Drei sehr gute Songs sind noch kein gutes Musical. Crossover aus Klassik, Pop und Rock wirkt unausgegoren und eher geeignet für den Friedrichstadtpalast als die Musicalbühne.
Mit „Phantasma“ ist wieder eine Uraufführung im Staatstheater Saarbrücken zu sehen, wo Komponist Frank Nimsgern Heimvorteil genießt und er Sponsoren und ein Haus vorfindet, das immer wieder solche Uraufführungen ermöglicht. Mögen die Bühnenbilder auch noch so reizen: Weder das Lesen der Handlung im Booklet, noch das Hören der CD vermögen wirklich zu begeistern. Ganz anders Bilder und Filme in einschlägigen Internetforen und –seiten. Ein bunter Theaterreigen auf hohem Niveau ist da zu sehen, der manche Großproduktionen in den Schatten stellt. Für die CD gilt das nicht. Dass man sie dann doch immer wieder gerne in den Player legt, liegt an drei guten Songs.
Streckenweise klingt die Musik doch eher nach einer Komposition für den Friedrichstadtpalast. Für fliegende Trapezkünstler und Jongleure wäre sicherlich auch der Crossover aus Klassik, Pop, Rock und Musical stimmig gewesen und der reiche Zitatenschatz interessant. Das wird besonders bei „Schizophonica“ deutlich und überzeugt ganz und gar nicht.Giorgio Phantasma, den größten Show-Star aller Zeiten, umgibt ein schreckliches Geheimnis seines Erfolges. Nimsgern muss aufpassen, dass er sich in seiner Kreativität und mit seinem Talent nicht verzettelt. Er mag immer noch zu den besten Komponisten Deutschlands gehören, zu den besten Musicals des Landes gehört „Phantasma“ aber ganz eindeutig nicht.
Die Sänger sind durch die Bank gut bis sehr gut und machen auch die schlechten Songs noch erträglich. Giorgio Phantasma wird von Mischa Mang gesanglich sauber und mit Power interpretiert. Professor Marvel ist in der Uraufführungsbesetzung mit Darius Merstein-MacLeod hervorragend ausgewählt und interpretiert die Songs mit authentischer Ausgestaltung auch in den feinen Nuancen. Aino Laos kann ihre wunderschöne Stimme als Brenda de Ville in Szene setzen und rührt an. Einfach toll. Maik Lohse singt gleich mehrere Rollen (Oscar / Henri / Al / Gofor / Engel) wie auch Michaela Kovarikova in den drei Frauenrollen Marionetta, Julia, Antonia.Vielleicht sollte sich Frank Nimsgern auch einfach mehr Zeit für seine Projekte nehmen. Mit dem „Ring“ in Bonn, „Qi“ am Friedrichstadtpalast, „Aqua“ und jetzt „Phantasma“ gehört er zu den produktivsten Komponisten Deutschlands. Aber es ist vielleicht kein Zufall, dass Kunze/Levay nur rund alle fünf Jahre eine Uraufführung stemmen. Bei „Phantasma“ tragen die wenigen wirklich starken Melodien keinen ganzen Abend und auch keine CD, und die Songs transportieren auch nicht die Handlung. Das Faszinierende ist wie bei fast jeder Nimsgern-CD, dass einige Songs dermaßen ins Ohr gehen, dass der CD-Player fest programmiert wird. „Mein Herz brennt“ ist ein durchaus klassisch anmutender Musicalanfang, der so auch von Levay sein könnte und etwas an „Marie Antoinette“ erinnert.
Richtig klasse ist das Ende: „Entzünde die Sterne“. Hier gelingt auch die Einbeziehung guter Motivtechnik. Ein guter Text, der die Handlung zum Finale führt, gut orchestriert und musikalisch fein dramatisiert. Auch „Ohne dich“ hat Potential. Warum nicht mehr davon anstelle dieser unausgereiften Mischung? Außerdem würde eine DVD dem Stück vielleicht besser Rechnung tragen als eine Studio-CD.