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Der geschenkte Gaul (2005)
Engelbrot, Berlin

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Das Leben der Hildegard Knef von ihr selbst “vermusicalt”. Sie gewährt dabei einen schonungslosen Einblick in die Höhen und Tiefen ihrer Biografie.

„Die wird mal ´nen janz großer Star” sinnieren die Nutten im vom Krieg zerbombten Berlin, als sich eine junge Schauspielerin bei ihnen einquartiert. Sie werden Recht behalten. Die neue Nachbarin im heruntergekommenen Stundenhotel heißt Hildegard Knef und avanciert zum allerersten Star im Nachkriegs-Deutschland. Und nicht nur dort. Sie dreht Filme in Hollywood, wird am Broadway gefeiert und tourt mit ihren Chansons um die halbe Welt. Das auf ihrer Autobiografie „Der geschenkte Gaul” basierende Musical, von der Knef kurz vor ihrem Tod gemeinsam mit Ehemann Nummer drei verfasst, streift zwar auch diese glanzvollen Lebensstationen, im Mittelpunkt steht jedoch eine Frau, mit der es das Schicksal nicht immer gut gemeint hat: Traumatische Erfahrungen in einem russischen Gefangenenlager, vernichtende Filmkritiken wegen einer kurzen Nacktszene, finanzielle Pleiten, Brustkrebs und Morphium-Sucht sind die Schattenseiten eines Lebens, das einer Achterbahnfahrt gleicht.

Im Bühnenstück begleitet Hilde dabei ihr Alter Ego in Person eines Irren. Dem Herrn in der Zwangsjacke erzählt sie ihr Leben und diskutiert mit ihm ihre Gedankengänge. Der Irre greift aber auch in die Handlung ein oder reicht Requisiten. Leider funktioniert diese Figur in der Inszenierung von Thomas Grandoch und Christian Alexander Schnell jedoch nicht richtig. Alex Friese ist zwar ein exzellenter Darsteller, der mit hohem körperlichen Einsatz spielt, einige seiner Monologe hinterlassen im Publikum jedoch eher Achselzucken, weil nicht klar wird, welche Funktion sie eigentlich haben. Hier hätten einige beherzte Striche an der Vorlage gut getan. Dies gilt auch für die oft sehr langatmig geratenen Szenen im ersten Akt, der die Jahre im Nachkriegsdeutschland und in den USA nachzeichnet. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass hier weniger Musik erklingt als im zweiten Teil. So wird zwar sehr ausführlich Hildes zweijähriges Broadway-Gastspiel im Cole Porter-Musical „Silk Stockings” dargestellt, auf einen Song hieraus wartet der Zuschauer jedoch vergeblich.

Als Glücksgriff erweist sich die Verpflichtung von Ina Nadine Wagler für die Hauptrolle. Als Hilde versucht sie gar nicht erst, die Knef zu kopieren. Die Darstellerin sieht ihr zwar in Maske und Kostüm (Marion Paul) ähnlich, beherrscht auch die ein oder andere „knefige” Geste. Letztendlich liefert sie aber eine ganz eigene Interpretation. Mit angenehm warmer Stimme singt sie ausdruckvoll die bekannten Lieder, ohne jedoch die knorrig-markante Stimme der Knef zu imitieren. Das brachte ihr in der Premiere zwar einzelne Buh-Rufe ein, das Gros des Publikums bejubelte jedoch zu Recht ihre Leistung.

Tillmann Schnieders gibt die drei Ehemänner der Knef und lässt mit einer angenehm timbrierten, in der Höhe leider etwas wackeligen Stimme aufhorchen. Aus dem restlichen Ensemble, das eine Vielzahl von Rollen bewältigen muss, ragen Katharina Koch und Tina-Nicole Kaiser hervor, die als berlinernde Hausfrauen mit dem Song „Ick zieh mir an und langsam aus” in der witzigen Choreografie von Gesine Ringel ein komödiantisches Highlight setzen. Den passenden, sehr jazzig angehauchten Sound liefert die für den Zuschauer unsichtbare Combo um Joachim Mayer-Ullmann, deren Verstärker in den Folge-Vorstellungen etwas heruntergedreht werden sollte, damit sie nicht mehr die Stimmen der Sänger überdröhnt.

Die Stärke der Inszenierung liegt eindeutig in den dramatischen und intimeren Momenten. Das Regisseur-Doppel charakterisiert hier die Knef als eine zerbrechliche, aber eigenwillige Frau, die sich vom Leben nicht unterkriegen lässt. Einige der Szenen berühren den Zuschauer stark, wie beispielsweise die Darstellung von Hildes Morphium-Abhängigkeit: Wie ein Häufchen Elend sitzt sie schlaff auf einem Stuhl, um den der Tod mit einer Spritze schleicht. Ein dickes Lob verdient außerdem die optische Umsetzung. Im kargen Einheitsbühnenbild von André Pressl öffnen sich in der roten Bretterwand immer wieder Türen, die stets neue Einblicke gewähren und geschickt ins Spiel integriert werden. In der wechselnden Ausleuchtung von Mario Beck entstehen so immer wieder neue, frappierend schöne Bilder.

Aus Anlass des anstehenden achtzigsten Geburtstags von Hildegard Knef zeigt das Hansa Theater mit dem „Geschenkten Gaul” zwar kein rassiges Rennpferd, präsentiert aber eine gleichwohl unterhaltsame wie aufwühlende Produktion mit einer herausragenden Hauptdarstellerin und einem soliden Ensemble. Wenn die Knef zum Schluss „Für mich soll’s rote Rosen regnen” anstimmt, dann kann auch der Zuschauer bestätigen: „Ja, sie war eine der ganz Großen”.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungThomas Grandoch
Christian Alexander Schnell
ChoreografieGesine Ringel
BühnenbildAndré Pressl
Kostüme und AusstattungMarion Paul
LichtMario Beck
Musikalische LeitungJoachim Mayer-Ullmann
 
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CAST (AKTUELL)
HildeIna Nadine Wagler
Der IrreAlex Friese
Kurt, Tonio, PaulTillmann Schnieders
SowieTina-Nicole Kaiser
Katharina Koch
Donald Gollmann
Thomas Linz
MusikerJohannes Gunkel
Dirk Strakhof
Felix Astor
Rob Gutowski
Gerlad Meier
James Scanndell
Florian Trübsbach
Klaus Hasse
David Reinhardt
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 21.10.2005 20:00Engelbrot, BerlinPremiere
Sa, 22.10.2005 20:00Engelbrot, Berlin
So, 23.10.2005 16:00Engelbrot, Berlin
▼ 20 weitere Termine einblenden (bis 20.11.2005) ▼
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