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Rhythmus Berlin (2007)
Friedrichstadt-Palast, Berlin

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Vierundzwanzig ohne jeden erkennbaren Zusammenhang aneinandergereihte Revuetableaus in Videoclip-Optik gewähren Einblicke in das Leben der Hauptstädter. Höhepunkte in der von müde dahinplätschernder Musik untermalten und uninspirierten Choreografien geprägten Show sind zwei Top-Artistik-Einlangen.

Ein Hoch auf das Programmheft! Ohne Kenntnis seiner Angaben zu Personen und Inhalt hat der Besucher Probleme, dem Geschehen der Revue zu folgen. Dabei dient nur eine seichte Liebesgeschichte um ein Pärchen, das im Finale endlich zueinander findet, als Aufhänger für den vierundzwanzigstündigen Blick auf den Tagesablauf der Berliner (Buch: Thomas Münstermann und Jan Dvorák). “Wo ist der Faden, der verrät, was einzeln keinen Sinn ergibt?” klagen die beiden Protagonisten Katherine und Helmut nach gut 45 Minuten Spielzeit im Song “Ich such nach Dir”. Viele im Publikum nicken zustimmend, denn die wie einzelne Puzzle-Teile nacheinander präsentierten Stationen im Trubel der Hauptstadt ergeben kein stimmiges Bild.

Genau hier hätte Thomas Münstermann bei seiner Regiearbeit ansetzen müssen. Doch statt klarer Aussagen stiftet er Verwirrung, indem er ein an Playmobil-Männchen erinnerndes Filmteam und schwanzwedelnde Raubkatzen inmitten von Sportbegeisterten einsetzt und Pickelhaubenträger um einen in einer Vitrine ausgestellten halbnackten Adonis tanzen lässt. Auch wenn einzelne satirisch-überzogene Ansätze, wie die aus computeranimierten und realen Figuren zusammengesetzte Putzcrew, zünden: Die Inszenierung pendelt permanent unentschlossen zwischen Parodie und szenischer Hilflosigkeit. So arrangiert Münstermann große Soloauftritte als starre, Langeweile erzeugende Tableaus (Katherine im Museum; Nina in der Cocktailbar). Wegen der miserablen Tonqualität kommen von den Songtexten (Peter Thiessen) nur Bruchstücke beim Zuschauer an. Passagen wie “Die Haut auf der Haut” oder “Ob ich mich verlieren muss, um die zu finden, die ich suche?” lassen allerdings das Schlimmste befürchten.

Verstärkt wird der lahme Eindruck der Show durch den nüchternen, von sechs hohen Baukränen begrenzten Bühnenraum (Christian Wiehle), in den immer wieder einzelne stilisierende Deko-Elemente, wie die Reichstagskuppel oder die Antikensammlung des Bode-Museums, geschoben werden. Auf Leinwände projizierte Video-Sequenzen in MTV-Manier (Timo Schierhorn) und schrilles Mobiliar wie Hüpfbälle mit Lehnen und OP-Tische vor rotierenden Plastikpflanzen geben Rätsel auf. Atmosphärisch gelungen sind lediglich die Szene am Brunnen mit meterhohen Fontänen und der eigentlich die Siegessäule bekrönenden “Goldelse” sowie die Regensequenz im Tiergarten mit dem die gesamte Bühnenbreite einnehmenden Wasservorhang. Andere schöne Effekte, wie die mit Berlin-Stadtplänen bedruckten Mäntel der Tänzerinnen, verpuffen aufgrund der gewaltigen Dimensionen des Hauses. Einzelne geschmackliche Ausrutscher von Kostümbildnerin Kirsten Dephoff wie etwa bei den Gesangssolistinnen (silberne Leggins unter lila Ballonröckchen oder ein knatsch-rosa Lackmantel) sind hingegen bis in die hinterste Reihe erkennbar.

Musikalisch hinterlässt die Show einen faden Eindruck. Keiner der fünf Komponisten (Axel Goldbeck, Frank Hollmann, Manfred Honetschläger, Marc Schubring und Peter Thiessen) steuert einen Ohrwurm bei. Stattdessen erklingt die Szenen untermalende Gebrauchsmusik, bei der sich schmachtende Balladen mit funkigen Klängen abwechseln und auf Schlagertrallalala Sambarhythmen oder jazzige Lounge-Klänge folgen. Das unter der Leitung von Detlef Klemm spielende Orchester schlägt sich tapfer mit dieser Partitur herum und überzeugt insbesondere mit sattem Bigband-Sound (“Nachtaufnahme”).

Bei den Gesangssolisten kann allein Lutz Thase (Raik) punkten: In seinem Solo “Raus an die Luft”, bei dem er gemeinsam mit dem Ensemble verschiedenen sportlichen Aktivitäten im Freien frönt, kann sich seine geschmeidig und sicher geführte Baritonstimme voll entfalten und auch im Tanz integriert Thase sich mühelos in das Ensemble. Genau hier hapert es bei Nathalie Tineo (Katherine): Nicht nur beim Song “Berlin” wirkt sie viel zu unbeweglich und macht inmitten der Balletttänzer einen überforderten Eindruck. Ihrem Popstimmchen fehlen Ausdruck und Kraft, Spitzentöne stemmt sie nur mühevoll hervor. Ihr Partner Lothar Stadtfeldt (Helmut) singt seine Songs ausschließlich in sonorer Mittellage und schleicht als langweiliger, ewig knipsender Fotograf über die Bühne. Komplettiert wird das Solisten-Quartett von Dominique Lacasa, die die Nachtschwärmerin Nina mit leicht souliger Stimme etwas zu brav gibt.

Ruhig etwas mehr Pep hätte das achtköpfige Choreografen-Team den Solisten und Mitgliedern des Ballettensembles verpassen können. Alle tanzen zwar äußerst präzise und synchron, doch die der Popkultur verpflichteten Drehungen und Seitwärtsschritte wirken auf Dauer ermüdend. Abwechslung bietet vor allem die Tanzschul-Szene, in der parallel Tango, Walzer, Jive und indisch inspirierte Bewegungen gezeigt werden (Choreografie: Ariane Schießler). Danny Costello hat nicht nur die perfekt umgesetzte Girlreihe erdacht, sondern lässt auch das Herren-Ensemble als sprunggewaltige Köche in einer größeren Nummer glänzen.

Den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen in “Rhythmus Berlin” allerdings zwei artistische Meisterleistungen: Im ersten Teil der Show zeigen die sechs Mitglieder von “Tschass” an in ein überdimensionales Ziffernblatt eingelassenen Reckstangen ihre akrobatischen Turnkünste, während nach der Pause die Velez-Brothers auf dem an den Zeiger einer Uhr erinnernden Todesrad durch die Luft wirbeln. Am Premierenabend gab es hier stehende Ovationen. Wenn man bedenkt, dass beide Nummern als Beiwerk für die eigenproduzierte Revue dazugekauft wurden, unterstreicht dies die schwache Leistung der Verantwortlichen des Friedrichstadtpalastes.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
BuchThomas Münstermann
Jan Dvorák
GesangstextePeter Thiessen
MusikAxel Goldbeck
Frank Hollmann
Manfred Honetschläger
Marc Schubring
Peter Thiessen
ArragementsChristian de Sade
Frank Hollmann
Manfred Honetschläger
Lutz Krajenski
Friedhelm Schönfeld
Detlef Klemm
Marc Schubring
Matthias Suschke
InszenierungThomas Münstermann
BühnenbildChristian Wiehle
KostümeKirsten Dephoff
ChoreografieDanny Costello
Maik Damboldt
Andrea Heil
Kaa
Betty Dir
Marvin A. Smith
Ariane Schießler
Roland Gawlik
MaskePeter Bänisch
VideogestaltungTimo Schierhorn
LichtOlaf Eichler
Andreas Stübler
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
KatherineNathalie Tineo
NinaDominique Lacasa
Juliane Rasche
HelmutLothar Stadtfeld
Fabrizio Levita
RaikLutz Thase
Das Ballett des Friedrichstadtplastes
VenusSusann Malinowski-Märtens
AmorRoman Lukyanchenko
Artistik
UhrTschass
Pas de deux im WasserPas d'Eau
TodesradThe Velvez Brothers
Akrobatik-TänzerMover
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Fr, 02.03.2007 20:00Friedrichstadt-Palast, BerlinPremiere
Sa, 03.03.2007 16:00Friedrichstadt-Palast, Berlin
Sa, 03.03.2007 20:00Friedrichstadt-Palast, Berlin
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