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 Compilation
& Juliet - The Musical Life After Romeo
© Johan Persson
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Ein brillant geschriebenes und peppiges Jukebox-Musical, das so viel mehr zu bieten hat als nur bekannte Hits von Britney und den Backstreet Boys: Ein starkes und unterhaltsames Plädoyer für Unabhängigkeit, Toleranz, Diversität und Selbstliebe, das vollumfänglich überzeugt und das Publikum aus den Sitzen fegt.
(Text: André Böke) Premiere: | | 20.11.2019 | Rezensierte Vorstellung: | | 28.12.2022 | Dernière: | | 25.03.2023 | Showlänge: | | 150 Minuten (ggf. inkl. Pause) |
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Wir schreiben das Jahr 1597: Das romantische Städtchen Verona in Italien meets das elisabethanische Stratford-upon-Avon in England. William Shakespeare vollendet gerade eines seiner bekanntesten Werke, als seine Frau Anne Hathaway sich in seine Schreibarbeit einmischt und deutlich macht, dass sie mit dem Finale, das ihr Mann für "Romeo and Juliet" vorgesehen hat, ganz und gar nicht einverstanden ist. Warum muss Juliet sich zwingend das Leben nehmen, als sie den toten Romeo vor sich liegen sieht? Kann sie nicht aus dieser Tragödie lernen und als eine starke, selbstbestimmte Frau aus der Geschichte hervorgehen? Wie könnte ihr Leben aussehen, wenn es ohne Romeo weitergeht? Diesen Fragen nehmen sich Shakespeare und seine Frau an, schreiben sich selbst als Charaktere in die Geschichte ein und formen – mal gemeinsam und mal gegeneinander anschreibend – eine neue Legende um Juliet Capulet, ihren non-binären besten Freund May und ihre zum eigenen Glück findende Amme Angelique ("Nurse"), die mit neuen Figuren, zahlreichen Plot-Twists, viel Liebesdrama und guter Laune das Thema "Selbstfindung" facettenreich beleuchtet.
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Das Buch von David West Read kann nicht genug gelobt werden. Viele Musical-Fans schreckt der Begriff Jukebox-Musical deswegen ab, weil er nicht selten schnöde Handlungen und halbgare Figuren beinhaltet und die Story oft nur als wackeliges Gerüst dient, das irgendwie um die Hit-Songs herumgebaut wird. Bei "& Juliet" ist es gelungen, die extrem bekannten Lieder von nahezu allen beliebten Pop-Ikonen der letzten Jahre so überzeugend in eine zugleich clevere und ergreifend-komische Handlung einzubinden, dass man den Jukebox-Aspekt des Stückes beinahe vergisst – nicht zuletzt auch deswegen, weil viele der Lieder spannende neue Arrangements bekommen haben und teilweise wie ganz neue Songs zusammen kompiliert wurden. All die gekonnten und unvorhersehbaren Wendungen und neuen Figuren preisend herauszustellen, würde hier allerdings zu viel von der Handlung verraten, die einerseits einwandfrei mit den Texten der Originalsongs korreliert und andererseits durch die Regie von Luke Sheppard geradezu genial umgesetzt wird. Dabei verliert das Stück nie seinen urkomischen Humor und die Selbstironie durch die zahlreichen Rückverweise auf Shakespeares Original-"Romeo und Julia". Trotzdem gelingt es der Regie auch, dieses Musical aus der reinen Unterhaltungsschiene heraus zu heben und emotionale Momente mit starkem Appell gegen jegliche Art von Unterdrückung, vor allem von Frauen und allen LGBTQI+ Personen, zu inszenieren.
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Das Bühnenbild mit sämtlichen Requisiten und Kostümen folgt einer quietschbunten, frivolen und schrillen Popart-Ästhetik, die mit spätmittelalterlichen Elementen gespickt ist. Neonlichter, gleißende Projektionen, bunte Clubmöbel, vorbeihuschende Paris-Requisiten auf einer Drehbühne. Es mag sich der erste Eindruck beschleichen, es sei zu viel des Guten, aber in die flotte Handlung, die wie eine Achterbahnfahrt durch eine andere Welt wirkt, passt diese Ausstattung vortrefflich. Die gesamte Pop-Ästhetik des Musicals fügt sich zudem auch mit den zahlreichen ikonischen Songs von namhaften RnB- und Pop-Diven oder Boybands zu einem harmonischen Gesamteindruck zusammen. Dazu wirken symbiotisch die Choreographien, die ebenso gut von Beyoncé, Rihanna, Britney Spears oder den Backstreet Boys hätten stammen können. In den ernsten und dramatischen Szenen wird diese peppige Stimmung absichtlich durchbrochen und es wird von Ton- und Lichteinstellungen, der Farbpalette bis zur Choreographie wesentlich düsterer und intimer, was einen starken und effektvollen Kontrast generiert.
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Miriam Teak-Lee ist als Juliet der unangefochtene Star des Abends. Mit Leichtigkeit gelingt ihr der Wechsel zwischen der Performance von Up-Tempo-Popsongs mit elaborierten, flotten Tanznummern zu leisen Balladen mit facettenreichem Schauspiel. Jede Szene und jeder Song wird mit begeistertem Applaus belohnt und man genießt es, ihrer Juliet auf dem Weg von einer gebrochenen jungen Witwe bei "Baby One More Time" im ersten Akt zu einer starken und unabhängigen Frau bei "Stronger" zu folgen. Bei Teak-Lees Darbietung des Hits "Roar" springt das Publikum zu recht begeistert auf und feiert diese unglaublich talentierte Darstellerin.
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Schön an "& Juliet" ist, dass trotz der sehr dominanten Hauptrolle auch viele Nebenfiguren genügend Zeit (und Songs!) erhalten, um sich entfalten zu können. Dies gelingt allen voran Joe Foster als nonbinäre(r) May, der endlich eine solche Figur kreiert, ohne auf Stereotypen zurückzugreifen. In "I'm Not a Girl, Not Yet a Woman" wird das Innenleben von May ergreifend dargeboten. Die Bühnenchemie zwischen Foster und Billy Nevers als Francois, dem Love-Interest von May und zeitweise auch Juliet, ist so natürlich und selbstverständlich, dass sämtliche Gendergrenzen überwunden scheinen. Besonders romantisch wirkt ihre verbotene Liebe in den Songs "Whataya Want From Me" und "It's Gonna Be Me".
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Die weniger dramatischen Rollen, die gleichzeitig einen großen Teil des urkomischen Humors dieses Stücks tragen, sind mit nicht weniger virtuosen Darstellern und Darstellerinnen besetzt. Ivan de Freitas als Francois' frankophoner und leidenschaftlicher Vater Lance ist schon allein durch seinen Akzent und die seiner Rolle zugeschriebenen Lieder mitunter der witzigste Part des Stückes. Wenn er in tiefem Bariton ein Mash-Up aus Katy Perrys "Teenage Dream" und Ariana Grandes "Break Free" anstimmt, um Juliets Amme Angelique (amüsant als Gegenpart gespielt von Cassandra Lee) zu verführen versucht, hat er die Lacher und Sympathien der Zuschauer auf seiner Seite. Cassandra Lee gelingt es, die komödiantisch ausgelegte Figur der Amme vielschichtig darzustellen und eine innere Zerrissenheit zwischen ihrem Pflichtgefühl und ihrer Liebe zu Juliet einerseits und der Verwirklichung ihrer eigenen Träume andererseits zu mimen. In dem Song "Fuckin' Perfect" hat sie gegen Ende des Stücks ihren großen Auftritt, in dem sie mit sich selbst und ihrer Ziehtochter ins Reine kommt.
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Shakespeare, der von Oliver Tompsett mit einem breiten Cockney-Dialekt versehen wird, wirkt neben all den starken und extrovertierten Figuren auf der Bühne nahezu belanglos – wäre da nicht sein wunderbares Zusammenspiel mit seiner Ehefrau Anne Hathaway, die von Cassidy Janson so genial komisch gespielt wird, dass es im Publikum vor Lachen zu mehreren wortwörtlichen "Showstoppern" kommt. Um Jansons Figurenauslegung zu beschreiben gibt es keine adäquaten Worte, aber Adjektive wie "schrill", "nerdig", "schrullig" und "hibbelig" kommen recht nahe. Dazu bringt sie ein – wie die Briten sagen – "impressive set of pipes" mit. Diese Stimmfertigkeit lässt sie zum Beispiel im Celine-Dion-Hit "That's the Way It Is" eindrucksvoll erstrahlen. Neben Teak-Lees Darstellung ist Jansons Anne Hathaway das zweite große Highlight dieses Abends.
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Ein Feuerwerk an Musik und Emotionen ist bei "& Juliet" vorprogrammiert. Nicht nur für Shakespeare-Fans ist ein Besuch dieses extrem unterhaltsamen Musicals also unbedingt empfehlenswert!
(Text: André Böke)

Kreativteam
Besetzung
Frühere Besetzungen? Hier klicken Juliet -
Miriam-Teak Lee (2.11.19-)
Shakespeare -
Oliver Tompsett (2.11.19-)
Anne -
Cassidy Janson (2.11.19-)
Nurse -
Melanie LaBarrie (2.11.19-26.03.22)
Keala Settle (29.03.-18.06.22)
Malinda Parris (20.06.22-)
Lance -
David Bedella (2.11.19-26.03.22)
Julius D`Silva (29.03.22-24.09.22)
Nicolas Colicos (26.09.22-)
Romeo -
Jordan Luke Gage (2.11.19-26.03.22)
Tom Francis (29.03.22-)
May -
Arun Blair-Mangat (2.11.19-18.03.20)
Alex Thomas-Smith (24.9.21-24.09.22)
Joe Foster (26.09.22-)
Francois -
Tim Mahendran (2.11.19-24.09.22)
Billy Nevers (26.09.22-)
Ensemble 19/20 -
Jocasta Almgill, Josh Baker, Ivan De Freitas, Rhian Duncan, Danielle Fiamanya, Kieran Lai, Nathan Lorainey-Dineen, Jaye Marshall, Grace Mouat, Antoine Murray-Straughan, Billy Nevers, Kerri Noville, Christopher Parkinson, Dillon Scott-Lewis, Kirstie Skivington, Alex Tranter, Sophie Usher
Ensemble 21/22 -
Roshani Abbey, Jocasta Almgill, Josh Baker, Ivan De Freitas, Rhian Duncan, Kieran Lai, Nathan Lorainey-Dineen, Jaye Marshall, Grace Mouat, Antoine Murray-Straughan, Billy Nevers, Kerri Norville, Christopher Parkinson, Kirstie Skivington, Alex Tranter, Sophie Usher, Rhys Wilkinson
Ensemble 22/23 -
Ebony Clark, Ivan De Freitas, Rhian Duncan, Bessy Ewa, Colette Guitart, Cassandra Lee, Nathan Louis-Fernand, Zara Macintosh, Carl Man, Christian Maynard, Rachel Moran, Owen Saward, Aaron Shales, Benjamin Terry, Alex Tranter, Sophie Usher, Rhys Wilkinson, Suki Wong
Produktionsgalerie (weitere Bilder)
Zuschauer-Rezensionen
Die hier wiedergegebenen Bewertungen sind Meinungen einzelner Zuschauer und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Musicalzentrale.
 1 Zuschauer hat eine Wertung abgegeben:

    32288 beste Unterhaltung
02.10.2022 - Kannte die Lieder vorher und habe die CD schon öfters gehört. Bei dem Stück handelt es sich um ein jukebox Musical, jedoch passen die Stücke perfekt zur Handlung als ob sie extra für das Stück geschrieben wurden.
Das Stück macht einfach gute Laune da es tolle Musik und einen super Cast hat, gut unterhält und witzig ist.
Kann das Stück jedem empfehlen.

steff79 (12 Bewertungen, ∅ 4.4 Sterne) 
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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