassen als Horde gewaltbereiter Unsympathen. Dann folgt vorlagenbedingt ein langer Erklär-Dialog und erst mit Beginn des "Stück im Stück" nimmt die Aufführung Fahrt auf. Einige Szenen, wie das leichtfüßig von Danny Costello choreographierte Terzett "Ich denke nur noch an ihn" überdrehen die Komik-Schraube etwas, sorgen aber für Tempo. Dazu im Gegensatz stehen die düster-realistischen Szenen mit den bedrohlichen Maultiertreibern, die in Aldonzas Vergewaltigung gipfeln.
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Frank Winkels spielt Cervantes / Don Quixote mit sonorer Stimme und angemessener Ernsthaftigkeit. Doch die Tragik des in seiner Traumwelt lebenden Mannes wird nicht deutlich. Vielleicht liegt es daran, dass Winkels so gar nicht dem klassischen Bild des dürren, hohlwangigen 'Ritters von der traurigen Gestalt' entspricht. Die emotionale Komponente gelingt Dalma Viczina als Aldonza besser. Ihre Darstellung findet eine Balance aus Temperament und Resignation. Die Höhen bereiten ihrer Stimme leichte Schwierigkeiten, aber insgesamt kann sie überzeugen. Don Quixotes treu ergebener Diener Sancho Panza wird von Sören Ergang lebhaft und mit Hang zu übertriebener Albernheit verkörpert. Aus dem guten Ensemble stechen Dominik Doll als Paco / Padre mit seinem leichten Tenor und Katja Brauneis als Haushälterin / Maria mit komödiantischem Talent hervor.
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Für die instrumentale Seite sorgen acht Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Adrian Sieber. Leider ist die Gitarre zu dominant ausgesteuert; die schönen Soli von Querflöte und Klarinette gehen nahezu unter. Hier und da fehlt etwas Pep. Die Disharmonien der Vergewaltigungsszene kommen so zögernd und kraftlos, als seien die schneidenden Töne dem kleinen Orchester unangenehm.
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Insgesamt lohnt sich aber auch in diesem Jahr ein Ausflug nach Ettlingen. Die Produktion begnügt sich nicht mit leichter Sommerunterhaltung, sondern stellt auch die düsteren Seiten des Musical-Klassikers heraus.
(Text: Ingo Göllner)

Kreativteam
Besetzung
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    32060 Stimmig und stimmungsvoll
25.07.2019 - Die renommierten Schlossfestspiele Ettlingen haben in diesem Sommer das Musical DER MANN VON LA MANCHA auf dem Spielplan.
Soviel vorweg: Trotz Intendantenwechsel wird die Qualität konstant hochgehalten.
Der im deutschen Sprachraum nicht unbedingt überstrapazierte Klassiker ist ein dankbares Stück für eine Open Air Aufführung.
Die einfache, aber gekonnte Ausstattung sorgt im Schlossinnenhof -insbesondere durch die gut eingesetzte Beleuchtungstechnik- für stimmungsvolle Momente.
Die Kostüme, die aus unterschiedlichen Epochen stammen, tun der Verständlichkeit und der Sinnhaftigkeit der Inszenierung keinen Abbruch. Sie sind mit "Understatement" gefertigt und vermitteln ausschließlich den gesellschaftlichen und beruflichen Stand eines Charakters. Dieses Konzept geht hier gut auf.
Die Komplexität des Stückes im Stück ist größer und diffiziler, als man vielleicht denken mag.
Die teils recht launige, berechtigterweise mit skurrilem Humor durchzogene Geschichte des Antihelden Don Quixote, wird mit den essentiellen Themen und der harten Dramatik des historischen Hintergrundes der Spanischen Inquisition zusammengeführt.
Regisseur Felix Seiler gelingt dies stimmig und souverän.
Die Besetzung ist ausnahmslos großartig.
Frank Winkels legt De Cervantes bzw. Don Quixote bescheiden und menschlich an und lässt dadurch die Protagonisten noch anrührender wirken.
Sören Ergang lässt als Sancho Panza den fein dossierten Humor der Figurenkonstellationen nie die volle Kontrolle über Szene und Stück übernehmen und kleidet damit seine Rolle wunderbar aus.
Dalma Viczina als Aldonza kann mit ihrer klaren, hellen Stimme berühren und schafft schauspielerisch eindrucksvoll den Bogen zwischen südländischer Furie und tragischer Frau.
Im Ensemble und in den vielen kleineren Rollen leisten u.a. Marc Trojan, Katja Brauneis, Raphael Dörr und Max Meister Großartiges.
Der Ton war in der besuchten Vorstellung -man bedenke auch, dass man in einer Open Air Aufführung ist- einwandfrei.
Die acht Musiker -recht gerne hätte man noch den einen oder anderen mehr gehabt- geben die Partitur in gelungenen und gefühlvollen Arrangements wieder.
Auch dieses Jahr kann Ettlingen wieder mit seiner hochprofessionellen, sehens- und hörenswerten Musical-Produktion überzeugen.

kevin (204 Bewertungen, ∅ 3.4 Sterne) 
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