2012 konnten die Freilichtbühnen im deutschsprachigen Raum an den erfolgreichen Sommer 2011 anknüpfen. Obwohl die Temperaturen vielerorts nicht immer sommerlich waren und es immer wieder regnete, mussten nur wenige Vorstellungen abgesagt oder abgebrochen werden. Alle ausgefallenen Termine wurden jedoch nachgeholt. Einige Produktionen nahmen aufgrund der hohen Nachfrage sogar Zusatzvorstellungen auf den Spielplan.
Die Stückauswahl war vielversprechend. So wurden mit „Blondgirl Undercover“ in Bad Gandersheim, „Sehnsucht nach St. Pauli“ in Bad Vilbel, „Der große Gatsby“ in Coesfeld und „Tell“ in Walenstadt vier Uraufführungen auf die Freilichtbühnen gebracht. Hinzu kam mit dem Broadway-Stück „Eine Hochzeit zum Verlieben“ in Georgsmarienhütte eine Deutsche Erstaufführung. Zum hundertsten Jahrestag des Untergangs des Ozeandampfers wurde zweimal „Titanic“ aufgeführt, in Thun als Schweizer Erstaufführung und in Staatz als Österreichische Erstaufführung. Dazu gab Stockerau „A Chorus Line“ zum Abschied der dortigen Musicalaufführungen, Mayen „Alexis Sorbas“ von Konstantin Wecker, Claus J. Frankl, Pavel Fieber sowie Markus Munzer-Dorn und Tecklenburg Kunze/Levays „Marie Antoinette“ und eine Neuinszenierung der ehemaligen Ensuite-Produktion „Hairspray“.
Selbstredend standen zahlreiche Klassiker und beliebte Stücke auf dem Spielplan wie „Kiss Me, Kate“ in Bad Vilbel, „Chess“ in Bad Gandersheim, „Crazy For You“ in Meppen, „Anatevka“ in Bad Hersfeld, „Aida“ in Ettlingen, „The Rocky Horror Show“ in Jagsthausen, „Sugar“ in Schwäbisch Hall und „My Fair Lady“ in Steyr. In Hannover wurde bereits zum siebten Mal die Shakespeare-Adaption „Ein Sommernachtstraum“ von Heiner Lürig und Heinz Rudolf Kunze gegeben.
Fast alle Freilichtbühnen konnten Ihre Auslastung gegenüber dem Vorjahr halten oder sogar deutlich steigern. „Titanic“ erlebte keinen Untergang, denn es war von allen Stücken am besten ausgelastet und damit ein großer Erfolg auf beiden Bühnen. In Staatz wurden 13.300 Zuschauer gezählt, was dort erneut eine Auslastung von 100 Prozent in zwölf Aufführungen entspricht, Thun kam auf 99,3 Prozent in 31 Vorstellungen. Dort wurden auch 2012 mit 83.500 wieder die meisten Musical-Besucher aller Festspielorte gezählt. Knapp dahinter liegt die Auslastung von „Aida“ in Ettlingen mit 96,8 Prozent durch 19.155 Zuschauer in 27 Terminen, darunter zwei Zusatzterminen. Die nubische Prinzessin als Sklavin in Ägypten brachte ein Plus von 25,2 Prozent gegenüber 2011. Auch die Schachweltmeisterschaft in Bad Gandersheim erfreute sich großer Belebtheit; „Chess“ ereichte in 17 Aufführungen ebenfalls eine hohe Auslastung von 93,5 Prozent bei 14.016 Besuchern, während die Krimikomödie „Blondgirl Undercover“ es in 17 Vorstellungen auf 12.293 Zuschauer (72,4 Prozent) brachte.
Besonderes Augenmerk liegt auf den großen Bühnen: Die klassische Geschichte um den Milchmann Tevje in „Anatevka“ in Bad Hersfeld steigerte die dortige Auslastung um fünf Prozent und sorgte für 36.552 verkaufte Karten für 25 Aufführungen. Die Auslastung betrug 92,5 Prozent. Sogar 99,8 Prozent erreichte der Altersheim-Liederabend „Ewig Jung“ mit 5.703 Besuchern in ebenfalls 25 Vorstellungen. Genau wie 2011 blieb der Kartenverkauf in Tecklenburg nach eigenen Angaben auch in 2012 trotz der genannten Stückauswahl hinter den Erwartungen zurück. Das regionale Publikum blieb in dieser Saison im Vergleich zu den Vorjahren aus. Daran konnten auch erstklassige Musicaldarsteller und gute Kritiken nichts ändern.
Sehr erfolgreich war die Wiederaufnahme der Jukebox-Musicals „The Blues Blues Brothers – im Auftrag des Herrn“ in Wunsiedel mit unveränderter Auslastung von 92 Prozent in 21 Aufführungen bei 37.000 Besuchern. Die semiprofessionelle Freilichtbühne Georgsmarienhütte erlebte mit der seichten Komödie „Eine Hochzeit zum Verlieben“ ihre bisher erfolgreichste Saison bei 94 Prozent Auslastung und 12.351 verkauften Karten bei elf Vorstellungen. Die Kooperation mit der Hochschule im benachbarten Osnabrück (vorher German Musical Academie) sowie die Stückauswahl zahlte sich aus. Die Qualität ist durch zahlreiche Studierende in Hauptrollen in den letzten Jahren immer weiter gestiegen.
„Ein Sommernachtstraum“ im Gartentheater Hannover hatte mit ca. 12.000 Zuschauern ein Viertel mehr als 2011 und steigerte die Auslastung auf 90 Prozent bei 15 Vorstellungen. Die Rolle der Puck spielte mit Jens Krause wieder die Urbesetzung von 2003. „Kiss Me, Kate“ in Bad Vilbel erreichte mit seinem streitenden Hauptdarstellerpaar 15.666 Besucher in 24 Vorstellungen und dadurch eine Auslastung von 89 Prozent, während die Revue „Sehnsucht nach St. Pauli“ es in 20 Vorstellungen auf 10.293 Zuschauer und 70 Prozent brachte. Die dort im Sommer 2012 insgesamt verkauften 85.000 Tickets bedeuten einen neuen Verkaufsrekord für diese Bühne.
Einen Einbruch um 13 Prozent erlebten die Burgfestspiele Mayen. „Alexis Sorbas“ besuchten in 13 Vorstellungen 9.581 Menschen, was eine Auslastung von 69 Prozent entspricht. Auch „Der große Gastby“, die Adaption des gesellschaftskritischen Romans der 1920er Jahre, des Laienensembles auf der Freilichtbühne Coesfeld erreichte in 23 Aufführungen lediglich eine Auslastung von 63 Prozent (9.782 Besucher). Schlusslicht ist die semiprofessionelle Freilichtbühne Meppen mit „Crazy For You“. Die Geschichte um Polly Baker und Bobby Child im verschlafenen Nevada erreichte in 13 Aufführungen 10.717 Zuschauer, die Auslastung betrug damit 49,5 Prozent.
Aus Schwäbisch Hall, Walenstadt und Stockerau wurden der muz keine Zahlen übermittelt.
Die Saison zeigt: Fern von den hochpreisigen Longrun-Produktionen genossen die Zuschauer erneut künstlerisch hochwertige Produktionen verschiedenster Art unter freiem Himmel in ungezwungener, teils historischer Atmosphäre.
Auch wenn zu dieser Jahreszeit kaum vorstellbar, läuft derzeit schon der Kartenvorverkauf für die Open-Air-Saison 2013. Eine kleine Vorschau darauf macht bereits jetzt Freude: In Thun geht die Uraufführung von „Der Besuch der alten Dame“ von Moritz Schneider und Christian Struppeck über die Bühne. Für Bad Gandersheim wird eine Musicalversion des Erfolgsromans „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ geschrieben. Deutschsprachige Erstaufführungen gibt es in Georgsmarienhütte mit „Brooklyn“ (wurde im Dezember 2012 abgesagt) und in Klingenberg am Main mit „Z – The Musical of Zorro“. Ettlingen bringt die Sondheim-Open-Air-Premiere von „Sweeney Todd“, Monty Pythons „Spamalot“ erlebt seine Open-Air-Premiere in Wunsiedel und Staatz wagt sich an Disneys „Die Schöne und das Biest“, während es in Bad Hersfeld mit „Show Boat“ klassisch bleibt. Auch Tecklenburg bietet mit Frank Wildhorns „Der Graf von Monte Christo“ und „Der Schuh des Manitu“ traditionell zwei interessante und selten gespielte Stücke.