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Das Geheimnis des Edwin Drood (2015 - 2016)
Theater Krefeld und Mönchengladbach gGmbH, Krefeld

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Jedem Theater, das selten gespielte Musicals auf die Bühne bringt, gebührt Anerkennung und Dank für die Möglichkeit einer spannenden Neuentdeckung. Leider lässt die Inszenierung von Karl Absenger, die in Kooperation mit dem Theater Münster entstanden ist, einige Wünsche offen.

Das Musical von Rupert Holmes bietet durch eine Stück-im-Stück-Struktur eine interessante Ausgangslage. Originär dreht sich die Rahmenhandlung um eine Theatertruppe im London des Jahres 1873, die eine Aufführung der unvollendeten Novelle “Das Geheimnis von Edwin Drood” von Charles Dickens präsentiert. Regisseur Absenger verzichtet auf diese zeitliche Einordnung und stellt an Stelle der fiktiven Schauspielgruppe das Krefelder Ensemble im Hier und Jetzt als Theatergruppe in den Mittelpunkt, das die Geschichte von Drood präsentiert. Dadurch erfreut sich das Abo-Publikum an ihre bekannten Gesichter, die mal mehr oder weniger sie selbst auf der Bühne sein können, und das Bühnenbild lässt sich unabhängig von der Ästhetik des 19. Jahrhunderts gestalten. Insgesamt scheint das dem Stück jedoch nicht besonders gut zu tun.

Die Handlung in der Rahmenhandlung ist eine klassische ‘whodunit’ Krimigeschichte: In einer kleinen britischen Gemeinde verschwindet der junge Edwin Drood an einem gewittrigen Weihnachtsabend – ein blutbefleckter Mantel lässt das Schlimmste vermuten. Mit dem Auftauchen eines fremden Detektivs, der sich dem Fall annehmen will, endet die Vorlage von Dickens. Die Theatergruppe muss somit das Ende improvisieren. Der Clou ist schließlich die Partizipation des Publikums, denn es kommen die verschiedensten Mörder in Frage – und natürlich darf das obligatorische Happy End nicht fehlen, sodass auch noch über die Kombination eines Liebespaares entschieden werden darf.

Die Inszenierung von Absenger hat immer dann Probleme, wenn die eigentliche Geschichte von Edwin Drood präsentiert wird, denn diese wirkt oft unschlüssig und unmotiviert. Das liegt auch an der Vorlage, die bewusst viele offene Szenen und Situationen zusammenwürfelt und erst später am Abend Zusammenhänge erkennen lässt. Etwas mehr Schwung und Stringenz hätten besonders dem langatmigen ersten Akt gut getan. Dazu kommt ein der Handlung kaum unterstützendes Bühnenbild von Karin Fritz (verschiedenste Möbelstücke, schrankartige Türmodule, eine mit bewegten Bildern projizierte Leinwand im Hintergrund), das durch unschöne Umbauten auch noch den Fortgang der Handlung ausbremst. Die Bühne ragt bis über die ersten Reihen des Theatersaals und erreicht somit eine große Tiefe. Vielleicht wäre ein intimerer Rahmen mit Konzentration auf das Wesentliche mit kreativeren Bühnenbild- bzw. Ausstattungsideen viel wirksamer gewesen.

Überzeugen können fast alle Szenen, die die 4. Wand durchbrechen und direkt das Publikum adressieren oder die eigentliche Theaterarbeit mit einbeziehen. So sind auch Inspizient und Souffleuse Teil der Handlung, wobei besonders Inspizient Joachim L. Bähr mit einigen witzigen Kurzauftritten im Gedächtnis hängen bleibt. Da der Fokus nach der Pause auf der Interaktion mit dem Publikum liegt, kommt der zweite Akt viel leichtfüßiger und unterhaltsamer über die Rampe. Herrlich, wie die Darsteller und Darstellerinnen um die Zuschauergunst buhlen und hoffen, als Mörder auserkoren zu werden, um sich noch einmal mit einem Solo präsentieren zu dürfen!

Tobias Wessler als Prinzipal, der mit viel Charme und Witz die Handlung erzählt und scheinbar die Fäden in der Hand hält, Axel Herrig als skurriler (an “Jekyll & Hyde” erinnernder) John Jasper sowie die jungenhafte, vorlaute Gabriela Kuhn in der Titelrolle, die traditionell als Hosenrolle angelegt ist, ragen aus dem spielfreudigen Ensemble heraus. Doch nur Kerstin Brix als Bordellchefin Prinzessin Puffer, die mit Charme und toller Stimme ihre zugegebenermaßen auch dankbaren Songs “The Wages of Sin” (inklusive Mitsing-Aktion des Publikums) und “The Garden Path to Hell” gibt, beeindruckt nachhaltig und verleiht ihrer Figur im zweiten Akt eine schöne, dramatische Tiefe. Kein Wunder also, dass sich das Publikum schließlich für sie als Mörderin entscheidet und so noch mal in den Genuss einer Reprise von “The Wages of Sin” kommt.

Insgesamt wird deutlich, dass es sich um ein Mehrspartenhaus mit einem “Mischensemble” auf der Bühne handelt. Trotz des schwungvollen, manchmal zu dominanten Orchesters unter der Leitung von Andreas Fellner will einfach kein homogenes Ganzes entstehen. An einigen Stellen klingt es zu opernhaft, manchmal mangelt es am komischen Timing oder anderen schauspielerischen Mitteln und aufgrund begrenzter tänzerischer Fähigkeiten einiger Ensemblemitglieder fällt Teresa Rotembergs Choreografie durch Schlichtheit und Kreativitätslosigkeit auf. Einzig das Ballettensemble darf einige anspruchsvollere Choreografien zeigen, wirkt dadurch aber auch separiert vom restlichen Ensemble.

Der Inszenierung fehlt es insgesamt an witzigen Ideen, Charme und Innovation, sodass man letztendlich nur erahnen kann, was für ein Riesenspaß das Stück hätte sein können. Das Premierenpublikum honorierte die Leistungen trotzdem mit minutenlangen Applaus und Standing Ovations.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungAndreas Fellner
InszenierungKarl Absenger
Bühne und KostümeKarin Fritz
ChoreografieTeresa Rotemberg
ChoreinstudierungMaria Benyumova
DramaturgieUlrike Aistleitner
 
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CAST (AKTUELL)
Prinzipal / SapseaTobias Wessler
John JasperAxel Herrig
Dr. ChrisparkleThomas Peter
Edwin DroodGabriela Kuhn
Rosa BuddSusanne Seefing
Lisa Katarina Zimmermann
Helena LandlessLisenka Kirkcaldy
Neville LandlessJulian Culemann
Fehmi Göklü
James Park
DurdlesMarkus Heinrich
Gehilfe von DurdlesSebastian Seitz
Prinzessin PufferKerstin Brix
BazzardAndrew Nolen
Horace, PolizistFrank Valentin
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 14.02.2015 19:30Theater, KrefeldPremiere
Sa, 21.02.2015 18:00Theater, Krefeld
Fr, 27.02.2015 19:30Theater, Krefeld
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