Willi Welp: Ich bin als Bösewicht unmöglich

[Drei Fragen an …] Seit 30 Jahren steht Willi Welp – derzeitige Erstbesetzung des Scar in Disney’s „König der Löwen“ – als Darsteller auf der Bühne.
Zeit, dem „bösen Onkel“ auf den Zahn zu fühlen und ihm das Geheimnis der Treue zum Löwenkönig und zu seinem Beruf im Allgemeinen zu entlocken.

30 Jahre Bühnenjubiläum – Herzlichen Glückwunsch nachträglich, Herr Welp! Seit 2006 stehen Sie nun als Scar bei Disney’s „König der Löwen“ in Hamburg auf der Bühne. Was fasziniert Sie heute – sieben Jahre später – noch immer an dieser Rolle? Ursprünglich wollten Sie ja nur ein Jahr „durchhalten“…
Als ich zum „König der Löwen“ kam, hatte ich einen Riesenrespekt vor der Rolle des Scar. Ich hatte gehört, dass ehemalige Kollegen die Rolle auch nur ein bis zwei Jahre gespielt hatten. Das liegt daran, dass man als Bösewicht Scar einen Charakter spielt, der eine große körperliche Fitness abverlangt. Die Rolle ist anstrengend. Das Kostüm ist mit Mechanik versehen, es wiegt also Einiges. Man braucht eine gewisse Körperlichkeit. Immerhin stehen wir alle acht Mal die Woche auf der Bühne. Aber all das hat mich gereizt. Und tut es heute noch.
Die Rolle hat für mich auch nach all den Jahren immer noch etwas Besonderes, auch wenn man sich natürlich einspielt. Jeder Abend auf der Bühne ist anders und immer wieder neu. Nicht nur, weil wir als Darsteller Höchstleistung zeigen und das Publikum begeistern wollen, sondern weil so viele Faktoren mit reinspielen. Ich kann meine Boshaftigkeit zum Beispiel variieren. Ich habe verschiedene Kinderdarsteller, mit denen ich zusammen spiele. Manche spielen clever, manche frech, manche neugierig. Da geht es teilweise nur um Nuancen, aber es ist immer wieder anders. Und die Kollegen sind anders, da man nicht jeden Abend mit der exakt gleichen Mannschaft spielt. Die Show und die Szenen, die ich spiele, haben so viele Facetten, so viele feine Töne. Die muss man lebendig halten. Wie auch die Rolle. Das macht es einfach immer wieder aufregend. Ich bin als Bösewicht in der Show so unmöglich zu meinem Bruder Mufasa – ich genieße das in meiner Rolle. Das überlegene Spiel, die Bösartigkeit. Und gleichzeitig muss ich nett sein. Das ist wahnsinnig spannend.

Sie kennen Scar und seine bösen Machenschaften nun sicher beinahe so gut wie sich selbst. Gibt es Momente, wo man sich als Darsteller wünscht, einmal etwas Neues auszuprobieren und dem immer gleichen Ablauf einer solchen Show zu entfliehen? Hat man in der Entwicklung der eigenen Rolle ein gewisses Mitspracherecht oder ist Scar überall auf der Welt gleich?
Die Rolle des Scar ist grundsätzlich von Disney gleich angelegt, überall auf der Welt. Und trotzdem ist sie auf jeden der Scardarsteller einzeln zugeschnitten. Sie soll frisch und lebendig bleiben, den Zuschauer faszinieren. Die Herausforderung dabei ist: Es muss immer neu aussehen, so, als spielten wir jeden Abend die Premiere.
Zusammen mit meinem Regisseur und dem Disneykreativteam wurde am Anfang die Rolle für mich entwickelt. Jeder Scar auf der Welt hat einen anderen Fokus. Sehr individuell. Das gibt mir gewisse Freiheiten. Ich musste etwa noch nie etwas machen oder sagen, was nicht zu mir und meinem Typ passt. Darauf wird großen Wert gelegt.
Entfliehen will ich der Show nicht. Ich lebe und liebe meinen Beruf. Er ist abwechslungsreich und spannend. Ich lerne immer noch dazu, auch nach all der Zeit.

Mittlerweile geben Sie – neben Ihrem Mitwirken im Theater am Hamburger Hafen – Ihr Wissen noch an der Joop van den Ende Academy weiter und sind zusätzlich als Regisseur tätig. Wissen Sie schon, wie lange Sie dem „König der Löwen“ noch erhalten bleiben? Welche Projekte reizen Sie im Anschluss?
Ich hoffe, ich bleibe dem Löwenkönig noch lange erhalten. Die Show ist ja sehr erfolgreich und ein Ende ist nicht in Sicht. Ich bin einfach sehr gerne dabei.
Zusätzlich bin ich in der glücklichen Lage, neben dem Beruf als Musicaldarsteller auch noch Regie führen zu können und zu unterrichten. Das ist einfach eine tolle Mischung. Das möchte ich auch in Zukunft weiter machen. Mein Wissen aus 30 Jahren weiterzugeben, wenn ich Nachwuchstalente coache, macht schon sehr viel Spaß. Und die Regie reizt mich auch sehr. Ich habe gerade die „Rocky Horror Show“, „Aida“ und „My Fair Lady“ auf die Bühne gebracht. Drei ganz tolle und spannende Produktionen.
Und ich hatte immer Glück im Leben, wenn es um Rollenbesetzungen ging. Ich habe meine Traumrollen alle schon gespielt. Ich habe sogar in jungen Jahren schon die Charaktere dargestellt, die man eigentlich in meinem jetzigen Alter erst bekommt.

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